Herzschlagzeilen
ununterbrochen, ohne zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. »Ich weiß es nicht genau.« Hilflos zucke ich mit den Schultern. »Ich glaube aber, dass es drei waren. Und ihre Stimmen klangen ganz normal. Also nicht besonders alt oder so.«
Sie nickt. Dann schweigen wir beide.
Plötzlich springt Nina auf. »Du musst auf jeden Fall zur Polizei gehen!«
Ich schüttele den Kopf. »Die würden mir doch niemals glauben.«
»Na ja …«
Irre ich mich oder klingt Nina selbst skeptisch?
»Was heißt hier ›na ja‹? Glaubst du mir etwa auch nicht? Was hätte ich denn tun sollen? Die Klotür aufreißen und sagen: ›He, Jungs, könnt ihr eure Pläne bitte noch mal wiederholen, damit ich mitschreiben kann?‹«
»Doch, Süße, natürlich glaub ich dir. Und ob die Polizei dir glaubt, kann dir doch eigentlich ganz egal sein, oder? Die werden diesen Wunderknaben schon retten. Und wenn nicht …« Nina zuckt mit den Schultern.
»Das ist mir aber nicht egal!« Meine Stimme klingt lauter, als ich beabsichtigt hatte.
»Ach.«
»Was meinst du mit ›ach‹?«
Allmählich frage ich mich, ob es wirklich eine so gute Idee war, Nina von der ganzen Sache zu erzählen.
»Marc Behrendt ist dir also nicht egal?« Sie zieht eine Augenbraue hoch.
Ich muss mich beherrschen, um nicht laut zu schreien. Was wird das hier eigentlich? »Quatsch. Der ist mir völlig egal. Aber denk doch mal an die Story! Mensch, Nina, wenn ich noch ein bisschen mehr rausfinde, kann ich einen richtig guten Artikel darüber machen. Das ist doch
die
Chance für mich!«
»Dann musst du ihn beschatten«, schlägt Nina vor. »Wenn du die Story willst UND ihm das Leben retten, darfst du keine Minute mehr von seiner Seite weichen. Du weißt noch viel zu wenig über die ganze Sache. Das alles kann gefährlich werden. Für ihn«, fügt sie schnell hinzu, als sie meinen erschrockenen Gesichtsausdruck sieht. »Vielleicht trifft er diese Leute ja auch mal irgendwo und du erkennst sie an ihren Stimmen. Und falls nicht, bist du wenigstens im richtigen Moment zur Stelle, um ihn zu retten.«
»Den richtigen Moment kenne ich ja«, erinnere ich sie. »Das Ganze soll am 21. Juni stattfinden, auf seiner Geburtstagsparty. So viel wissen wir.«
»Umso besser. Dann musst du eben auch auf dieser Party sein.« Nina greift wieder zu ihrer Wasserflasche.
»Und wie stellst du dir das vor? Mein Leben ist so komplett anders als seins, dass ich nicht mal auch nur in die Nähe von diesem Marc komme. Wie soll ich es denn bitte schön auf seine Geburtstagsparty schaffen? Ich kann ja schlecht einfach da hinspazieren und sagen: ›Hallo, ich wittere eine Story und will dir das Leben retten.‹« Mir ist bewusst, dass ich leicht hysterisch klinge, aber genauso fühle ich mich gerade auch.
Nina überlegt einen Moment.
»Vielleicht triffst du ihn ja noch auf einer der Veranstaltungen, die du für den
Stadtanzeiger
besuchst«, sagt sie dann. »Hat am Samstag ja schließlich auch geklappt. Dann musst du nur noch dafür sorgen, dass er dich einlädt.«
Ich schüttele den Kopf.
»Das glaube ich nicht. Wenn ich
Wefi
, ich meine, wenn ich meinen Ausbilder richtig verstanden habe, wird sich meine Karriere in den nächsten Tagen irgendwo zwischen Kaninchenzüchtern und dem nächsten Blutspendetermin vom Roten Kreuz bewegen. Ich glaube kaum, dass Marc Behrendt dort sein kostbares Blut zur Verfügung stellt.«
In Gedanken sehe ich ihn vor mir liegen. Mit entblößtem Oberkörper. Eine Krankenschwester setzt sich zu ihm und er legt seinen Arm auf ihren Schoß. WAH! Nicht mal Kiki liest Arztromane. Wie kommt dieses Bild in meinen Kopf?
Nina schaut mich nachdenklich an. »Schade, dass wir gerade unser Praktikum machen müssen. In der Schule hättest du es leichter, an ihn heranzukommen.«
Die Schule. Wieso bin ich darauf nicht schon längst selbst gekommen? Schließlich geht Marc Behrendt auf das gleiche Gymnasium wie wir. Leider ist er schon in der Zwölften, nicht wie mein Bruder in der Elften, sonst könnten wir vielleicht sogar über Colin an Informationen kommen.
»Ich könnte versuchen, wenigstens zwischendurch an der Schule vorbeizuschauen«, überlege ich laut. »Und am Mittwoch haben wir ja sowieso unser Treffen mit dem Piesold.«
Herr Piesold ist unser Politik- und gleichzeitig auch unser Vertrauenslehrer während des Berufspraktikums. Am Mittwoch sollen sich alle Praktikanten mit ihm treffen und einen ersten Zwischenbericht abliefern.
»Na ja, einfach wird es trotzdem nicht
Weitere Kostenlose Bücher