Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
sollten. Immerhin leitete er in der Gemeinde St. Elisabeth in der Arndtstraße die Verwaltungsstelle für die katholische Jugend.“
„Denkst du an Missbrauch, Peter? Das müsste dann ja wahrscheinlich etliche Jahre zurückliegen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es in der nahen Vergangenheit für ihn möglich war, sich Kindern oder Jugendlichen so einfach zu nähern.“
„Das vermutlich nicht. Er müsste ungefähr zehn bis fünfzehn Jahre außer Dienst sein. Mögliche Opfer wären dann jetzt zwischen zwanzig und – je nach Zeitraum – vierzig oder mehr Jahre alt.“
„Wie willst du das jetzt noch herausfinden? Du glaubst doch nicht, dass die Kirche brisante Dokumente oder Protokolle aufbewahrt hat?“
„Wer weiß, es ist in letzter Zeit so vieles ans Licht gekommen. Lass uns aber erst mal seinen Rechner und die Wohnung kontrollieren. Pädophile können von ihren Vorlieben meist nicht lassen. Es wäre möglich, dass wir irgendetwas, irgendeinen Hinweis finden. Fotos, Dokumente, Briefe.“
Kruse und Hetzer überlegten, wie sie am besten vorgehen sollten.
„Nimm du das Wohnzimmer, ich fange im Arbeitszimmer an“, schlug Peter vor.
„Du, da habe ich eine andere Idee. Wir haben offiziell die Erlaubnis von Heide Brüderl, dass wir uns hier umschauen und den Laptop mitnehmen dürfen. Lass uns die Kollegen von der KTU anrufen. Wenn es irgendwelche Dinge gibt, die in diese Richtung weisen, werden es die Kollegen finden. Wir fahren zu Pfarrer Martin und klopfen einfach mal so auf den Busch. Ich habe da so ein Gefühl.“
„Du immer mit deiner weiblichen Intuition!“, lachte Peter. „An dir ist eine wunderbare Frau verloren gegangen. Du kochst gerne, bist häuslich, hast dein Leben im Griff. Also, ich würde dich glatt heiraten.“ Peter musste lachen, weil Hetzer so vollkommen doof aus der Wäsche guckte, dass er den anderen damit ansteckte. Sie hielten sich am Sofa fest vor Lachen. Die Kekse in Peter hüpften förmlich.
Die Täuschung
Sabine Schreiber, Leiterin der Bückeburger Außenstelle in der Schwenstraße, wollte soeben die Tür des Schaumburger Jugendamtes abschließen. Es war bereits weit nach 18 Uhr und schon dunkel. Als sie die Treppen hinabging, kam wie aus dem Nichts ein Mann auf sie zugelaufen. Er trug einen Trenchcoat und einen Hut und war sichtlich aufgeregt.
„Bitte kommen Sie schnell, Sie müssen mir helfen. Das Mädchen wird sonst totgeschlagen.“
Sabine geriet in Panik.
„Was sagen Sie da? Wo ist das? Wie alt ist das Kind?“
„Schnell, wir müssen nach Obernkirchen fahren, in den Weheweg. Es handelt sich um meine Nachbarn. Sie schlagen ihr Kind. Ich kann diese schrecklichen Schreie nicht mehr ertragen.“
Sabine Schreiber eilte mit dem Mann zu seinem Auto. Er hatte den Wagen vor dem Nachbarhaus geparkt.
„Ich rufe jetzt parallel die Polizei an. Wo ist das genau im Weheweg? Ich kenne mich nicht so genau in Obernkirchen aus.“
„Weheweg 47 bei Schröder. Mein Name ist Hildebrandt. Ich wohne in 49. Das Mädchen ist höchstens acht Jahre alt. Ich hatte neulich schon den Eindruck, dass da etwas nicht stimmt. Aber jetzt diese Schreie aus dem Keller.“
Sabine Schreiber zögerte keine Sekunde. Sie rief 110 an und schilderte den Fall. Gab die Adresse durch. Dass sie vor Ort warten sollten, war ihr sowieso klar gewesen. Sie hätte nicht im Traum daran gedacht, ohne Polizei in das Haus zu gehen.
Sie bat Herrn Hildebrandt, nach Obernkirchen in den Weheweg zu fahren und dort in einigem Abstand mit ihr zusammen auf die Beamten zu warten.
Hildebrandt fuhr sofort los.
Im Keller
Es tropfte. Susi stand im Heizungskeller. Gleich würde er kommen.
Die Heizung sprang an und ging wieder aus. Es tropfte. Und es stank entsetzlich nach Öl. Die Tanks hinter der Mauer waren schon Jahre alt.
Susi wartete. Auf ihn. Sie kannte das. Er schickte sie immer hier herunter, wenn sie Mist gemacht hatte. Angst. Die Angst lähmte sie. Nicht einmal im Traum wäre sie auf die Idee gekommen, davonzulaufen. Die Tür war nicht verschlossen. Oder aus dem Fenster nach Hilfe zu rufen. Sie hätte es einfach öffnen können. Aber sie war hier, weil er es gesagt hatte. Dagegen gab es keinen Widerspruch. Das hätte alles noch schlimmer gemacht.
Es tropfte, wieder sprang die Heizung an. Susi zählte die Sekunden, bis sie wieder ausging. 22 und dann wieder 148, bis sie erneut in Betrieb ging. An und aus und an und aus. Sie malte mit der Schuhspitze Muster auf den Boden, die man nicht sah. Er würde sie
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