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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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doch diese ließ seinen Magen verkrampfen. Wieder ohne jedes Gefühl in der Stimme sagte der Mann: »Ich bin kein Jäger, ich bin euer Richter! Und mein Urteil ist bereits gefallen!«
»Was?«, stotterte Sjören verwirrt. Sein erster Impuls war es, wegzulaufen, aber dann würde es nur noch Katja und diesen Irren in diesem Wald geben und das konnte er nicht zulassen. Mich schlägt er vielleicht nur, aber was er mit Katja machen würde … Weiter wollte Sjören gar nicht denken.
Dann sprach der Mann erneut: »Ich weiß, dass du nichts für deine Scheinmoral kannst, aber du musst begreifen, dass es nur einen Weg der Erlösung gibt.«
Sjören schüttelte den Kopf: »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen?«
Die Stimme des Mannes wurde eindringlicher: »Natürlich hast du keine Ahnung! Deine Eltern heuchelten dir Liebe vor. Dabei warst du für deinen Vater nur das Mittel zum Zweck, um deine Mutter an sich zu binden. Wie solltest du es bei Hanna und Katja besser machen? Deine Seele ist verwüstet, da kann man nichts mehr retten!«
Sjören verstand nichts von alledem, was der Fremde zu ihm sagte und langsam wandelte sich seine Angst in Belustigung. Frech und mit neuem Mut fragte er: »Haben Sie noch alle Tassen im Schrank? Ich würde sagen, Sie gehen jetzt zurück in die Anstalt, aus der Sie gekommen sind, sonst rufe ich die Polizei!«
Unbeeindruckt und den Blick starr auf Sjörens Haare gerichtet, redete der Mann weiter: »Es war mir schon vorher klar und jetzt weiß ich es sicher. Mit deiner Seele kann man nichts mehr anfangen. Aber du sollst wissen, dass dies alles nicht ohne Sinn geschieht. Für den kleinen Felix habe ich noch Hoffnung und vielleicht führt dich das Opfer, das du erbringen wirst, doch noch ein Stück näher an das Licht der Erlösung.«
Bei dem Wort Opfer verwandelte sich Sjörens Belustigung zurück in gesunde Angst. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg und fand diesen schließlich am Boden liegend. Knapp einen halben Meter neben ihm schimmerte sein im Dreck liegendes Handy. Er sah das Gerät als seine einzige Chance. Denn zum einen musste er die Polizei anrufen und zum anderen, und das war viel wichtiger, musste er Katja warnen. Während er so tat, als würde er seine immer noch ziehende Schulter etwas lockern, machte er einen kleinen Schritt zurück und stellte erleichtert fest, dass der Verrückte dies zuließ. Noch immer stand der Mann kerzengerade vor ihm, hielt die Hände hinter seinem Rücken versteckt und sah aus, als würde er militärisch stillstehen.
»Sie verschwinden jetzt!«, wiederholte Sjören seine Aufforderung, ließ sich dabei aber zur Seite fallen und versuchte mit seiner Hand an das Handy zu kommen. Doch er verfehlte es und schon eine Sekunde später verhinderte der schwere Stiefel, dass er nachfassen konnte.
Mit aller Willenskraft befahl er seinem Fuß, die Handknochen des Jungen nicht zu brechen, denn das hätte alles gefährdet. Seine Hände waren allerdings nicht so barmherzig. Sie wollten nicht verletzen, sie wollten töten! Der Dämon entfaltete all seine Kraft und beschleunigte den Stein so lange, bis der Sjörens Kopf erreichte. Es war lange her, dass er eine reife Melone aufgeschnitten hatte, aber das Geräusch, welches beim ersten Aufplatzen entstand, war exakt das gleiche wie bei diesem Schädel, der gerade brach. Den Leib des Jungen durchzuckten letzte Nervenreflexe, dann sackte er zusammen und blieb mit weit aufgerissenen Augen liegen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Triumph in ihm legte und er endlich sein Werk zu Ende bringen konnte. Er hatte schon viel über Orgasmen gelesen, aber diese konnten mit Sicherheit nicht das auslösen, was er in so einem Moment verspürte, und er wusste, dass dieses Gefühl noch lange anhalten würde.
Viel hatte er nicht zu tun, und im Schutz der Dunkelheit konnte er alles mit Genuss erledigen. Zuerst wischte er seinen Stiefelabdruck von Sjörens Hand, dann zog er ihn ein kleines Stück in die seitliche Böschung und öffnete ihm die Hose. Das Handy kam nach einer kurzen Kontrolle wieder in die Gürteltasche. Der Junge hatte alles Nötige darauf gespeichert, sodass er nichts mehr manipulieren musste. Dann wurde noch das wichtigste Requisit fallen gelassen und die eigenen Fußabdrücke verwischt. Zufrieden warf er einen letzten Blick über die Szenerie und verschwand anschließend im Wald.

– 19 –
     
     
    Der Sonntagmorgen begann wolkenverhangen und um einige Grad kühler. Mike war schon um 7 Uhr wach und ging hinaus

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