Herzüberkopf (German Edition)
Louis schwamm erneut weit hinaus an diesem Tag. Danach saß er auf seiner Decke und schrieb in seinem Manuskript weiter; besser gesagt, er versuchte es, doch seine Gedanken ließen sich nicht recht ordnen und es gelang ihm nicht, den Teil des Kapitels fließend zu schreiben wie er es gewohnt war. Es lag keinesfalls an den Recherchen und auch nicht an der Muse zu schreiben; nein, da tauchten ständig andere Bilder vor seinem Geist auf, die zwischen ihm und dem Manuskript hin und her tanzten. Vielmehr fielen ihm Sätze ein, die rein poetisch klangen – so legte er bald das Manuskript aus den Händen, zog ein leeres Blatt vom Block und verfasste ein Gedicht. Als er es fertig geschrieben hatte, las er es durch – es klang wunderschön – doch es war eindeutig ein Gedicht eines Verliebten. Plötzlich fand er es albern und er überlegte, ob er denn wirklich so verliebt war wie diese Zeilen es verhießen.
„Und wenn schon“, dachte er, „dann ist es vielleicht eine Schwärmerei für Lea, weil sie einfach so nett ist, weil wir beide gut miteinander reden können oder beide die Leidenschaft zum See teilen. Verliebt sein ist doch etwas anderes“. Sein Gedicht schob er zwischen die leeren Blockseiten und zog ein neues leeres Blatt ab. Als er das zweite Gedicht durchlas, das er soeben auf das Papier gebannt hatte, stellte er fest, dass dieses nicht minder die Aussage eines Verliebten zeigte. Louis sah zum Himmel auf, der dabei war, eifrig Wolken für den Abend zu sammeln und fragte sich, was da gerade in ihm vorging. Jedenfalls beschloss er, Lea die Gedichte nicht zu zeigen. Was sollte sie dann von ihm halten? Das wäre sicher peinlich, dachte er … ein Mädel, das sicher einige Jahre jünger war, als er … und er war verliebt. Nein, er hatte sie einfach gern; was war schon dabei? In seiner Clique waren ebenfalls Mädels dabei, die er nett fand und die ihn ebenfalls gerne mochten und mit denen er viele Stunden verbrachte, wo viel gemeinsam gelacht und geredet wurde. Mit dieser Erkenntnis ging er noch einmal ins Wasser und schwamm eine Runde. Als er später vom See her einen Blick ans Ufer warf, erkannte er Lea wie sie geradewegs zum Stein spazierte und sich hinsetzte. Er sah, dass sie nicht ins Wasser kam und schwamm zurück. Als er bei Lea anlangte empfing sie ihn mit einem fröhlichen Lächeln um ihre schönen geschwungenen Lippen und einem strahlenden Blick, mit einem Blau, dass nur Neid der Grund des Himmels sein konnte, sich mit Wolken zu bedecken.
„Es ist zu kalt und ich bin zu müde“, war die heiter-trotzig ausgesprochene Begrüßung Leas, noch bevor Louis fragen konnte, warum sie nicht schon auf dem Weg zum Wasser sei.
„Das wolltest du doch sicherlich fragen …“, war ihr zweiter Satz und immer noch strahlte sie ihn an.
„Ich finde es schön, dass du trotzdem gekommen bist“, antwortete Louis, während er sich trockene Kleider anzog. Eine Welle der Freude umschlang ihn bei dem Gedanken, dass sie nur seinetwegen gekommen war. Und als hätte Lea es gespürt, sagte sie mit bestimmender Bemühung:
„Ja … du musst mir vorlesen und meine Füße massieren – die schmerzen ganz arg heute. Du hast es ja gesagt, dass du es machen willst“, dabei sah sie Louis an, der ein Grinsen nicht verbergen konnte.
„Ich verstehe“, sagte er mit einem Zwinkern.
„Was möchtest du zuerst: vorgelesen bekommen oder die Füße massieren?“
„Während du vorliest, kannst du ja die Fußmassage machen“, war die prompte Antwort, begleitet mit einem Lachen, das Louis zum ersten Mal von ihr so hörte. Sie lachten beide darüber und als Louis sein Manuskript herauszog, begann es vom Himmel zu tröpfeln. Der Wind wurde stärker und ein Blick zum Himmel verriet, dass es gleich ungemütlich werden würde.
„Vielleicht ist es besser, wenn wir uns hinter den großen Stein dort zurückziehen, da sind wir wenigstens windgeschützt“, schlug Louis vor und rasch hatten sie den Standort gewechselt. Hinter dem großen Stein war der Raum enger und so saßen sie sich näher, schwiegen geraume Zeit und lauschten dem stärker werdenden Regen, der in die Bäume peitschte, die hinter ihnen standen. Trotz der aufziehenden Nacht mit Regen und kühler Luft, war die Stimmung um die beiden ungetrübt und wundervoll mit Romantik erfüllt, dass Louis sich still wünschte, es möge die ganze Nacht so bleiben. Schnell wurde es zu dunkel, um vorzulesen und Louis packte das Manuskript wieder ein. Dann berührte er sachte Leas Bein und
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