Herztod: Thriller (German Edition)
dem Display auf, dazu ein höchst albernes Foto, auf dem er mit breitem Grinsen eine Wasserpistole in die Kamera hielt. Jedes Mal, wenn Krüger sie anrief, nahm sie sich vor, das Bild auszutauschen, um es dann doch wieder zu vergessen. Sie nahm das Gespräch über Lautsprecher an.
»Und? Wie sieht es aus? Haben wir einen Fall oder nicht?«, tönte es ihr grußlos entgegen.
»Viel kann ich noch nicht sagen, dazu ist es einfach zu früh …«
»Na komm, einen ersten Eindruck wirst du wohl bereits gewonnen haben«, drängte Bernd Krüger.
»Nun, es wird von verschiedenen Seiten die Vermutung ausgesprochen, dass es einen Liebhaber geben könnte, aber nichts Genaues weiß keiner, weder in der Familie noch im Kollegenkreis«, begann Hannah zu berichten, da Krüger sich nicht abwimmeln lassen würde. »Ich hoffe, dass ich bald einen Blick in die Wohnung werfen kann und dort auf Hinweise stoße. Lass mir noch ein bisschen Zeit, bevor ich Vermutungen ausspreche, die ein paar Stunden später ohnehin nicht mehr zu halten sind.«
»Hm.«
»Auf jeden Fall ist es sehr merkwürdig, dass sie am Freitagnachmittag in Blankenese gesehen wurde, zu einem Zeitpunkt, zu dem sie längst bei der Familie hätte sein müssen und diese sie vergeblich zu erreichen versuchte«, fuhr Hannah fort. »Es ist nicht ihre Art, einen Termin sausenzulassen und sich nicht zu melden. Ich hoffe, der Zeuge kann mir Genaueres sagen.«
»Na schön. Das klingt noch nicht sehr aufregend.« Im Hintergrund schrillte ein Telefon. »Du meldest dich?«
»Mach ich. Grüß die Hauptstadt.« Hannah unterbrach die Verbindung und wählte, als sie an einer roten Ampel hielt, zunächst Daniel Grubers Nummer, in der Hoffnung, dass sie sich zeitnah mit Carolines Schwager verabreden konnte. Leider meldete sich nur die Mobilbox, wenn auch mit einer fröhlichen, ausgesprochen jugendlichen Stimme sowie der freundlichen Bitte um Nachsicht. Hannah seufzte und versuchte ihr Glück bei Michael Folk. Nach dreimaligem Klingeln vernahm sie eine tiefe Männerstimme. »Ja?«
»Spreche ich mit Michael Folk?«
»Treffer.«
»Schön, dass ich Sie erreiche. Mein Name ist Hannah Jakob. Ich bin Kommissarin des BKA und würde Sie gerne bezüglich Ihrer Zeugenaussage im Falle der vermissten jungen Frau sprechen«, erörterte sie, während die Ampel auf Grün schaltete.
Stille. »Warum? Ich war schon bei der Polizei und habe eine Aussage zu dem Zeitungsfoto der Frau gemacht.« Das klang erstaunt und unwillig.
»Ich weiß. Ihre Angaben waren ausgesprochen detailliert und hilfreich«, betonte Hannah unverändert freundlich. »Ich überprüfe den Fall als externe Sonderermittlerin jedoch noch einmal und spreche mit allen Zeugen, Angehörigen und so weiter.«
»Ach? Hm, na ja, wenn es unbedingt sein muss. Können wir das am Telefon erledigen?«
»Leider nein. Aber ich komme natürlich gerne zu Ihnen,oder wir treffen uns irgendwo unterwegs«, entgegnete Hannah und steuerte eine Parklücke an.
Erneute Stille. Langsames Durchatmen. »Ist das echt nötig?«
Hannah hörte, dass er sich eine Zigarette anzündete. »Ihre Beschreibungen sind sehr wichtig, Herr Folk.«
»Aber das können wir doch auch …«
»Telefonische Aussagen sind juristisch kaum haltbar«, versicherte sie. Außerdem will ich sehen, mit wem ich spreche und warum du dich plötzlich so zierst, fügte sie in Gedanken hinzu. Unter einem aufmerksamen, auskunftsfreudigen Zeugen hatte sie sich etwas anderes vorgestellt – eher jemanden wie Annette Pape.
Leises Stöhnen. »Na schön. Ich arbeite in einem Coffeeshop am Flughafen Fuhlsbüttel, gleich am Haupteingang. Meine Schicht beginnt in knapp zwei Stunden. Wenn Sie wollen …«
»Gerne, Herr Folk. Ich komme nachher dort vorbei. Danke für Ihr Verständnis.«
Darauf sagte Folk nichts, sondern legte einfach auf. Da es sich nicht lohnte, in die Pension zurückzufahren, bog Hannah an der nächsten Kreuzung in Richtung Fuhlsbüttel ab.
Folk streifte die Asche ab und nahm einen tiefen Zug. Einen Moment starrte er zum Küchenfenster hinaus, bevor er den Rauch ausstieß, ins Bad ging und eine Dose Rasierschaum aus dem Spiegelschrank über dem Waschbecken nahm. Der Boden der Dose ließ sich abschrauben, und Folk zog ein Handy heraus. Über die Kurzwahltaste eins rief er Sascha an. »Was gibt’s?«, fragte der nach dem zweiten Läuten.
»Wollte ich dich auch gerade fragen.«
»Komm zur Sache.«
»Eine Tante vom BKA ermittelt – wusstest du das?«
Kurzes Schweigen. »Nein.
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