Heuchler
Familie keine Zeit geben, um sich abzusprechen. Jedenfalls hätte es Mike so gemacht, von daher hatte er sogar ein gewisses Maß an Verständnis dafür. Diesmal machte er sich nicht Mühe vor die Tür zu gehen, sondern wartete, bis sie anklopften.
»Geht es Ihrer Tochter wieder besser?«, fragte Langström, ohne zu grüßen.
»Kommen Sie herein und tun Sie, was Sie tun müssen, damit dieser Alptraum endlich ein Ende nimmt«, antwortete Mike genervt und angespannt. Die beiden Männer betraten das Haus und sahen sich um, als erwarteten sie, dass irgendwo ein blutiges Kleidungsstück herumlag.
»Meine Tochter ist in ihrem Zimmer. Ich hole sie!«, sagte Mike und warf Petra, die völlig fertig auf dem Sofa saß, einen vielsagenden Blick zu. Doch als Mike zum Zimmer gehen wollte, hielt ihn Karlson zurück und sein Kollege sagte: »Nicht nötig, wir gehen zu ihr!«
Doch so einfach wollte Mike es den beiden nicht machen: »Also, entweder Sie lassen mich an dem Gespräch teilhaben, oder wir warten, bis ein Anwalt hier ist.« Bissig fügte er hinzu: »Bestimmt gibt es auch in diesem Land Rechte und Sie haben sicher auch gewisse Vorschriften einzuhalten!«
Langström übersetzte, und kurz darauf saßen alle vier um den Esstisch des Hauses. Die beiden Polizisten musterten Katja und begannen die Befragung mit »Wie gut kanntest du Sjören?« .
Katja erzählte alles, was ihr von der vergangenen Woche einfiel. Mehr als einmal musste sie zu einem Taschentuch greifen, aber wenigstens dafür gaben ihr die beiden Beamten genug Zeit. Nach einer halben Stunde mischte sich dann Mike, der bisher nur zugehört hatte, zum ersten Mal ein: »Ich denke, es reicht jetzt langsam, Sie sehen doch, wie es meiner Tochter geht und ich denke, sie hat Ihnen alles erzählt, was sie wusste.«
Tatsächlich hatte Katja inzwischen schon blutunterlaufene Augen und als Kontrast dazu eine gelblich-weiße Gesichtsfarbe. Schlimm genug, was passiert war, aber jetzt wurde sie auch noch gezwungen, sich alles wieder in ihre Erinnerung zu rufen.
»Ein paar letzte Fragen noch …«, sagte Langström, ohne Widerworte zu dulden, »… wo warst du letzte Nacht, wie kommt deine Unterwäsche an den Tatort und wann hast du Sjören das Treffen per SMS vorgeschlagen?«
Katja riss sich sichtlich zusammen, was ihr anfangs auch gelang: »Ich habe Sjören diese SMS nicht geschrieben, vielleicht war es diese bekloppte Hanna.«
»Von deinem Handy aus?«, fragte Langström stirnrunzelnd und fuhr fort: »Wo ist dein Handy jetzt?« Mit dieser Frage streckte er fordernd die Hand über den Tisch. Katja sah verzweifelt zu ihrem Vater, aber dieser nickte. Dann zog sie das Gerät aus der Hosentasche und legte es in die Hand des Polizisten, der es mit einer Tüte umgriff und dann hineinfallen ließ. »Du bekommst es wieder, wenn wir es untersucht haben. Also weiter …«
Katja sah ihn finster an und bei dem Gedanken, dass sie jetzt auch noch ihre privatesten Nachrichten lesen würden, wurde sie wütend. Pampig sagte sie: »Wie mein Slip dorthin gekommen ist, weiß ich auch nicht!«
»Um welchen geht es denn?«, mischte sich Petra vom Sofa herauf ein und Katja sagte müde: »Um den mit den Herzchen drauf. Ich habe ihn in meinem Zimmer zu der Schmutzwäsche gelegt.« Petra schüttelte den Kopf: »Die habe ich gestern zu meinen schmutzigen Sachen geschüttet und dieser Slip war mit Sicherheit nicht dabei.«
»Woher wollen Sie das so genau wissen?«, fragte Langström.
»Weil ich die Sachen gleich nach Farben trenne und jedes Teil in der Hand hatte«, antwortete Petra in einem Ton, der deutlich zeigte, dass sie nicht gerne angezweifelt wurde.
Langström gab sich offensichtlich mit dieser Antwort zufrieden und drehte sich wieder zu Katja: »Und wo warst du letzte Nacht?«
Katja schüttelte verzweifelt den Kopf, dann brüllte sie fast: »In meinem Bett, aber das glauben Sie mir ja sowieso nicht!« Dann sprang sie auf, rannte in ihr Zimmer und zog die Tür lautstark hinter sich zu. Auf dem Bett brachen schließlich alle Dämme und sie weinte laut schluchzend in ihr Kopfkissen.
Für einen kurzen Moment herrschte Stille im Raum, dann sah Karlson auf die Uhr, sagte ein paar Worte zu Langström und zu Mikes Überraschung machte dieser dann den Vorschlag: »Heute ist Samstag und die Läden haben noch zwei Stunden geöffnet. Wenn Sie wollen, können Sie in den Ort fahren und etwas einkaufen. Es versteht sich aber von selbst, dass Sie dann wieder hier herkommen und auch hier bleiben. Wir sind für
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