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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
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kein Mann mich mag. Dass ich jeden mit einer Erbschaft bestechen muss.«
    »Das habe ich überhaupt nicht gesagt.« Ollie blickt verstört. »Ich habe niemals gesagt, du seist fett oder hässlich oder scheiße. Ich glaube, du verwechselst mich mit deinem charmanten Verlobten.«
    »Ach, halt die Klappe, Ollie!« Dreck, jetzt heule ich wirklich. Wie nervig. Ich wünschte, ich wäre eine dieser starken Frauen, die kalt und würdevoll ihren Zorn zum Ausdruck bringen und dann einen abgefeimten Racheakt durchziehen. Aber wenn ich mich aufrege, muss ich natürlich am Ende aussehen wie ein Baumfrosch. »Wenigstens weiß ich jetzt, was du von mir hältst.«
    Ich reiße die Tür auf und haste den Weg entlang, schiebe das morsche Gartentor beiseite und gebe dann auf dem Gehweg Fersengeld. Mit offenen Stiefeln zu rennen ist nicht einfach, aber ich tue, was ich kann.
    Ollie schickt sich an, mir zu folgen, hat aber schlechte Karten, weil er zuerst Schuhe auftreiben muss, die Sasha noch nicht zerlegt hat, und dann mit dem Zubinden seines flatternden Morgenmantels beschäftigt ist. Mrs Sandhu von nebenan beobachtet das Drama durch die Gardine, jederzeit bereit, sich zu ereifern. Ich habe jedenfalls einen Vorsprung von einigen Minuten, den ich auch brauche, denn – seien wir ehrlich – ich bin etwa so sportlich wie eine Schnecke mit Arthritis. Wenn ich noch weiterrennen muss, kriege ich wahrscheinlich einen schweren Herzinfarkt, aber das wird dann eine willkommene Erlösung sein. Ich keuche und japse, jeder Atemzug tut weh, und das Seitenstechen ist infernalisch.
    Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall meinen Vorsatz, fit zu werden, in die Tat umsetzen und ins Sportstudio gehen. Ich werde mich James anschließen und mich getreu mit den caramacfarbenen Klonen vergleichen, die dort an den Maschinen rackern wie muskulöse Zombies. Und bald werde ich auch so aussehen.
    Dann wird Ollie sich eines Besseren besinnen.
    Und James wird erfreut sein.
    Der Bus 207 nähert sich, meine Rettung, und ich bewege mich so zielstrebig und rasant auf ihn zu, dass die Sportlehrer an unserer Schule echt beeindruckt wären. Normalerweise bewege ich mich nur so schnell, wenn ich vor den Schülern in der Kantine sein will. Zahlreiche Elftklässler haben schon Bauklötze über die schrullige Lehrerin mit Plateaustiefeln gestaunt, die wie der Blitz den Flur entlangrennt.
    »Katy!« Ollie kommt im Roadrunner-Stil um die Ecke der Milford Street geflitzt. »Warte! Ich hab das nicht so gemeint. Ich meinte doch nur …«
    Der Rest des Satzes geht im Getöse des Busses unter. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich hin und her gerissen zwischen dem Impuls, in den Bus zu hechten, und dem Wunsch, mir Ollies Erklärung anzuhören. Ol ist für gewöhnlich alles andere als brutal – wiewohl Zwicki da vielleicht anderer Meinung wäre –, und sich mit Olli zu streiten fühlt sich ganz falsch an. Andererseits ist seine Überzeugung, dass James lediglich mit mir zusammen ist, weil ich vielleicht irgendwann Geld erbe, wirklich enorm verletzend.
    Und außerdem habe ich einfach recht. Ich will auch mal die Moral gepachtet haben.
    Ich springe in den Bus, und die Türen schließen sich zischend hinter mir. Erleichtert keuche und ächze ich ein Weilchen, genehmige mir eine Dosis Atemspray, die mir von einer alten Dame angeboten wird, lasse mich dann auf einen Sitz plumpsen und warte darauf, dass der Bus mich nach Ealing karrt.
    Ollie kommt in dem Moment an, als der Bus losfährt.
    Er macht den Mund auf und zu, was aussieht, als hätte ich den Ton am Fernseher abgedreht, und ich sehe, dass er meinen Namen ruft. Seine kastanienbraunen Haare sind vom Wind zerzaust, er ist barfuß und hat sogar vergessen, seine Brille aufzusetzen. Weiß der Himmel, wie er es bis hierher geschafft hat.
    »Geh weg!«, sage ich stumm, und die Scheibe beschlägt von meinem Atem.
    Aber Ollie rennt jetzt neben dem Bus her, und sein Morgenmantel kommt dabei prekär ins Flattern.
    »Meine Güte!«, schnauft die alte Dame neben mir, fixiert mit starrem Blick Ollies untere Gefilde und benutzt hastig ihr Atemspray. Ich wage kaum hinzugucken.
    »Ich finde dich nicht scheiße!«, schreit Ollie, fällt aber zurück, als der Bus auf der Uxbridge Road an Tempo zulegt. »Das habe ich noch nie gedacht! Ich finde dich …«
    Aber inzwischen sind wir zu weit weg, und als ich noch mal zurückschaue, sehe ich, wie der braungebrannte, kraftvolle Mann, der in dem blau-weiß gestreiften Morgenmantel einigermaßen

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