Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Tränchen, woraufhin James weich wird und mich in seine starken Heldenarme zieht. Richtig?
Ähem, nee. Offenbar ein Irrtum.
»Verzeih mir, Jake«, seufzte Millandra, während die Tränen wie makellose Diamanten über ihre pfirsichfarbenen Wangen rollten. »Verzeih mir, dass ich dem schurkischen Sir Oliver dein Versteck preisgegeben habe. Ich schwöre, ich bin keine Spionin!«
Jake verschränkte die Arme vor der starken Brust.
»Wie soll ich dir jemals wieder vertrauen?«, fragte er zähneknirschend. »Deinetwegen wurde heute ein guter Mann in Tyburn aufgeknüpft. Woher soll ich wissen, dass du nicht geschickt wurdest, um mich ins Verderben zu stürzen?«
»Weil ich dich liebe!«, schluchzte Millandra und sank, überwältigt von Kummer, vor den Spitzen seiner Reitstiefel zu Boden.
Über ihrem eng geschnürten Korsett hoben und senkten sich ihre kecken Brüste mit jedem Schluchzer. Trotz seines Zorns empfand Jake Verlangen nach ihr. Er ergriff ihre zarte Hand und zog Millandra an sich.
»Oh Gott«, stöhnte er in ihr seidiges Haar. »Du machst mich wild.«
So sollte es zwischen Held und Heldin nach einem großen Zerwürfnis zugehen. Ich muss es wissen, denn ich habe so gut wie jeden existierenden romantischen Roman gelesen, von den Brontë-Schwestern bis zu Jilly Cooper, und ich meine, mir kann verziehen werden, dass ich mich betrogen fühle. Ich kann mich nicht erinnern, dass Mr Darcy einen Kaktus nach Elizabeth Bennet geworfen hätte, und ich habe auch noch nie im Unterricht eine Szene durchgenommen, in der Romeo Julia aus der Bude der Montagues schmeißt.
So etwas darf nicht vorkommen! James ist mein romantischer Held.
Da ihm wohl allmählich die Wurfobjekte ausgehen, lässt der Hagel nach, und ich spähe vorsichtig hinter der Tonne hervor. Eine eindrucksvolle Sammlung meiner Habe ist auf der Straße verstreut. Meine Handtasche ist aufgegangen, und der Inhalt quillt heraus wie Innereien. Zum Glück hat mein Handy den schmählichen Absturz überlebt. Das rosa Gehäuse hat einen Riss, aber das Display ist noch intakt und teilt mir mit, dass ich sechs Anrufe in Abwesenheit habe. Meinem Handy kann ich nie widerstehen, und obwohl ich gerade mitten in einem Beziehungskollaps stecke, muss ich unbedingt nachschauen, wer angerufen hat. Ollie hat es fünfmal probiert und fünf Nachrichten hinterlassen, die ich lösche, ohne sie mir anzuhören. Außerdem hat Maddy, meine beste Freundin von der Uni, einmal angerufen. Ich bekomme einen Anflug von schlechtem Gewissen, weil ich mich seit Wochen nicht bei ihr gemeldet habe. Nicht weil ich keine Lust auf sie hatte, sondern weil so viel los war. Dabei finde ich Mads absolut wunderbar. Sie ist impulsiv und eigensinnig und oft ziemlich schräg drauf, und von dem Moment an, als wir beide als verschreckte Studienanfänger unsere winzigen Zimmer in einem wahrhaft grausigen 60er-Jahre-Wohnsilo bezogen, war mir klar, dass ich eine Seelenverwandte gefunden hatte.
Ich will sie aber nicht gleich anrufen, weil Maddy dem Teufel ein Ohr wegreden kann und ich unbedingt nachher ein ausgiebiges Schwätzchen brauche. Außerdem muss ich wohl später ohnehin nach Lewisham traben und um Unterkunft für die Nacht bitten, denn James macht nicht den Anschein, als wolle er sich umstimmen lassen.
Es gibt bei dieser Erwägung allerdings ein Problem. Ich habe jedes Mal, wenn ich Maddy besuche, den Eindruck, dass ihr Mann Richard mich nicht besonders gut leiden kann.
Na schön, ich will ehrlich sein. Ich verstehe Richard nicht, und Richard versteht mich nicht. Wir haben etwa so viel Vertrauen zueinander wie Tom und Jerry. Richard glaubt, dass ich einen schlechten Einfluss auf Maddy habe, und ich habe einfach keine Ahnung, wie ich mit dem Mann umgehen soll.
Während des Studiums war Mads ein wilder Feger. Sie knutschte mit unseren Dozenten, schrieb Referate in einer Nacht und entführte sogar den Dekan zum Unistreich. Sie soff wie ein Loch, buk exzellente Haschkuchen und war mit diversen total unpassenden, aber furchtbar aufregenden Männern zusammen. Drei Jahre lang war unser Dasein ein Wirbel aus Partys, wildem Liebesleben, Dramen wegen unbrauchbarer Männer und gelegentlich mal einem Seminar, falls wir es schafften, uns vom Frühstücksfernsehen zu lösen. Ich befand mich in ihrem Gefolge, während Mads das Original-Partygirl war, immer auf Spaß versessen und mit einem Haufen verrückter Ideen im Kopf.
Weshalb ich den Schock meines Lebens kriegte, als sie einen Pfarrer heiratete.
Versteht
Weitere Kostenlose Bücher