Herztod: Thriller (German Edition)
Was will sie?«
»Mit mir sprechen. Sie ist als Sonderermittlerin unterwegs, sagt sie, und will ein paar Fragen stellen. Wie soll ich mich verhalten?«
Räuspern. »Ganz einfach – so unauffällig wie möglich. Rede mit ihr und beantworte ihre Fragen genauso wie bei deiner Aussage bei den Bullen. Das kriegst du wohl hin, oder?«
»Ja, klar. Ich frag mich nur …«
»Hör auf damit, etwas hinterfragen zu wollen. Vielleicht haben einige ihrer Schnüffler gerade ein bisschen Leerlauf, oder deine Aussage ist im Schredder gelandet, wie und warum auch immer.« Er lachte. »Wär nicht das erste Mal, dass so was passiert.« Er lachte noch lauter. Offensichtlich erheiterte ihn sein eigener Spruch außerordentlich.
»Und dann schicken sie sofort das BKA los?« Folk war nicht zum Lachen zumute. »Wegen einer mickrigen Vermisstenanzeige?«
»Scheißegal – Behörde ist Behörde. Mach dir keine unnötigen Gedanken. Es läuft alles bestens.«
»Wenn du meinst.«
»Das meine ich. Bleib einfach cool. In ein paar Tagen ist alles überstanden, fürs Erste jedenfalls.«
»Na gut, ich melde mich wieder.«
»Du meldest dich nur, wenn es unbedingt nötig ist.«
»Okay.« Folk löschte den Anruf aus der Verbindungsliste und verstaute das Handy wieder an seinem Platz. Er hoffte, dass Sascha recht behalten würde und mit seiner Sorglosigkeit auf dem richtigen Dampfer war. Er hatte keine Lust auf irgendwelchen Stress, geschweige denn eine BKA-Schnüfflerin, die ihm auf den Pelz rückte, gerade jetzt, zu einem Zeitpunkt, zu dem alles so gut lief.
3
Drei Servicekräfte bedienten, zwei junge Frauen und ein Mann, die alle Hände voll zu tun hatten. Der Laden war klein, mit nur wenigen Bistrotischen, aber einer übersichtlichenTheke ausgestattet, und es duftete köstlich. Die Leute sollten sich ihren Kaffee und einen Snack bestellen und auf den Weg in Richtung Abflugschalter machen, ohne sich lange aufzuhalten. Die Preise waren in Ordnung, die Auswahl war erfreulich groß, ohne Verwirrung zu stiften. Hannah bestellte einen Latte macchiato und einen Schokoladenkuchen und setzte sich an den hintersten freien Tisch, wo Kotti bereits auf sie wartete.
Es war noch über eine Stunde Zeit, bis Michael Folk mit seiner Schicht beginnen würde – jedenfalls laut seiner eigenen Auskunft. Hannah schrieb einige Kurznachrichten, lauschte den Durchsagen zu geänderten Abflug- und Landezeiten und beobachtete vorübereilende Reisende, Urlauber, abgehetzte Geschäftsleute mit dem Handy am Ohr, ein Liebespaar, das sich kaum voneinander lösen konnte, Eltern mit großäugigen Kleinkindern auf dem Arm. Ein junger schlaksiger Mann mit blondem Haar betrat den Shop und schlängelte sich hinter die Theke, wo er rasch einige Worte mit einer der beiden Frauen wechselte, während er in seine Arbeitskleidung – eine kaffeebraune Jacke mit rot-gelber Aufschrift – schlüpfte und sich beiläufig umsah. Hannah spürte, wie sein Blick sie lediglich desinteressiert streifte. Sie hob den Kopf, trank von ihrem Kaffee und lächelte ihn an, als sein Blick wieder bei ihr landete. Er erwiderte das Lächeln zögernd, als sie auf ihr Handy zeigte, um anzudeuten, dass sie miteinander telefoniert hatten, und trat langsam an ihren Tisch.
»Sind Sie die Kommissarin?« Michael Folk war völlig verblüfft.
»Ja, ich bin Hannah Jakob. Sie klingen verwundert. Hatten Sie jemand anderen erwartet?«
Er strich sich durch seinen weizenblonden Haarschopf und nahm neben ihr Platz. »Ich weiß auch nicht. Sie wirken jedenfalls nicht wie eine Polizistin, schon gar nicht wie eine vom BKA.« Er schob ein entschuldigendes Lächeln hinterher und wirkte dabei sehr jungenhaft.
Hannah lächelte. Die Frage, wie er sich eine BKA-Beamtin vorstellte, sparte sie sich an dieser Stelle. Sie war selbst konsterniert – am Telefon hatte Folk abwehrend und unwirsch reagiert, eine gute Stunde später war er überrascht und durchaus charmant. Sie sah kurz auf die Uhr. »Herr Folk, lassen Sie uns einfach anfangen. Beschreiben Sie doch bitte mal die Situation am Freitagnachmittag am Elbufer.«
»Kein Problem«, meinte Folk gut gelaunt. »Die Frau, deren Bild in der Zeitung abgebildet war, stand ungefähr auf Höhe des Leuchtturms. Es sah aus, als wartete sie auf jemanden.«
»Wie spät war es?«
»Halb vier, vier – ungefähr.«
»Hatte sie etwas bei sich, eine Tasche, einen Rucksack oder Ähnliches?«
Er wiegte nachdenklich den Kopf. »Eine kleine Handtasche, glaube ich.«
»Sie konnten die junge
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