Heute schon geträumt
immer.
»Offenbar gibt es da ein paar Projekte, die ziemlich erfolgversprechend aussehen.«
»Ehrlich? Das klingt ja … interessant.«
Manchmal habe ich einfach keine Lust, über Dinge wie Pensionsvorsorge nachzudenken. Ich meine, ich mag ja in vier Tagen 32 werden - aber ich gehe deshalb noch lange nicht auf die 100 zu. Manchmal wäre es einfach nett, sich keine Gedanken über die Zukunft machen zu müssen, sondern nur ans Hier und Jetzt zu denken. Spontan zu sein. Sich zu amüsieren.
»Zwei grüne Thai-Currys und ein gemischter Blattsalat?«
Ich sehe den Barmann mit drei Tellern in der Hand vor uns stehen.
»Bio, nur für den Fall, dass Sie fragen«, erklärt er spitz mit einem Seitenblick auf mich.
»Ja, bitte«, sagt Miles. »Den Salat teilen wir uns. Ist das in Ordnung, Liebling?«
»Natürlich.« Ich strahle ihn an, ohne den Barmann zu beachten. »Das sieht köstlich aus!«
Miles reicht mir eine Serviette. Spontan beuge ich mich vor und gebe ihm einen Kuss.
Da - wir können doch spontan sein und uns amüsieren.
Das Problem ist nur, dass ich mein Ziel verfehle und sein Weinglas umstoße.
»Oh, Scheiße.Tut mir leid.«
»Hoppla, beinahe.« Miles fängt das Glas in letzter Sekunde auf, bevor der Rotwein alles vollspritzen kann. »Puh, gerade noch mal gut gegangen.« Er stellt es wieder vor sich ab und lacht leise. »Hätte ziemlich peinlich werden können, was?«
»Ja.« Aus dem Augenwinkel sehe ich den Barmann und wende eilig den Blick ab.
Jetzt komme ich mir endgültig wie eine tollpatschige Idiotin vor.
Es entsteht eine kurze Pause, und ich überlege, ob ich meinen Kussversuch wiederholen soll, aber irgendwie ist der Augenblick verflogen.
»Mmm, das sieht wirklich köstlich aus, was?« Miles greift nach seiner Gabel.
»Äh … ja … köstlich.« Ich tue es ihm nach. Schweigend wenden wir uns unseren Tellern zu und beginnen zu essen.
Kapitel 5
Laptop? Da.
Aktentasche. Da.
BlackBerry? Wo?
Es ist der nächste Morgen, und wie üblich hetze ich durch die Wohnung und gehe meine Liste durch, damit ich nichts vergesse.
Okay, ich glaube, das war’s.
Ich nehme die Schlüssel, knalle die Tür hinter mir zu und laufe die Treppe hinunter, steige in den Wagen, setze zurück, schere aus der Parklücke aus und fädle mich in den Berufsverkehr ein.Vor mir steht das Umleitungsschild, und als sich die Fahrzeuge auf eine Spur einfädeln, ist mir klar, dass wieder einmal ein langer Weg zur Arbeit vor mir liegt.
Mein Magen gurgelt. Schon wieder hatte ich keine Zeit fürs Frühstück. Ich krame im Handschuhfach, wo ich einen Vorrat an Energieriegeln horte. Für Notfälle.
Also gut, nicht nur für Notfälle - normalerweise dienen sie mir als Frühstück, das heißt, sofern ich überhaupt zum Essen komme. Ich kaufe sie in der Großpackung im Bio-Supermarkt. Ich beende ein Telefonat und reiße die Verpackung auf. Es sind jede Menge gesunder Sachen drin, und außerdem schmecken sie superlecker.
Also gut, eigentlich schmecken sie nicht soo lecker, sondern erinnern mich eher an das Zeug, mit dem ich meine Rennmaus früher gefüttert habe, dafür sind sie aber wesentlich gesünder als Twix, das ich vor zehn Jahren massenweise verdrückt habe.
Ich kaue hastig, als wir die Hauptstraße entlangkriechen, und nutze die kurze Stille, bevor mein Telefon wieder klingelt.
Da ist wieder dieser VW Käfer.
Ich bleibe an der Ampel stehen. Meine Güte, was für ein Zufall. Automatisch halte ich nach der Fahrerin Ausschau und erhasche einen Blick auf sie. Für den Bruchteil einer Sekunde nur. Kaum lange genug, um mehr als dieselben langen dunklen Locken zu erkennen, ehe mich die Morgensonne blendet, die sich auf der Windschutzscheibe spiegelt. Dann ist sie verschwunden. Hinter einer Sonnenblende. Und ich starre leicht irritiert auf ihren Wagen.
Und leicht bestürzt.
Ich sehe genauer hin. Das gibt’s doch nicht! Dieses Auto sieht wirklich aus wie mein alter VW. Mit zusammengekniffenen Augen beuge ich mich übers Steuer. Es ist genau derselbe Wagen, mit den WWF-Stickern und den rostigen Scheinwerfern. Und mit der Delle auf der linken Seite, wo ich mal vergessen habe, die Handbremse anzuziehen, ins Dorf hinunter- und geradewegs in einen Traktor gerollt bin.
Die Ampel springt um, und der Käfer fährt an mir vorbei. Verblüfft sehe ich ihm nach.
Es muss mein altes Auto sein. Er ist vor Jahren wegen unzähligen Mängeln nicht mehr durch den TÜV gekommen … ein Mechaniker hat ihn damals als tödliche Falle
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