Herzkurven

Straße.
    »Danny!«
, brüllte Ross.
»Komm hierher zurück!«
    Danny hörte den Motor starten und fing an zu laufen. Der Explorer kam quietschend direkt neben ihr zum Stehen, und die Beifahrertür wurde aufgestoßen, so dass sie ihren Weg blockierte. Ross lehnte sich über den Sitz und knurrte: »Steig ein!«
    Sie trat gegen die Tür aus, verfehlte sie und schrie: »Du Irrer! Du hättest mich überfahren können!«
    »Wenn du dir den Arsch abfrieren und nach Hause laufen willst, dann bitte, viel Vergnügen! Aber wenn du da ankommst, werde ich schon auf dich warten!«
    Danny suchte nach einem Weg um das Auto. »Wenn du auch nur einen Fuß auf mein Grundstück setzt, dann rufe ich die Polizei und zeige dich wegen Hausfriedensbruchs an!«
    »Es ist nicht dein Grundstück.«
    Sie hörte auf, nach einem Weg zu suchen, und schaute Ross an. »Was?!«
    »Deine Schwester hat alles Pat hinterlassen«, erklärte er mit wilder Befriedigung. »Und Pat hat alles mir hinterlassen.«
    »Nein«, flüsterte Danny. »Das hätte Nella nie getan!«
    »Das Haus gehört zu zwei Dritteln mir«, sprach Ross weiter. »Und ich ziehe ein.«
    *
    Er nahm sie mit in sein Apartment am Viaduct Basin und ließ sie warten, während er sich trockene Kleidung anzog und einen Koffer packte. Danny saß zusammengekauert in einem Stuhl im Schlafzimmer. Ross traute ihr nicht genug, um sie in der Lounge warten zu lassen. »Warum ziehst du dir nicht dieses nasse Kleid aus und nimmst meinen Bademantel?«, schlug er vor, als er nicht länger mit ansehen konnte, wie sie zitterte.
    Danny antwortete fast tonlos: »Warum nimmst du dir nicht deinen Bademantel und steckst ihn dir sonst wohin?«
    Ross ging ins Bad und kam mit einem großen grau-weißen Handtuch zurück. Er hielt es ihr entgegen. »Willst du es selbst machen? Oder soll ich?«
    »Wenn du mich berührst, schreie ich das Haus zusammen!«
    »Schön, mach es selbst.« Ross ließ das Handtuch in ihren Schoß fallen und packte weiter. Er hörte das Geräusch eines Handtuchs, das über Haut gerieben wurde, und atmete auf. Das übergroße Bett schien ihn zu verspotten. Was für ein Narr er gewesen war zu glauben, dass sie diese Nacht zusammen darin verbringen würden! Sie war Daneka Lawton. Vernarbt, kampferfahren,
unerreichbar
.
    Danny starrte aus den Fenstertüren auf die Lichter der Boote im Rangitoto-Kanal. Sie war überrascht, dass sie aufgehört hatte zu zittern. Innerlich fühlte es sich an, als hätten ihre Adern sich in Eis verwandelt. Sie stellte sich vor, wie sie sich unter ihrer Haut erstreckten als ein gefrorenes weißes Netzwerk aus Eis. Wenn sie Glück hatte, würden bald auch ihre Nerven einfrieren, und der Schmerz würde nachlassen. Sie konnte nur sich selbst Vorwürfe machen; sie hatte es sich selbst zuzuschreiben, weil sie sich Ross geöffnet hatte. Danny war erschüttert. Wie war das passiert? Männer waren nur für Sex zu gebrauchen, und sie war immer diejenige, die das
Wer
und
Wann
bestimmt und insgesamt auf dem Fahrersitz jeder Beziehung gesessen hatte. Sie hatte nicht vor, zum Fahrgast in einer emotionalen Achterbahn zu werden wie ihre Mutter und Schwester. Also, was war heute Abend mit Ross geschehen? Was war anders?
    Er warf noch ein paar Kleidungsstücke mehr in den offenen Koffer, dann ging er ins Bad. Dannys Finger gruben sich tiefer in das weiche Handtuch. Sie würde seinen Bademantel nicht nehmen, aber das Handtuch gehörte zum Apartment. Danny legte es sich um die Schultern und fühlte, wie es an etwas auf dem Tisch hinter ihr hängenblieb. Sie wirbelte herum, weil sie dachte, sie hätte die Lampe vom Tisch gestoßen, und sah stattdessen auf dem Boden eine braune Dokumentenmappe und ein paar bedruckte Blätter Papier.
    Danny lehnte sich vor, um alles aufzuheben, und erblickte ein Foto von sich selbst in ihrer Krankenhausuniform, wie sie mit einem Stethoskop um den Hals über etwas ging, das aussah wie der Parkplatz am Krankenhaus. Sie streckte langsam ihre Hand nach dem nächsten Bild aus. Es zeigte sie, wie sie die Tür ihres blauen Nissan offen hielt, während Matt und Mia auf den Rücksitz kletterten. Es war außerhalb der Schule aufgenommen worden.
    Jemand hatte sie und die Kinder fotografiert.
    Jemand war ihnen
gefolgt
.
    Jemand hatte ihnen nachspioniert.
    Danny hob die Bilder und die bedruckten Seiten auf und lehnte sich im Sessel zurück.
    … 15 : 10  UHR – DL HOLT KINDER VON SCHULE AB. 15 : 21 DL KEHRT NACH HAUSE ZURÜCK …
    Ihr gesamtes Leben befand sich auf