Herzschlagzeilen
bemerkt. Während die Letzten den runden Tisch verlassen, springt er vom Hocker, wischt sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und schlendert zu mir rüber.
»Hast du alles?« Der Typ macht Anstalten, nach meinem Notizbuch zu greifen. Schnell klappe ich es zu und lasse es in meiner Tasche verschwinden. Was fällt dem eigentlich ein?
»Fischer. Werner Fischer. Du kannst aber auch
Wefi
zu mir sagen. Das machen eh alle.« Er reicht mir die verschwitzte Hand, aber ich starre ihn nur mit offenem Mund an.
»Sie sind … ich meine … Sie sind Werner Fischer?«
Ich kann es nicht fassen. Da sitzt dieser Typ die ganze Zeit schweigend im Hintergrund, trinkt Bier und lässt mich die Arbeit machen.
Er grinst. »Angenehm, ja. Und jetzt fahren wir zur Großsporthalle. Die White Wings stellen heute ihre neue Mannschaft und vor allem ihre neuen Trikots vor.«
Ich bin viel zu perplex, um ihm zu widersprechen. Wenigstens weiß ich inzwischen, dass die White Wings eine wohl recht erfolgreiche Basketballmannschaft sind. Das habe ich in meiner unverhofften Mittagspause noch schnell herausfinden können.
Während ich vor der Sporthalle mein Fahrrad abschließe und auf Werner Fischer warte, der mit seinem Auto wahrscheinlich im Nachmittagsverkehr feststeckt, fällt mir mein Handy siedend heiß wieder ein. Das habe ich ja immer noch auf
Stumm
geschaltet. Fünf Anrufe in Abwesenheit. Drei Sprachnachrichten. Zwei SMS. Und alle von Luke. Genervt schalte ich den Ton wieder an. Was will Luke um Himmels willen die ganze Zeit von mir? Wir telefonieren doch sonst auch nicht täglich.
Ich öffne zuerst die letzte SMS.
»Warum gehst du nicht ans Handy? Es ist dringend. Ruf mal an. Luke.«
Dringend? Verwirrt starre ich auf mein Handy. Soll ich die Sprachnachrichten abhören? Ach was, das dauert mir zu lang. Soll Luke mir lieber selbst sagen, was auf einmal so dringend ist. Und das am besten sofort. Ich suche Lukes Namen in meinem Telefonbuch und drücke auf
Anrufen
. Während ich dem Tuten lausche, beobachte ich den Parkplatz hinter der Sporthalle. Diesmal soll der Herr Redakteur sich nicht wieder vor seiner Arbeit drücken. Ich werde die Halle keinesfalls ohne ihn betreten.
»Isa! Da bist du ja endlich!« Lukes Stimme klingt so erfreut, dass ich nervös werde.
»Hast du deinen Terminplan gecheckt? Sehen wir uns? Wollen wir zusammen hingehen?« Luke holt kaum Luft zwischen seinen Fragen.
Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht. Vermutlich hätte ich doch besser erst die Sprachnachrichten abgehört, aber jetzt ist es zu spät.
»Was meinst du?« Es ist mir echt peinlich zuzugeben, dass ich sämtliche seiner Versuche, mich zu erreichen, bisher ignoriert habe.
Luke seufzt. »Du hast deine Mailbox gar nicht abgehört?«
Die Enttäuschung in seiner Stimme versetzt mir einen Stich.
»Ich war bei einem wichtigen Termin«, beeile ich mich, ihn zu beruhigen. »Und in wenigen Minuten ist noch ein Termin. In der Großsporthalle diesmal.« Ich mache eine kurze Pause. »Bei den White Wings«, füge ich dann hinzu und betone diesen Zusatz so, als sei die Queen von Großbritannien persönlich in der Großsporthalle anwesend.
»Ach so, ja klar, das verstehe ich.« Luke, der Verständnisvolle. Jetzt bekomme ich wirklich ein schlechtes Gewissen.
»Um was ging es denn?«, frage ich deshalb schnell.
»Ich mach doch das Praktikum bei Foto-Walz.«
Ich nicke. Bis mir klar wird, dass Luke das ja nicht sehen kann. Aber jetzt, wo er es sagt, fällt es mir auch wieder ein. Luke hat einen Praktikumsplatz bei einem Fotografen gefunden. Er war so glücklich, als er davon erzählt hat. Wie konnte ich das nur vergessen?
»Ja, und?«, beeile ich mich zu fragen.
»Ich darf ein paar Bilder für die Presse machen. Nichts Großartiges, nur ein paar Veranstaltungen, für die der
Stadtanzeiger
wohl meinen Chef gebucht hat, weil der eigene Fotograf krank ist oder im Urlaub oder so. Ich wollte das mit deinem Zeitplan abgleichen. Vielleicht können wir ja ein paar der Termine gemeinsam erledigen.«
Mit Luke zusammen zu irgendwelchen Vereinsversammlungen zu gehen, klingt zumindest besser, als allein dort hinzumüssen. Das muss ich zugeben. Dumm nur, dass ich noch gar keine Ahnung habe, wo meine nächsten Termine stattfinden. Quer über den Parkplatz sehe ich Werner Fischer angehetzt kommen. Schon von Weitem erkenne ich die neuen Schweißtropfen auf seiner Stirn. Schnell erkläre ich Luke, dass ich über meine nächsten Termine noch nicht Bescheid weiß,
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