Heute morgen und fuer immer - Roman
seine Sicherungen durchgebrannt waren, was es aber nicht entschuldigen sollte.
»Ich glaube, jetzt haben dich wirklich alle kennengelernt, lass uns gehen!« Ich zog Valentin, der sich wieder beruhigte und dem die Aktion langsam peinlich war, nach draußen. Plötzlich verabschiedeten sich alle sehr freundlich von uns, von Getuschel oder verstohlenen Blicken war nichts mehr zu spüren. Helene, völlig berauscht von der Schlägerei, war ganz aus dem Häuschen.
»Dem Schleimiger hast du's aber gegeben, ich hätte ihm am liebsten auch noch eine mitgegeben!«
Valentin sah sie belustigt an und fuhr dann ernster fort. »Bist du nicht eigentlich Krankenschwester? Habt ihr nicht auch 'nen hippokratischen Eid zu leisten, wie die Ärzte? Hör mal, ich hasse den Schleimiger, und als er euch beleidigt hat, sind bei mir die Sicherungen durchgebrannt, aber stolz bin ich wahrlich nicht, dass ich ihn nicht anders in Schach halten konnte. Außerdem tut das sauweh! Sich zu prügeln ist nicht mein Ding! Und wenn du jetzt deinen Blutrausch einstellen könntest, wäre ich dir sehr dankbar!«
Kleinlaut entschuldigte sich Helene, aber ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass Valentin ab heute ihr Held war.
Kapitel 27
Schlussakt im Duett
»Oh Mann, ich bin leider echt nervös, dabei bin ich doch kein Mädchen!«
Hach, es tat so gut, dass es nicht ich war, die dieses Mal vor Lampenfieber fast umkam! Dazu kam ich nicht, denn ich war viel zu beschäftigt, Valentin zu beruhigen. Ich konnte ihm ansehen, dass er im Moment nicht mehr wusste, warum er die Idee, einen Abend mit Liebesstücken zu spielen, zuvor als gut empfunden hatte.
»Nee, wenn du ein Mädchen wärst, würdest du nicht zicken und das locker durchstehen!«, foppte ich Valentin, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. So lange hatten wir geübt und uns auf diesen Abend gefreut. Nur eine kleine Veranstaltung sollte es werden. Halb privat, halb geschäftlich war der eingeladene Kreis. Valentin mit seiner wiederentdeckten Liebe zum Cello spielte inzwischen häufig und mit Leidenschaft. Es war so schön mitanzusehen, denn seit er die Musik wieder in sein Leben ließ, war er zufriedener und ausgeglichener. Er wirkte plötzlich so, als ob er wieder ganz sei, zuvor hatte ich gespürt, dass irgendwas fehlte. Und langsamere Stücke, aber auch schnelle, wenn sie nicht zu lange gingen, konnte er wunderschön und mit intensivem Ausdruck spielen. Gemeinsam hatten wir Stücke für Klavier und Cello gesucht, das ganze »Einen Abend an die Liebe« getauft und dazu eingeladen.
»Denk daran, keiner erwartet von dir Konzertreife. Alle wollen dir nur Gutes, außerdem bin ich an deiner Seite!«
Valentin schien sich zu entspannen, seine angestrengte Stirnfalte zumindest glättete sich. Zärtlich drückte er meine Hand. »Na, dann wollen wir zwei Invaliden mal, was?«, sagte er und brachte ein Lächeln zustande.
Zum Glück traf das für meine Hand nicht mehr zu! Sie war völlig geheilt und so gut wie früher, sodass ich mich bereits für zwei Konzerte gemeldet hatte. Der kleine Salon war voll, die Gäste saßen gespannt da und schauten uns erwartungsvoll an. Als wir hereingingen, gab es Applaus. Valentin und ich stimmten noch ein Mal das Cello auf das Klavier ab, sahen uns kurz an und begannen mit einem Stück von Mozart. Falls Valentin eben noch aufgeregt gewesen war, merkte man ihm nichts mehr an. Völlig aufeinander abgestimmt, musizierten wir im Einklang, und jeder, der nicht taub war, konnte spüren, dass hier wirklich Liebe floss, eine Liebe, die viele Hürden und Grenzen überwinden musste, die erkämpft war, für die gelitten worden war und die eine solche Macht ausübte, dass sie sich über alles hinwegsetzte und alle noch so schwierigen Komplikationen hatte meistern können. Sie war verdient, nicht leicht und unbeschwert, wie eine junge, frische Liebe, aber dafür bewusst, als wertvoll betrachtet und etwas, das sich um jeden Preis zu schützen lohnte. In den kleinen Pausen konnte ich sehen, wie Helene und Omi sich die Augen wischten, sie waren immer gerührt, wenn ich spielte, zusammen mit Valentin gab es ihnen wohl den Rest. Omi, die mit ihrem Kurschatten, einem ehemaligen Förster, inzwischen richtig liiert war, hielt abwechselnd ihm und Helene das Händchen, was rührend anzusehen war. Maxi und Nele sahen eher gelangweilt aus, was ich ihnen nicht verübeln konnte, dafür wirkten Ulrike und Georg sehr gelöst und glücklich über die Entwicklung. Ja, es hatte sich gelohnt, das
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