Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
Vom Netzwerk:
noch vierzig Jahre machen. Da entleibe ich mich lieber.
    »Komm rein«, höre ich Ollie rufen. »Super, dass du’s geschafft hast.«
    Ich kann nicht umhin, mir den Hals zu verrenken, um zu sehen, welche unglückselige Maid sich diesmal in Ollie verschossen hat. Kann mir zwar einerlei sein. Aber ich möchte doch unbedingt wissen, wer es schafft, mit Ollies Stinkesocken, seinem schaurigen Musikgeschmack und seinem sabbernden Hund zurechtzukommen. Für gewöhnlich sind das gertenschlanke Surfer-Girls mit großen Möpsen und leerem Blick. Ich wette mein Monatsgehalt, dass das auch diesmal nicht anders sein wird.
    Zum Glück bin ich nicht der Typ Frau, der Wetten abschließt.
    Denn die Gestalt, die da in unseren schmalen Flur trippelt, ist ganz gewiss keine Surfer-Maid. Es ist nicht mal eine Frau. Sondern ein Mann.
    Glaube ich jedenfalls.
    »Schätzelchen«, flötet die in ein wehendes violettes Gewand gehüllte Gestalt. »Diese Hose ist ja umwerfend ! Samtschlaghose! Total retro! So absolut Seventies!«
    Ich glotze die Gestalt verblödet an. Zu etwas anderem bin ich nicht imstande. Ich habe noch nie einen Mann mit lila Lidschatten und knallrosa Lippenstift gesehen. Na ja, jedenfalls nicht mehr seit 1985. Und ganz sicher habe ich noch nie einen Mann gesehen, der eine Art violetten Umhang trägt. Man stelle sich eine Mischung aus Doctor and the Medics und Michael Praed in seiner Robin-Hood-Zeit vor, dann bekommt man einen ungefähren Eindruck von dem Anblick, der sich mir bietet. Der Besucher wäre jedenfalls als durchgeknallter Neuzugang bei Big Brother eher am Platz als bei einer Essenseinladung für spießige Banker.
    Es handelt sich um Frankie, Ollies Cousin und Sänger der Screaming Queens, außerdem Experte für Kitsch und Schockeffekte.
    Verfluchte Scheiße.
    »Hallo, Schätzelchen«, äußert besagter Gast vergnügt. »Hab dir ein Geschenkchen mitgebracht.« Mit diesen Worten fördert er aus seinem Umhang einen riesigen Kaktus in einem blauen Porzellantopf zutage. Ich betrachte das Teil beunruhigt. Es sieht ziemlich lebensgefährlich aus. Die Klingen von New Yorker Straßengangs sind bestimmt stumpfer als die Stacheln von diesem über einen halben Meter hohen Ungetüm.
    Frankie drückt mir den Kaktus in die Arme, wobei er beinahe Haschee aus mir macht. »Haben wir extra für dich besorgt.«
    »Der soll dir als Ersatz für deinen Verlobten dienen, wenn er mal wieder Golf spielt«, erklärt Ollie und dreht das Ding vorsichtig um. Auf der Rückseite steht in grüner Leuchtfarbe der Name meines Liebsten. »Ich finde, der ist diesem anderen Giganto-Schwanzaffen bei weitem vorzuziehen.«
    »Sehr witzig«, fauche ich. »Beim nächsten Mal bringt ihr bitte eine Flasche Wein mit.«
    »Ich liebe Giganto-Schwanzaffen«, säuselt Frankie, dessen Wimperntusche zu verlaufen beginnt. »Kann es gar nicht erwarten, den echten James kennenzulernen.«
    »Du brauchst nicht mehr zu warten«, sagt Ollie grinsend, und in der Tat kommt James gerade aus dem Wohnzimmer, um neuen Wein zu holen. Bevor er den Kaktus sichtet und die Hölle losbricht, weiche ich rasch in unser Schlafzimmer zurück und trete die Tür zu.
    Ich werde Ollie umbringen. Ich hätte mir ja denken können, dass er so eine Nummer abziehen würde. So viel zu »geistreich und unterhaltsam«.
    Während ich den Kaktus unter dem Haufen Mäntel auf dem Bett verstecke, überlege ich mir in allen Einzelheiten, was ich mit Ollie anstellen werde, sobald ich ihn in die Finger kriege.
    Auf dem Rückweg zum Esszimmer mache ich einen Umweg über die Küche und genehmige mir noch ein Glas Wein. Irgendwie ahne ich, dass ich diesen Abend nur betrunken durchstehen kann.
    »Jedenfalls«, erklärt Frankie gerade wild gestikulierend – wobei seine lila Fingernägel besonders augenfällig sind –, »hab ich meinen Job aufgegeben, um eine eigene Rockband zu gründen.« Zwischen den dezent gekleideten anderen Gästen wirkt er wie ein Papagei zwischen Spatzen.
    »Ach ja?«, sagt Ed, wie es scheint, mit echtem Interesse.
    »Hab die Demo dabei.« Frankie kramt in seinen Gewändern und bringt eine CD zum Vorschein. »Wollen wir die mal auflegen?«
    James nimmt die CD mit versteinerter Miene entgegen, und Sekunden später ertönt statt Norah Jones ein ohrenbetäubender Lärm, der sich anhört, als schlügen Hyänen auf Kochtöpfen herum. Man kriegt fast Ohrenbluten davon.
    »Ist das nicht genial!«, ruft Ollie. Er scheint es ernst zu meinen, was wirklich Anlass zur Besorgnis gibt. »Die Queens

Weitere Kostenlose Bücher