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Herzschlagzeilen

Herzschlagzeilen

Titel: Herzschlagzeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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Schlange ist, die vor den Mädchentoiletten wartet. Eine Schlange bis auf die untersten Treppenstufen? Seufzend stelle ich mich an und hoffe, dass die Warterei nicht zu lange dauern wird, denn ich muss jetzt echt dringend. Während ich mir die Beine in den Bauch stehe, schwappen ab und zu Gesprächsfetzen zu mir hoch.
    »So süß. Hast du seine Augen gesehen?«
    »Seine Augen? Mich interessieren vielmehr diese Arme. Einmal in diesen Armen liegen.«
    »Ob der eine Freundin hat?« Lautes Seufzen von drei Stufen unter mir.
    »So Typen wie der haben doch immer Freundinnen. Wahrscheinlich hat er für jeden Tag eine andere.«
    »Der Bassist sieht auch geil aus, oder?«
    Der Bassist? Die reden von der Band? Ich strecke mich ein bisschen, um mehr mitzubekommen.
    »Ja. Schon. Aber den Drummer find ich süßer. Stellt euch den mal in Boxershorts vor!«
    Ich stöhne auf. Ich will mir meinen Bruder jetzt definitiv nicht in Boxershorts vorstellen. Genervt lehne ich den Kopf an die Wand und schließe die Augen. Geht das denn gar nicht weiter hier? Was machen die alle so lange auf dem Klo? Ab und zu springt ein Junge an uns vorbei die Stufen runter, geht zu den Männertoiletten und kommt schon nach kurzer Zeit wieder zurück. Ein Mann müsste man sein. Wenigstens manchmal.
    Kollektives Schnappatmen vor mir lässt mich die Augen wieder öffnen.
    »Hey, Isa!« Vor mir steht Colin und fummelt sich noch an seinen Jeans rum. Ich verdrehe die Augen. Kann der sich nicht wenigstens wieder anziehen,
bevor
er die Toilette verlässt?
    »Selber hey«, murmele ich und bete, dass mein Bruder schnellstmöglich wieder verschwindet. Aber der scheint es gar nicht eilig zu haben. Und das, obwohl jetzt sämtliche Augenpaare der Warteschlange auf ihn gerichtet sind. Ich kann förmlich hören, wie die Mädels vor mir ihm in Gedanken die Klamotten vom Leib reißen.
    »Worauf wartest du hier eigentlich? Gibt’s bei euch auf dem Klo was umsonst?« Grinsend nickt Colin in Richtung der Toiletten. Ich zucke nur mit den Schultern.
    »Hör mal, nach dem Konzert muss ich noch schnell helfen, die Anlage abzubauen. Aber du kannst mit Nina dann schon zum Hintereingang kommen. Dauert nicht lang. Versprochen.« Colin zwinkert mir zu und sprintet die restlichen Stufen nach oben.
    Mindestens acht Augenpaare sind weit aufgerissen auf mich gerichtet. Die Mordgedanken um mich herum kann ich förmlich fühlen. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
    Tja, Mädels,
ich
weiß, wie der Schlagzeuger in Unterhosen aussieht. Und nicht nur das, ich werfe sie ihm ab und zu sogar an den Kopf.
    Langsam habe ich wirklich keine Lust mehr auf die Rumsteherei hier. Gerade mal zwei Stufen bin ich während der ganzen Zeit weitergekommen. Das Männerklo scheint dagegen völlig verwaist zu sein. Schon seit einigen Minuten ist kein einziger Junge mehr die Treppe runtergekommen.
    Ich drehe mich kurz um: Niemand zu sehen. Kurz entschlossen überhole ich die Schlange vor mir, gehe zu der Tür mit dem eindeutigen Zeichen für geballte Männlichkeit, atme tief durch und drücke die Klinke herunter. Ich bin erleichtert, als ich sehe, dass die Pinkelbecken an der linken Wand leer sind. So schnell es geht, husche ich an ihnen vorbei zu einer der Kabinen, schlüpfe hinein und schließe ab. Uff. Endlich. Interessiert stelle ich fest, dass die Männerklos genauso vollgekritzelt sind wie die Mädchentoiletten. Zwar gibt es hier weniger Herzchen und Blümchen, dafür mehr zotige Sprüche, aber zumindest lassen es sich auch die Jungs nicht nehmen, ihre Spuren auf den Trennwänden zu hinterlassen. Ich lese den Spruch vor mir auf der Toilettentür:
Take care of Limbo-Dancers
. Mein Blick fällt auf den schmalen Spalt unter der Tür und ich muss grinsen.
    Als ich fertig bin, ziehe ich die Jeans wieder hoch und will gerade die Tür öffnen, als ich Stimmen höre. Mist. Offensichtlich bin ich nicht mehr allein. Da ich keine Lust habe, den Kerlen beim Strahlenkreuzen oder was immer die da im Stehen tun zuzuschauen, setze ich mich leise auf den Rand des Klodeckels und beschließe zu warten, bis die Luft wieder rein ist. Ich lausche gebannt auf die Pinkelgeräusche und versuche herauszufinden, wie viele es sind. Zwei, drei? Warum lästern Jungs eigentlich immer darüber, dass Mädchen nur zu zweit aufs Klo gehen? Dieses Rudelpinkeln so nebeneinander ist doch viel peinlicher, als wenn man ein bisschen durch die immerhin geschlossenen Kabinenwände miteinander quatscht. Ich stelle mir vor, wie die da draußen

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