Auch die Sedcards befinden sich im Umschlag: eine DIN- ganz Paris verteilt. Ich könnte mir ein Auto mieten.«
»Und dann im Stau steckenbleiben. Die Metro ist wenigstens pünktlich«, sagt Pia, die durch ihre Besuche bei der Großmutter eine erfahrene Metrofahrerin ist.
»Ich fahre Taxi!«, beschließt Jessica.
Pia lacht. »Wenn deine Eltern Millionäre sind, bitte. Taxifahren in Paris ist unbezahlbar.«
»Du hast es gut. Du sprichst Französisch und kennst dich hier aus. Wieso eigentlich?«, will Vanessa wissen.
»Meine Mutter ist … war … Französin. Sie ist aber schon vor neun Jahren gestorben. Hier in Paris.«
Betroffenes Schweigen, das schließlich von Gina mit der Frage unterbrochen wird: »Kommt man auch mit Englisch weiter?«
»Eher nicht. Sei froh, dass wir nicht in Japan sind. Da kannst du noch nicht mal die Buchstaben erkennen.«
»Mann! Paris hab ich mir ganz anders vorgestellt. Was ist mit shoppen? Nach dem Plan fall ich abends bestimmt tot ins Bett«, schimpft Vanessa.
Auch die Sedcards befinden sich im Umschlag: eine DIN -A-5-große Postkarte mit vier der besten Fotos, die nach dem Umstyling gemacht wurden. Zudem sind der Name, die Bodymaße und die Agentur von Herrn Kyle darauf verzeichnet. Jede hat fünfundzwanzig Stück bekommen, um sie nach jedem Casting auf dem Set zu lassen, falls der Kunde Kontakt aufnehmen möchte. Für einen Moment vergessen sie die Unsicherheit der kommenden Tage.
»Wow, geil. Tolles Gefühl!«
»Ich hatte schon mal eine!«, sagt Gina. »Aber du musst ja immer die neuesten Fotos haben, damit der Kunde genau weiß, wie du aktuell aussiehst.«
Pia sagt nichts, obwohl sie zu Hause in ihrer Schreibtischschublade eine ganze Mappe mit Sedcards besitzt. Jedes Mal, wenn ihre Mutter eine neue bekam, hat sie Pia eine geschenkt. Eine Dokumentation über die Stationen ihres Modellebens, die Pia bis heute hütet wie einen kostbaren Schatz. Auch als die Mutter noch lebte, gab es oft wochenlang nichts anderes als die Fotos von ihr. Sie sind der Vernichtungswut des Vaters nach ihrem Tod wie durch ein Wunder entgangen.
Aber jetzt hält sie zum ersten Mal ihre eigene in der Hand. Was würde die Mutter wohl sagen, wenn sie sie jetzt sehen würde? Sie hatten gemeinsam einen Traum und den muss Pia nun alleine leben. Der Vater, ihre Mannschaftskameradinnen und die Trainerin, selbst Leon, all das ist in diesem Moment unendlich weit entfernt, so als gehörte es nicht mehr zu ihrem Leben.
Kapitel 19
ft sie auf Französisch und zeigt auf die Bergtesten
Pias Model- WG liegt im 11. Stock eines Hochhauses im Pariser Vorort Villiers-le-Belle. Sie weiß, dass noch drei weitere Models in der WG wohnen, aber als sie an diesem Morgen hereinkommt, trifft sie nur auf eine ältere Frau, die in der Küche sauber macht.
»Bonjour, Madame!«, begrüßt Pia sie freundlich.
Aber die Fremde hat offensichtlich schlechte Laune: »Wie können drei Mädchen so viel Dreck machen?«, schimpft sie auf Französisch und zeigt auf die Berge an schmutzigem Geschirr im Spülbecken. »Hat eure Mutter euch nicht beigebracht, dass man nach dem Essen abwaschen muss? Und den Balkon könnt ihr selber leerräumen. Dafür werde ich nicht bezahlt.«
zusammen, die sie interessiert betrachtet.
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