Heuchler
und antwortete in einer Lautstärke, die sie sich ihm gegenüber noch nie erlaubt hatte: »Er ist nicht ein SOLCHER Junge und er hat es auch nicht mit Absicht getan. Vielleicht hat diese bescheuerte Hanna ihm ja einen Computervirus geschickt, oder was weiß ich …« Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und schloss sich im Badezimmer ein. Mike schüttelte hilflos den Kopf, ging einige Male in dem Wohnraum umher und verließ dann das Haus in Richtung See . Vielleicht sollte ich solche Gespräche wirklich besser Petra überlassen , dachte er und machte sich eine Zigarette an.
Katja verließ das Badezimmer, hängte das Handy an den Strom und löschte alle ihre Nachrichten. Dann zog sie sich um und versuchte im Pool auf andere Gedanken zu kommen.
Der restliche Tag verging in gedämpfter Stimmung. Ihre Eltern und Felix kamen am Nachmittag wieder vom See zurück und jeder versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und normal mit der Ältesten umzugehen. Es war einer dieser Tage, an denen Katja froh war, einen Bruder zu haben, denn er war der Einzige, der sich nicht verstellen musste. Felix war begeistert von der Aufmerksamkeit seiner Schwester, die sonst nur genervt von ihm war, sich jetzt aber sogar seine neuesten Nintendo-Spiele zeigen ließ. Nur einmal fragte er, was denn passiert sei und warum ihre Eltern so sauer auf sie gewesen waren. Doch Katja vertröstete ihn auf irgendwann und Felix genügte das als Antwort.
Kurz vor dem Abendessen beschlossen die beiden noch einmal in den Pool zu springen. Der Himmel hinter den Glasscheiben hatte sich inzwischen Katjas Stimmung angepasst und wurde immer dunkler. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Regen kam.
Auch das Abendessen verlief mehr oder weniger schweigend. Draußen begannen die ersten Tropfen zu fallen, als Petra ein Gespräch versuchte: »Was machen wir denn in der nächsten Woche? Frau Kaspar hat mir auf dem Fest erzählt, dass das Wetter völlig umschlagen soll und auch Stürme nicht ausgeschlossen sind.«
»Wir fahren heim«, brummte Mike, dessen Laune sich noch weiter verschlechtert hatte. Alle drei protestierten und selbst Katja, die eigentlich nicht mit ihrem Vater sprechen wollte, stellte fest: »Na super, da sind wir einmal alle paar Jahr im Urlaub und fahren dann früher heim.« Und auch Felix unterstützte sie: »Wir haben doch einen Pool und es regnet bestimmt nicht ununterbrochen.« Petra sah ihre beiden Kinder mit dem Lächeln einer Mutter an. Sicherlich, die beiden hatten ihre eigenen Gründe, warum sie noch bleiben wollten, aber auch sie hatte die letzten Tage mit ihrer Familie genossen. Ein Gefühl von mütterlicher Wärme durchzog sie, dann legte sie ihre Hand auf die von Mike und sagte einfach: »Uns wird schon etwas einfallen. Und wenn das Wetter ganz schlimm wird, können wir immer noch heimfahren. Aber lass uns jetzt bitte noch nicht darüber nachdenken.«
»Das könnt ihr nicht!«, rief ER laut in seiner Höhle. »Ihr werdet eure Strafe entgegennehmen, und wenn ich euch die Augen geöffnet habe, werdet ihr mir danken!« Der Regen wurde stärker und er konnte nur noch bruchstückhaft verstehen, was in der Hütte geredet wurde, aber das war egal. Es war an der Zeit dem Dämon die Führung zu überlassen und er kannte seine Pläne. Er wusste, dass diese Familie noch nicht reif war; er wusste, dass sich der Dämon viel Zeit für ihre Bestrafung nehmen würde. So war es immer gewesen und so wird es immer sein!
Was passierte, wenn man es zu schnell tat, hatte er bei dem Polizisten gesehen. Der kurze Augenblick seiner Schüsse hatte nicht gereicht, um ihn auf den rechten Pfad zu führen. Noch nicht einmal der Tod des Jungen hinter dem Spiegel hatte gereicht. Es hatte den Polizisten verletzt statt ihn zu heilen, sonst hätte er den Sinn begriffen und sich das Leben genommen. Doch stattdessen machte er weiter wie zuvor, heuchelte Liebe und Loyalität, wo in Wirklichkeit nur Egoismus war.
Er schüttelte die Gedanken ab. Denn es war an der Zeit sich vorzubereiten!
– 18 –
Kurz vor Mitternacht streckte Sjören seine Hand aus dem Dachfenster und stellte erleichtert fest, dass der Regen wieder aufgehört hatte. Dann tauschte er den Schafanzug gegen die dunkle Straßenkleidung, öffnete seine Tür und lauschte hinunter. Als nichts als das leise Schnarchen seines Vaters zu hören war, setzte er vorsichtig den linken Fuß auf die erste Stufe. Nichts knarrte, er hatte die richtige Stelle erwischt und so machte er weiter, bis er im ersten Stock
Weitere Kostenlose Bücher