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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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Sachverhalte in wenigen Worten niederzuschreiben und so hatte er in den vier Kurznachrichten alles Wesentliche geschildert.
Auch wenn es überhaupt nichts mit Mikes Problemen zu tun haben musste, hatte er das Gefühl, dass diese ominöse E-Mail und Henriks Verschwinden in irgendeinem Zusammenhang standen. Vielleicht war es auch nur der berühmte Strohhalm, an den er sich klammerte, aber es konnte auf keinen Fall schaden, der Sache weiter nachzugehen.
Entschlossen griff er erneut zum Handy und verschob das geplante Treffen mit seiner Ärztin. Dann zog er die Anzughose wieder aus und stattdessen seine Jeans an, ging in den Keller seines Hauses und holte das Fahrrad heraus.
Dieses Mal schaffte er die Strecke in wesentlich kürzerer Zeit und ohne Zusammenbruch. Schwer atmend stellte er sein Rad an einen Laternenpfahl und schloss es mit der Kette ab. Noch immer sahen die Fenster von Henriks Wohnung unbewohnt aus.
Nachdem sich auch nach dem dritten Betätigen der Türglocke nichts rührte, versuchte Peter sein Glück und drückte einfach gegen die alte Haustür, welche tatsächlich nachgab. Das Treppenhaus hatte den typisch muffigen Geruch alter Häuser und dazu passend bestand die Treppe aus abgetretenen Holzstufen, die furchtbar knarrten. Henriks Tür unterschied sich in nichts von den anderen im Haus. Nur dass ein paar schmutzige Turnschuhe davor standen, die aussahen, als wären sie gerade benutzt worden. Wieder betätigte Peter den Klingelknopf. Alles blieb still. Im ersten Augenblick irritierte ihn irgendetwas, bis er draufkam, was es war. Man hörte nichts, auch nicht den Ton einer Glocke. Entschlossen klopfte er an der Tür und tatsächlich dauerte es nur wenige Sekunden, bis ein Schlüssel umgedreht wurde und die Tür sich öffnete.

Der Nachmittag in Finnland verging, ohne dass sich die Stimmung aufhellte. Einzig Felix schien die Umstände etwas besser zu verkraften, vielleicht weil sein kindliches Gemüt den Ernst der Lage nicht erfassen konnte. Als der Abend hereinbrach und es langsam dunkel wurde, stieg Mikes Anspannung merklich an. Der Gedanke, noch eine weitere Nacht hier, fernab der Ortschaft und ohne Handyempfang zu verbringen, grub sich immer tiefer in seinen Kopf hinein. Unter normalen Umständen hatte er kein Problem damit, da es tatsächlich so war, wie er am ersten Tag sagte. In jeder Stadt war es unsicherer als in der Natur. Aber die Umstände hatten sich grundlegend geändert und er konnte seine Angst nicht einfach wegdrücken.
Kurz bevor das letzte Licht des Tages verschwand, ging er zu seinem Auto. Dort holte er die Taschenlampe und den kleinen Schlagstock aus Gummi mit Stahlkern, den er immer mitdabeihatte, aus dem Kofferraum. Dann verschloss er sorgfältig alle Türen und Fenster des Hauses und fragte danach, ob jemand eine Idee für den Abend hatte.
Petra schlug ein Kartenspiel vor und tatsächlich versuchten sich alle darauf zu konzentrieren, um etwas auf andere Gedanken zu kommen. Gegen 22 Uhr beschlossen, sie ins Bett zu gehen und Mike kontrollierte noch einmal die Türen, bevor er sich zu Petra ins Bett legte. Eng umschlungen schafften es beide einzuschlafen, nur Katja lag noch lange wach und weinte still in ihr Kissen.

»Was haltet ihr von einem Spaziergang?«, schlug Petra am nächsten Morgen vor, sah dann aber zu Mike und fragte: »Das dürfen wir doch, oder?«
»Solange wir nicht bis zur Staatsgrenze laufen, sollte das kein Problem sein. Ich kann ja an der Tür einen Zettel anbringen, bevor wir noch Ärger mit den netten Herren von der hiesigen Polizei bekommen.« Felix stimmte sofort zu, nur bei Katja mussten sie ein wenig drängeln.
Es dauerte ein bisschen, bis jeder seine Schlechtwetterklamotten gefunden hatte, dann verließen sie das Haus und Mike befestigte ein Blatt Papier an der Tür, auf dem stand: »Wir sind nicht geflüchtete, sondern machen nur eine kleine Wanderung. Meine Handynummer haben Sie ja bereits!«
Petra sah sich unentschlossen um: »In welche Richtung wollen wir?«, worauf Felix sofort »Am Strand entlang!« antwortete. Da sich niemand den Berg hinaufquälen wollte, waren alle einverstanden und der Jüngste übernahm die Führung. Sie umrundeten das Haus, überquerten den Garten und folgten dann dem Strand in Richtung des hinteren Teils des Sees.
Dass der Zettel sofort, nachdem sie außer Sichtweite waren, gelesen wurde, konnten sie nicht ahnen.
Nach einer halben Stunde machte die Familie Rast und Mike lud seinen Rucksack ab. Sie setzten sich auf einen

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