Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
konnte ihn kaum erkennen, da er Mundschutz und Haube trug.
„Um Himmels willen, was ist passiert?“, rief Sabine erschrocken. Sie konnte sich an nichts erinnern.
„Keine Angst, Sie werden es überleben. Wir haben Sie mit einer Notoperation gerettet. Und nun schlafen Sie erst mal ein bisschen.“
Über den venösen Zugang spritzte er ihr Fortral und Sabine schlief wieder ein.
Pfarrer Martins Vermutung
Kruse und Hetzer mussten warten, bis Pfarrer Martin endlich Zeit für sie hatte. Sie hätten auch nicht gewollt, dass er seine Bibellesestunde unterbrach. Nach und nach verabschiedeten sich die Frauen von ihm und wünschten ihm einen schönen Abend.
„Bitte kommen Sie in mein Büro, meine Herren“, sagte er und bot ihnen einen Platz in der Sitzecke an.
„Wir kommen heute mit einer etwas delikaten Frage zu Ihnen.“
„Nur raus damit, mir ist nichts Menschliches fremd, glauben Sie mir. Ich denke, es gibt fast nichts, was ich noch nicht gehört habe, beziehungsweise nichts, mit dem ich mich noch nicht auseinandersetzen musste, ob ich wollte oder nicht.“
„Dann wird das, was wir fragen wollen, vermutlich demnächst dazugehören. Was wissen Sie über das private Leben von Josef Fraas? Vor allem in Hinblick auf die Beziehungen zu den Menschen, von denen er umgeben war.“
„Darüber weiß ich wenig. Da ist mir wenig bekannt. Vermuten Sie, dass der Täter ein Bekannter von Josef war?“
„Nicht unbedingt. Uns interessieren viel mehr eventuelle Beziehungen, gefühlsmäßig oder sexuell.“
„Ah, daher weht der Wind. Da brauchen Sie sich doch für Ihre Fragen nicht zu schämen. Es ist doch klar, dass – besonders in diesem Fall – eine solche Frage kommen muss, wenn jemand im Zölibat lebt. Aber ich kann Sie beruhigen. Es ist niemals auch nur der Verdacht aufgekommen, dass Pfarrer Fraas ein Verhältnis hat. Nicht einmal mit seiner Haushälterin. Oder er muss es besonders geschickt angestellt haben. Aber das wäre auch kein Grund, ihn zu ermorden, oder?“
„Haben Sie jemals davon gehört, dass er eventuell auch Männern zugeneigt gewesen sein könnte?“
„Niemals“, antwortete der Geistliche. Hetzer hatte den Eindruck, als ob er auf der Hut war.
„Hat es jemals – auch nur als Verdacht – Übergriffe auf Jugendliche oder Kinder gegeben? Ich meine, die Möglichkeiten sind hier ja groß.“
„Nein, nie. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss zur Chorprobe.“
Mit diesen Worten öffnete er die Tür und verabschiedete sich.
„Das war jetzt aber plötzlich, Wolf.“
„Da haben wir wohl doch eine empfindliche Stelle berührt. Was meinst du? Ich bin gespannt, ob die KTU was findet.“
„Ich nicht“, Hetzer sah Peter verständnislos an, „ich habe jetzt Feierabend. Mich interessiert das erst morgen wieder. Hast du mal auf die Uhr gesehen?“
„Oh je, schon so spät. Ich glaube, ich muss Moni jetzt mal zum Essen einladen. Wenn ich sie nicht hätte.“
„Tja, dann müsstest du etwas strukturierter leben. Würde dir auch nicht schaden.“
Peter brummelte vor sich hin und sagte kein Wort mehr, bis sie sich auf dem Hof der Wache am Hasphurtweg verabschiedeten.
Ja, die Tage sind zu lang, dachte Hetzer. Aber eins ergibt sich aus dem anderen. Es werden auch wieder ruhigere Zeiten kommen.
Moni
Als Hetzer an diesem Abend nach Hause kam, lag ein Zettel auf dem Tisch.
Darauf stand: Alle sind gefüttert, Emil ist schon im Stall, die Katerbrüder gestreichelt und mit Gaga bin ich eine Stunde im Wald gewesen. Arbeite nicht so viel. Gönn dir auch mal eine ruhige Stunde. Der Eintopf steht im Kühlschrank. Liebe Grüße, Moni
Ja, sie war wirklich ein Schatz. Er hatte nämlich heute wirklich überhaupt keine Lust, zu gar nix mehr. Kein wirkliches Wochenende, lange Abende – das forderte seinen Tribut. Nicht einmal ein Feuer wollte er noch anzünden. Einfach noch essen und dann ab ins Bett. Mehr oder weniger vorsichtig näherte er sich dem Topf im Kühlschrank. Als er das letzte Mal einen Deckel hochgehoben hatte, war ihm der Appetit vergangen. Jetzt duftete ihm ein Kohleintopf entgegen. Auf einem Teller neben dem Topf lagen vier Kohlwürstchen. Er holte sich einen Suppenteller, legte zwei von den Würstchen hinein und schöpfte den Eintopf darüber, der völlig fleischlos war. Ein Glück. Nach drei Minuten in der Mikrowelle stand der dampfende Teller vor ihm. Der Rest würde für morgen reichen. Mit dem Sattsein kam die Müdigkeit. Doch er wollte noch schnell Moni anrufen und sich bei
Weitere Kostenlose Bücher