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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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Möbellager, dem Schreibmaschinen-Friedhof und unzähligen aufgeweichten Kartons mit den Beweismitteln vergessener Verbrechen.
    Ganz ähnlich wie unsere Klienten waren auch wir, ihre Beistände, nicht die Hauptattraktion des Justizzirkus, und wir würden es auch nie sein. Die Hauptrollen waren den Richtern, den Verbrechern und ihren Anwälten überlassen. Sogar die Bewährungshelfer gehörten als Nebendarsteller noch zur festen Besetzung. Die Opfer und ihre Beistände hingegen waren nur Statisten.
    Ich trat aus dem Aufzug. Die Klimaanlage rülpste kaum gekühlte Luft in den Saal. Hier im obersten Stockwerk bekamen wir die kühle Erfrischung als Letzte ab. Die Schreibtische der Berater standen in dem viel zu großen Raum ohne Raumteiler herum, sodass nicht einmal ein Anschein von Privatsphäre gewahrt war. Iona hing über meinem Schreibtisch und aß einen Bagel, wobei Sesamkörner und Krümel auf meine Unterlagen fielen.
    »Hier, nehmen Sie.« Anstelle einer Begrüßung reichte ich ihr die Serviette, die ich um meinen heißen Pappbecher mit Kaffee gewickelt hatte. »Tut mir leid, dass ich zu spät komme.« Ich war gar nicht zu spät dran, sondern ein paar Minuten zu früh. Abgesehen von der Sekretärin unserer Abteilung, die in einem Vergrößerungsspiegel ihre Poren begutachtete, war ich die Einzige, die schon im Büro war.
    Iona nuschelte einen Dank.
    »Geht es Ihnen gut?« Ich räumte einen Stapel Memos von meinem Stuhl. Jeden Abend häufte ich sie hier an, damit meine Aufmerksamkeit am nächsten Morgen als Allererstes auf sie fiel. Am nächsten Morgen jedoch ergab sich als Allererstes immer irgendetwas Dringlicheres, und ich schob die Memos, wie schon so viele davor, auf den Boden.
    Iona hob die schmalen Schultern, ein schwacher Versuch, mit mir zu kommunizieren. Sie sah aus, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Alles an ihr wirkte deprimiert, sogar ihr schlappes blondes Haar. »Er verfolgt mich wieder.«
    Wenn man Iona glauben wollte, war ihr ehemaliger Freund ein Stalker, der ihr vierundzwanzig Stunden am Tag nachstellte. Ich hatte keinen Grund, ihr nicht zu glauben, ich wusste nur nicht, was ich noch für sie tun sollte, außer dasselbe Blabla von mir zu geben wie schon so oft. Eine einstweilige Verfügung hatte ich ihr bereits besorgt.
    Nichts ängstigte mich mehr als das Wissen, dass sie oder irgendeine andere Klientin unter meinem Schutz sterben könnte.
    Ich beugte mich über den Tisch und reichte ihr ein Taschentuch. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Wie konnten die ihn bloß auf Kaution freilassen? Das ist nicht fair. Warum bin ich jetzt diejenige, die ständig über die Schulter schauen muss?«
    »Das ist schwer, nicht wahr?« Ich nahm ihre Hand und drückte sie. Wie bei den meisten meiner Klientinnen wusste ich nie, wie ich ihr beistehen sollte, außer sie zu tätscheln und zu trösten. Ich bemitleidete die Frauen dafür, dass sie mich als Opferbeistand hatten. »Was hat er getan?«
    »Ich spüre seinen Blick«, sagte sie. »Die ganze Zeit über. Ich bin sicher, dass er mich beobachtet.«
    »Wo haben Sie ihn gesehen?« Ich griff nach einem Stift. »Nennen Sie mir Einzelheiten, etwas, das ich seinem Bewährungshelfer melden kann.«
    Iona sackte nach vorn und begrub den Kopf in den Händen. »Natürlich lässt er sich dabei nicht erwischen. Herrgott.«
    »Woher wissen Sie dann, dass er da ist?«
    Ionas Blick machte mir bewusst, wie unfähig ich war. »Glauben Sie mir, wenn Sie mit jemandem wie Larry zusammen waren, spüren Sie es, wenn er in der Nähe ist.«
    »Verstehe.« Tat ich das? »Ich glaube Ihnen, aber wir brauchen etwas Konkretes, das wir dem Richter vorlegen können, um zu beweisen, dass Larry gegen die einstweilige Verfügung verstößt.«
    »Warum muss ich eigentlich beweisen, dass er schuldig ist, und nicht er, dass er unschuldig ist?«
    Ich kramte in meinem Wissen aus den Jahren an der Northeastern herum, auf der Suche nach tröstlichen Worten. Dabei spähte ich auf das Inventar der Wunder, die meine Klienten dem Gericht zufolge von mir erwarten durften – ein Infoblatt, das sie bei der Aufnahme erhielten und das ich unter der Glasplatte auf meinem Schreibtisch liegen hatte.
    Ihr Opferbeistand bietet Ihnen:
Krisenintervention und seelische Unterstützung.
Hilfe bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen zu Ihrem Schutz sowie bei der Beantragung einer einstweiligen Verfügung etc.
Eine genaue Erläuterung des gerichtlichen Verfahrens und Informationen über den Fortgang des

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