Herzschlagzeilen
Speicherplatz für wirklich wichtige Themen und Luke und seine Freundin gehören im Moment ganz bestimmt nicht dazu.
Schnell schalte ich um auf
Lautlos
, dann werfe ich mein Handy aufs Bett und klappe mein Notebook auf. Ich habe jetzt echt keine Lust, mit Jedi-Luke zu telefonieren. Viel lieber will ich versuchen, noch etwas über Marc Behrendt herauszufinden. Mein Handy blinkt und zeigt mir den Eingang einer neuen Nachricht an. Klar, Luke hat mir was auf die Mailbox gesprochen. Das hat auch noch bis später Zeit, beschließe ich. Jetzt will ich mich erst mal um Marc kümmern. Ich gebe noch mal seinen Namen bei Google ein und klicke mich durch die Links, die mir die Suchmaschine ausspuckt. Viele sind es nicht und zum Teil habe ich sie mir ja auch schon angesehen. Ein paar Berichte von irgendwelchen Sport-Events, hier ein Tennisturnier, dort eine Segelregatta. Wow! Sogar eine Vernissage hat Marc einmal eröffnet. Ich betrachte die Fotos irgendeiner Kunstausstellung und frage mich, was für ein Leben dieser Marc Behrendt wohl führen mag. Auf jeden Fall dürfte es vollkommen anders verlaufen als meins. Für die meisten der Veranstaltungen, die er offensichtlich regelmäßig besucht, kann ich mir nicht einmal den Eintritt leisten.
Plötzlich macht sich Verzweiflung in mir breit. Wie soll ich jemals herausfinden, wer hinter ihm her ist, und wie soll ich jemals diese Entführung verhindern, wenn ich nicht mal eine Chance habe, auch nur in Marcs Nähe zu kommen?
Während der von Luxusveranstaltung zu Luxusveranstaltung jettet, werde ich die nächsten zwei Wochen zwischen Kaninchenzüchtern und Versammlungen von irgendwelchen Umweltschützern verbringen. So viel ist mir heute klar geworden.
Du hattest deine Chance, Isa
, muss ich mir zähneknirschend eingestehen.
Und die hast du gründlich vermasselt
. Trösten kann mich nur der Gedanke, dass ich zu diesem Zeitpunkt von der geplanten Entführung ja noch gar keine Ahnung hatte.
»Ach, Isa, Schätzchen«, Mama steckt noch mal – natürlich wieder ohne anzuklopfen – ihren Kopf in mein Zimmer, »Frau Peters hat noch mal angerufen. Sie fragt, ob du auch dran denkst, dass du heute wieder einen Spaziergang mit Ayla machen wolltest. Frau Peters hat sie zwar schon zweimal in den Garten gelassen, aber du weißt ja, wie sehr Ayla ihren Auslauf braucht. Tschüss, ich geh dann!«
Noch bevor ich überhaupt ein Wort sagen kann, ist Mama schon wieder weg. Ich starre ihr hinterher. Irre ich mich oder hatte sie dieses Stückchen Stoff an, das sie eben noch vor dem Spiegel begutachtet hat? So kann sie doch unmöglich in den Buchladen gehen? Und was hat sie gesagt? Ayla? Ich stöhne. Frau Peters und Ayla hatte ich total vergessen. Frau Peters hat recht, ich habe ihr gestern versprochen, auch heute Ayla wieder zu einem Spaziergang abzuholen. Das wollte ich eigentlich nach Feierabend erledigen, aber wer weiß, wie lange dieser Nachmittagstermin heute dauert. Ich schaue auf meine Armbanduhr. Ich werde meinen freien Vormittag, oder zumindest einen Teil davon, für Ayla opfern müssen. Später muss ich zum Goldenen Schwan. Seufzend klappe ich meinen Rechner zu und schnappe mir mein Handy.
Eine Stunde später habe ich Ayla wieder abgeliefert. Ein bisschen schäme ich mich, weil ich mit meinen Gedanken wieder mal ganz woanders war und nicht wirklich Lust hatte, mit Ayla zu spielen. Aber wenigstens hatte sie jetzt eine Stunde Bewegung, die sie ohne mich nicht gehabt hätte, versuche ich mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Und ich bin wieder ein paar Euro reicher.
Siedend heiß fällt mir das Konzept ein, das Tinkerbell mir vorhin in die Hand gedrückt hat. Ich nehme es mit in die Küche und mache mir einen Tee. Ein bisschen Zeit habe ich noch.
Kategorie I
, lese ich.
Schüler, Alter 14 bis 16 Jahre, in der Regel im regulären Schulpraktikum für zwei Wochen.
Kategorie II: Alter ab 18 Jahre, vier bis zwölf Wochen.
Okay, ich falle also eindeutig in die Kategorie I. Neugierig suche ich nach den Stationen, die für diese Gruppe vorgesehen sind. Begriffe wie Pool, Redaktionsmanagement, Newsroom, Wochenkonferenz, Layout und Rotation lassen mein Herz höherschlagen und versöhnen mich wieder mit dem merkwürdigen Beginn meines Praktikums.
»Und? Wie war dein erster Tag bei der Zeitung?« Papa kommt in die Küche, als ich mir gerade Kaffee koche. Er trägt seinen Jogginganzug, mit dem er fast immer zu Hause rumläuft, und sieht kein bisschen ausgeschlafen aus. Seine kurzen Haare, die schon
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