Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
kleiner Stacheln aus James’ Hosenboden ragen.
»Pummel!«, brüllt James. »Wieso liegt in unserem Bett ein riesiger Kaktus?«
Ich öffne den Mund, um eine Erklärung abzugeben, bin aber außerstande dazu. Frankie dagegen biegt sich vor Lachen.
Julius wird bleich.
»Ich glaube, wir sollten jetzt besser gehen«, verkündet er. »Das ist ja ein Irrenhaus hier.«
»Nicht nötig«, sage ich hastig. »Es ist alles ein Missverständnis. Ich kann es erklären.«
»Überflüssig«, faucht Julius. »Ich sehe genau, was hier vor sich geht. Du bist eine Schande.«
» Ich bin eine Schande? Was habe ich denn getan?«
»Du hast diese … diese …«, Julius weist vage auf Frankie und Ollie, »diese Schwuchteln eingeladen! Und du hast dich zulaufen lassen und dann auch noch versucht, mich in der Küche anzubaggern.«
»Ich bin nicht schwul«, protestiert Ollie.
Ich starre Julius Millward fassungslos an. »Wieso sollte ich dich wohl anbaggern?«
»Wegen der Beförderung, denke ich mal«, antwortet er.
»So ein Schwachsinn! Du hast mich doch in der Küche in die Enge getrieben! Hat er wirklich!« Ich schaue James an, aber der wendet den Blick ab.
»Dein Verhalten ist blamabel«, versetzt Julius. »Wie sollte ich nach diesem Abend noch Vertrauen haben, wenn James Kunden von Millward Saville zu sich nach Hause einlädt? Du bist nicht die Art von Ehefrau, die ich bei meinen Teilhabern sehen will.«
»James heiratet mich, weil er mich liebt! Nicht weil er jemanden braucht, der seine Kunden bewirtet«, entgegne ich. »Nicht wahr, James?«
James schweigt und betrachtet eingehend den Fußboden.
Oh. Nun gut, dann eben nicht.
»Hol deinen Mantel, Helena«, bellt Julius.
»Ich hole ihn«, schleimt Sophie.
»Und du«, fährt Julius fort und funkelt James wütend an, wobei sein gelblicher Schnurrbart empört zuckt, »solltest dir lieber genau überlegen, mit welchen Leuten du Umgang pflegst, wenn du es bei Millward zu etwas bringen willst.«
»Bitte, Julius«, sagt James flehentlich und löst den Blick vom Parkett. »Das ist alles ein Missverständnis.«
Ach ja? Plötzlich fängt sich vor meinen Augen alles zu drehen an, und ich merke, dass ich ziemlich betrunken bin.
»Ist es nicht«, verkünde ich und fühle mich dabei sehr mutig. Von Frankie und Ollie abgesehen kann ich diese Leute hier nämlich alle nicht leiden. Ein Haufen Idioten. Warum mache ich mir überhaupt Gedanken darüber, was die von mir halten? Warum können sie nicht einfach lachen und fröhlich sein? Sasha hat den Bericht ja nicht absichtlich zerlegt; und ich habe meinen Verlobten nicht aufgefordert, sich in einen Kaktus zu setzen. Ich werfe James einen verstohlenen Blick zu und versuche möglichst unauffällig Stacheln aus seinem Hosenboden zu ziehen. Dabei muss ich mir das Lachen verkneifen. Das ist doch wirklich superkomisch! Was haben die nur alle?
Es gelingt mir halbwegs, ernst zu bleiben. Aber als Sophie dann Helena deren Louis-Vuitton-Umhängetasche reicht und eine rote Hummerschere herausragt, als wolle sie das Siegeszeichen machen, ist es um mich geschehen. Das Lachen bricht aus mir heraus wie Wasser aus einem Geysir.
»Wir verschwinden«, bellt Julius. »Ich bleibe keine Minute länger in diesem Irrenhaus. Und, junger Mann«, er wendet sich an James, »wenn du befördert werden und dich in den richtigen gesellschaftlichen Kreisen bewegen willst, solltest du dir tunlichst eine passendere Verlobte zulegen!«
Der Flur dreht sich nun wie wild. Und ich fühle mich frei, rebellisch und stark.
Und vielleicht ein klein wenig beschwipst …
Meine Knie geben nach, und ich sinke zu Boden, während mir vor Lachen Tränen über die Wangen laufen, weil die Schere mir jetzt vergnügt zuwinkt.
»Da … da …sche«, ächze ich atemlos in dem Bemühen, auf die Tasche hinzuweisen.
»Wie kannst du es wagen, mich eine Flasche zu nennen?«, keift Helena empört. »In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so beleidigt worden!«
»Ach ja?«, murmelt Ollie.
»Taaa…sche«, ächze ich und halte mir dabei die Seite, die vor Lachen wehtut. »In … der …«
Weiter komme ich nicht, da Helena schreit wie am Spieß, als sie den blinden Passagier entdeckt. Julius Millward läuft dunkelrot an vor Wut, James schwankt entsetzt, und Frankie lacht so heftig, dass seine Wimperntusche auf den Boden tropft. Der Flur rast an mir vorbei wie ein Jahrmarktskarussell, und ich schließe erschöpft die Augen. Plötzlich wird alles schwarz.
Was wohl auch ganz gut so ist.
5
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