Heute verführe ich den Boss
Moment lang deutete er ihre Bitte falsch, und Verlangen ergriff ihn. Doch dann hatte er verstanden. „Du meinst, ohne mich.“
Zornesröte trat ihr auf die Wangen, ihre Lippen bebten. Wütend setzte Jenny sich auf. „Das ist nicht fair, Mitch. Dass du mir zweideutige Signale sendest. Was willst du eigentlich?“
„Was ich will und was ich geben kann, sind zwei völlig verschiedene Dinge.“ Was hatte er nur gesagt? Es war unverzeihlich, dass er es Jenny gegenüber ausgesprochen hatte, doch es änderte nichts an seinen Gefühlen.
„Du warst doch derjenige, der einen Schlussstrich gezogen hat“, erinnerte sie ihn.
Die künstlich aufgeheizte Luft wurde ihm plötzlich zu stickig. „Und ich habe dir auch erklärt, warum.“
„Das hast du nicht.“
Im Geiste ging er noch einmal alle Gespräche durch, die sie miteinander geführt hatten. Natürlich hatte er es ihr erklärt. Was genau hatte er ihr noch mal gesagt? „Weil du eben du bist, und ich bin ich.“
Entschlossen stand sie auf. „Super. Die große Persönlichkeit und die graue Maus.“
„Nein, du …“
„Ich habe dich sehr gut verstanden, Mitch.“ Aus funkelnden Augen starrte sie ihn an. „Tu mir einen Gefallen. Lass uns von diesem Moment an bitte nur noch beruflich miteinander reden. Ich will nichts über deine Kindheit wissen und dir nichts über meine erzählen.“
„Ich habe meine schmutzigen Socken in die Ecke geworfen.“
Verständnislos blickte sie ihn an.
„Als ich noch ein kleiner Junge war“, erklärte er, weil er aus unerfindlichen Gründen nicht wollte, dass ihr Gespräch hier endete. Er wollte alles über sie erfahren, und sie sollte alles über ihn wissen. „Und als Teenager habe ich sämtliche Klamotten einfach da liegen gelassen, wo ich sie ausgezogen habe.“
„Was …“
„Meine Mutter ist jedes Mal ausgeflippt, und mein Vater hat mich dafür angeschrien. Später dann hat er mich für jeden kleinen Fehler zur Schnecke gemacht. Vor allem auf dem Footballfeld.“
„Mitch …“
Er sprach einfach weiter. „Damals war ich neun Jahre alt. Es zählte nicht, ob ein anderer es vermasselt hatte. Alles, was auf dem Footballfeld schief lief, war meine Schuld. Ich hätte schneller sein sollen, ich hätte wendiger und gerissener sein sollen. Er sagte immer, ich wäre nicht mit vollem Herzen dabei.“
Jetzt sah Jenny ihn mitfühlend an. Eigentlich hasste er es, bemitleidet zu werden, doch bei Jenny störte es ihn nicht. Weil es sie wirklich interessierte.
Jenny setzte sich wieder. „Versuchst du jetzt, mich auf deine Seite zu ziehen?“
„Ja. Nein.“ Welcher Teufel ritt ihn eigentlich gerade?
Er nahm ihre Hand und kratzte das letzte bisschen Würde seiner verkommenen Seele zusammen. „Ich bin ein Mistkerl und Verführer, der dich mit den richtigen Worten willenlos machen kann. Genau wie ein guter Touchdown auf dem Feld fliegt mir im richtigen Leben vieles einfach so zu. Aber ich weiß es nicht mal zu schätzen.“
Ihr Blick war milder geworden. Das Mitgefühl, das sie offenbar für ihn empfand, hatte eine gefährliche Wirkung. Denn er spürte, wie er schwach wurde.
„Hat dein Vater dir das eingeredet?“, fragte sie.
„Er hatte recht.“
„Und wenn nicht?“
Mitch schüttelte den Kopf. „Tu das nicht, Jenny. Glaub bloß nicht, ich wäre es wert.“
„Du solltest anfangen zu glauben, dass du es bist.“
„Ich …“
„Du bist wortgewandt, schlagfertig, intelligent und diplomatisch, Mitch. Ich weiß, dass du mich so wie alle anderen behandelt hast. Trotzdem ist da noch viel mehr. Und das hast du gerade bewiesen.“
„Du solltest mich hassen.“
„Das kann ich aber nicht.“
„Wenn du wüsstest, was mir gerade durch den Kopf geht, könntest du es.“
„Was denn?“
Nein, das würde und könnte er ihr auf gar keinen Fall sagen.
Oder vielleicht doch? Mit ihren grünen Augen schien sie auf den Grund seiner Seele zu blicken.
„Du“, brachte er schließlich hervor, um das Ganze ein für alle Mal zu beenden. Ja, er konnte sich aus jeder Situation herausreden, und deswegen würde er sich jetzt aus Jennys Leben reden. „Und du sitzt nackt auf mir. Dein Haar ist zerzaust, und deine Brüste schimmern im Mondlicht.“
Ihre Augen wurden größer, sie öffnete die Lippen.
„Und wir bedecken unsere Körper mit Küssen. Du stöhnst, flüsterst meinen Namen und flehst mich an, dir mehr zu geben. Du streichelst mir den Rücken, und es fühlt sich so unglaublich gut an, weil du es bist. Dann kommen wir
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