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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
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herein.“
     
    Danzik sah sich um. Eine mintgrün gepolsterte Korbmöbel-Gruppe unter der schrägen Wand, ein gläserner Couchtisch, an der nicht schrägen Wand ein großformatiges Bild, auf dem abstrakt ein Grün und ein Violett leuchtete. Das Fenster an der zweiten geraden Wand war mit bodenlangen weißen Baumwollbahnen dekoriert. Er wollte gerade sagen „Schön haben Sie’s hier“, besann sich aber noch rechtzeitig.
    „Eine charmante Wohnung“, bemerkte er.
    „Danke. Ja, ich fühle mich sehr wohl hier.“
    Danzik blickte zu dem Esstisch hinüber. Ein schlaufig auf dem Boden liegendes violettes Tischtuch, Porzellan in einem weiß-grünen Traubendessin, zarte, nur durch das Glas selbst wirkende Weingläser.
    „Sie haben wie für ein Festessen gedeckt.“
    „Ach, halb so wild. Ich bin so froh, dass Sie gleich gekommen sind. Und ehe Sie meinetwegen verhungern …“
    „Das ist eine schöne Überraschung. Erst im ›Palazzo‹, jetzt hier – wir sollten das zu einer gemeinsamen kulinarischen Gewohnheit werden lassen.“
    „Gern.“ Laura Flemming strahlte ihn an. „Ich weiß, dass Sie ein Feinschmecker sind.“
    „Nicht nur auf kulinarischem Gebiet.“
    Über ihr Gesicht zog ein Schatten. War er zu weit gegangen? Nein, es war etwas anderes. Sie wies zum Balkon.
    „Bitte sehen Sie sich das Päckchen an. Damit wir’s hinter uns haben. Wenn Sie fertig sind, ist auch das Essen fertig.“
    Er sah ihr nach, wie sie zur Küche ging. Heute in Jeans, dazu ein himbeerroter eng anliegender Kurzpullover. In Gedanken zog er sie aus, dann trat er auf den Balkon …
    Als er zurückkam, stellte sie gerade eine Spaghetti-Auberginen-Platte auf den Tisch.
    „Spaghetti con melanzane. Herrlich“, sagte er. Er war erleichtert, dass es jetzt kein Fleisch gab.
    „Salute.“ Sie griff zum Weinglas.
    „Salute.“ Danzik machte eine Pause. „Ich werde das Zeug mitnehmen und im Labor untersuchen lassen. Abgestempelt ist das Päckchen in Hamburg. Auf jeden Fall müssen Sie Anzeige erstatten. Anzeige gegen Unbekannt.“
    „Mach ich. – Übrigens bin ich, als ich heute unterwegs war, von einem Mann bedroht worden.“ Laura berichtete ihm den Vorfall.
    „Also, Sie meinen, einer von den Herztransplantierten. Das würde zu dem Schweineherz passen.“ Der Kommissar setzte nachdenklich das Glas ab. „Haben Sie jetzt Angst? Brauchen Sie Polizeischutz?“
    Laura Flemming lächelte schwach. „Im Moment sind Sie ja mein Leibwächter … Nein, ich fühle mich nur unbehaglich, mehr ist es nicht. Ich werde mal wieder Kontakt zu den Spenderfamilien aufnehmen, vielleicht haben die Ähnliches erlebt. – Haben Sie dort schon ermittelt?“
    „Das läuft morgen an.“ Werner Danzik legte seine Hand auf ihren Arm. „Ich werde persönlich dafür sorgen, dass Ihnen nichts passiert.“
    „Danke.“
    „Was haben Sie in diesen Artikeln denn so Furchtbares geschrieben?“
    Laura Flemming lehnte sich zurück. „Das, was ich Ihnen erzählt habe. Dass der Tod willkürlich zum Hirntod erklärt wird, damit man explantieren kann. In den USA begnügt man sich sogar mit einem so genannten Teilhirntod, d.h. nur das Großhirn mit seiner Bewusstheit muss ausgefallen sein, in England muss der Hirnstamm, also der vegetativ verantwortliche Teil, ausgefallen sein, in Deutschland das gesamte Gehirn. Daran sehen Sie schon, dass hier der Tod von Medizinern zurechtdefiniert wird, damit Transplanteure à la Barnard groß rauskommen können.“
    „Aber letztlich will man doch aussichtslos Kranken helfen. Wenn man selbst oder ein lieber, nahe stehender Mensch dringend auf ein Organ wartet, dann ist man doch froh über diesen Fortschritt der Medizin.“
    „Ja, natürlich. Leben verlängern um jeden Preis. Den Tod als Feind betrachten, den man als Halbgott in Weiß besiegen muss. Den Tod am liebsten ausblenden, als gehöre er nicht zum Leben.“ Der Sarkasmus der Journalistin war nicht zu überhören. „Aber die so genannten Spender sind nicht tot, sondern bewusstlos in einem Sterbeprozess, der ungestört vollendet werden sollte. Und diese Sterbenden nennt man in den USA ›human vegetable‹, ›menschliches Gemüse‹, in England ›cadaver‹!“ Laura Flemming hielt ihre Gabel umklammert, in ihren Augen funkelte Zorn.
    „Das habe ich so im Detail nicht gewusst … Aber ich bleibe dabei. Es gibt zwei Seiten, die man hier betrachten muss. Und auch hier findet man sicher schwarze Schafe, also Ärzte, die sich nur profilieren wollen. Andererseits gibt es aber

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