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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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machen?«
    »Das können Sie ruhig mir überlassen«, entgegnete ich aufrichtig. Meine Kollegen warfen mir vor, ständig Pferdekoppeln nach Zebras abzusuchen. Meine entsetzliche Angst davor, eine Diagnose zu übersehen, brachte mich dazu, Untersuchungswege einzuschlagen, gegen die die Mediokraten schon mehrmals protestiert hatten. »Es ist nur ein leichter Ausschlag. Haben Sie das Waschmittel gewechselt? Oder die Seife? Neue BH s gekauft?«
    »Ich gehe jetzt öfter im Brighton Club schwimmen. Könnte das vom Chlorwasser kommen?«
    »Gut möglich«, sagte ich. »Chlor reizt die Haut. Aber da bei Ihnen sowieso eine Mammographie ansteht, würde ich noch ein paar zusätzliche Untersuchungen vorschlagen.«
    »Sollte ich mir Sorgen machen?«, fragte sie erneut.
    Wir sollten uns immer Sorgen machen. Jede Sekunde, jeden Tag.
    »Sie haben früher schon an Ekzemen gelitten und standen in letzter Zeit unter starkem Stress, also ist es gut möglich, dass Sie ein Ekzem an der Brustwarze haben.«
    »Oh, guter Gott, bitte lass es nicht wieder diese Ekzeme sein«, sagte Audra.
    Bitte lass es die Ekzeme sein.
    Die Popcornschüssel war fast leer. Merry und ich griffen abwechselnd hinein und kramten nach gepoppten Stücken zwischen den harten Schalen. Warum mussten manche Körner so stur sein?
    »Du machst dir aber auch um alles Sorgen«, sagte Merry. »Eine kratzige Stelle an der Brustwarze, und für dich ist sie schon so gut wie tot.« Ich hatte ihr von Audras Untersuchung und meinen Befürchtungen erzählt.
    »Als würdest du nicht auch Totenwache halten«, entgegnete ich. Merry und ich warteten unser Leben lang förmlich darauf, dass geliebte Menschen verschwanden oder starben. Ich mochte gar nicht daran denken, was ich tun sollte, wenn Cassandra und Ruby alt genug waren, um das Haus ohne Drew oder mich zu verlassen.
    »Deshalb weiß ich ja, dass du verrückt bist.« Sie drückte auf den Knopf, der den DVD -Player öffnete, und nahm Doktor Schiwago heraus. »Der Film hätte Mama gefallen. Aber Geraldine Chaplins Charakter wäre ihrer Meinung nach zu gut, um wahr zu sein. Julie Christie dagegen würde sie mögen.«
    Ich wusste nicht, wie meine Schwester immer auf solchen Unsinn kam, denn sie war nicht einmal sechs Jahre alt gewesen, als Mama gestorben war. Merry hatte sich eine Mama zusammengebastelt, aus Erinnerungsfetzen, Fotos und dem, was ich ihr im Lauf der Jahre erzählt hatte.
    »Wen magst du denn?«, fragte ich.
    »Ich fand es grässlich, dass Geraldine Chaplin immer so gut, gut und noch mal gut war und sich dauernd um alle gekümmert hat. Was hatte sie am Ende schon davon?«
    »Sie ist von alledem fortgekommen.«
    »Aber Julie Christie hat Omar Sharif gekriegt.« Merry schenkte sich Wein nach und legte die Füße auf den Couchtisch. Es erschien mir unmöglich, dass meine kleine Schwester im Dezember siebenunddreißig werden sollte. Sie benahm sich immer noch wie ein junges Mädchen, das darauf wartet, dass das Leben richtig anfängt. Substanzlos, genau wie ihre Möbel – ein Schreibtisch, den Drew ausrangiert hatte, Bücherregale aus Brettern und Backsteinen und ein Couchtisch aus einer riesigen Drahtspule, vermutlich irgendeinem Telefontechniker abgeschwatzt, mit dem sie mal geschlafen hatte.
    »Omar Sharif hat niemanden glücklich gemacht«, widersprach ich.
    »Glaubst du nicht, dass er sie wenigstens für kurze Zeit glücklich gemacht hat?«
    »Warum wollten sie ihn überhaupt?«, fragte ich zurück. »Er war so jämmerlich.«
    »Ich fand ihn romantisch. Er hat an alle Leute geglaubt.« Sie zog die Beine unter sich und strich sich mit den Fingern über die Brust. »Ich glaube, Dad hat auch lange an Mama geglaubt. Zu sehr an sie geglaubt.«
    »Und deshalb hat er es getan? Ist das seine neueste Theorie oder deine?« Ich schnappte mir die leere Pizzaschachtel und hielt sie so, dass die Krümel nicht herausfallen konnten. »So etwas zu sagen, ist abscheulich. Besonders heute.«
    »Ich frage mich ja nur. Warum wirst du gleich so böse, wenn ich mich bloß etwas frage und versuche, die Dinge zu verstehen?« Merry sammelte die fettigen Pappteller ein.
    »Weil Mama es verdient, dass wir ihr diesen einen Abend schenken, und sie würde sich wünschen, dass wir ihn da heraushalten.«

20
Lul u
    ch zerdrückte den ungeöffneten Umschlag mit der Geburtstagskarte von meinem Vater. Meine Finger verkrampften sich bei dem Versuch, das dicke Papier aus meinem Haus, aus meinem Leben verschwinden zu lassen. Meine Töchter, Drew und Merry

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