Heute verführe ich den Boss
zu.
Unterdessen schlenderte er im Laden umher und tat, als würde Jenny ihn nicht interessieren. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er, wie Jenny erst ablehnte, als die Verkäuferin ihr das Kleid reichte, sich dann aber überreden ließ und damit in der Kabine verschwand.
Dann ging er wieder ganz beiläufig zurück zu den Garderoben.
„Hast du auch eine Meinung?“, provozierte Emily gerade Cole, während sie sich von allein Seiten in dem silbernen Kleid begutachtete. „Oder willst du nur glotzen?“
„Ich stehe hier, um sicherzugehen, dass du es nicht zu bunt treibst mit meiner Kreditkarte.“
„Oh, ich treibe es also zu bunt, verstehe.“
„Was ist mit dem blauen Kleid?“
„Mochtest du es?“
„Ist ganz allein deine Entscheidung.“
„Na ja, ich mag beide.“
„Dann kauf eben beide.“
Geziert reckte Emily das Kinn und sagte, bevor sie davonstolzierte: „Ich denke darüber nach.“
Als Mitch Coles entschlossenen Gesichtsausdruck studierte, wurde ihm klar, dass es Cole böse erwischt hatte, was Emily Kiley anging. Da er nun einen Leidensgenossen hatte, fühlte er sich ein kleines bisschen besser. Aber auch nur ein klitzekleines bisschen.
„Ich hoffe, sie ist es wert“, sagte er zu Cole.
„Spätestens Samstag werde ich es wissen.“
Dann erschien Jenny in dem Hauch von einem Seidenkleid, und Mitch stockte der Atem. Sie sah aus wie eine Fee aus dem Märchenwald. Die Farben unterstrichen ihren honigfarbenen Teint und passten wunderbar zu dem leichten Make-up und den feinen Gesichtszügen. Ihre zarten Glieder wirkten darin noch anmutiger. Vor seinem geistigen Auge sah Mitch sie mit Wildblumen im Haar und weißen Pumps an den Füßen.
Gebannt trat er einen Schritt auf sie zu. Kauf es, kauf es! schwirrte es ihm im Kopf herum, doch er schwieg.
„Nein, das bin ich nicht“, dachte sie laut nach.
Mitch trat neben sie. „Versuch doch einfach, es zu sein“, schlug er ihr sanft vor.
„Das ist doch albern.“ Doch sie lächelte, und ihr wurde warm ums Herz.
„Es passt hervorragend zu deinen Augen“, beharrte er leise. „Gefällt es dir?“
„Wäre ich eine Feenkönigin, würde ich Ja sagen.“
„Also?“
„Ich werde kein Kleid kaufen, das zu teuer ist, um es nur ein einziges Mal zu tragen.“
„Dann kaufe ich es dir“, hörte Mitch sich plötzlich sagen. Doch er bereute seine Worte sofort, als ihr Lächeln verschwand.
„Cole hat mich eingeweiht“, fügte Mitch schnell hinzu. „Ich wollte nur sagen, ich stelle meine Kreditkarte gern zur Verfügung, damit sein Konto nicht gesprengt wird. Wärst du denn nicht gern eine Feenkönigin? Wenigstens eine Nacht lang?“
In Jennys grünen Augen flackerte ein Verlangen auf, das ihm die Gewissheit gab, dass sie die Feenkönigin war!
Sie brauchte dieses Kleid. Genauso wie sie dieses altmodische Haus und die selbst gebauten Möbel brauchte. Und Mitch schwor sich, dass er alles in Bewegung setzen würde, um ihr diesen Traum zu erfüllen.
Plötzlich erschien Emily aus ihrem Umkleideraum. Als sie Jenny erblickte, bekam sie große Augen. „Wow. Also das bist du ganz bestimmt nicht.“
„Nicht wahr?“ Und damit erlosch das Glühen in Jennys Augen.
Cole stellte sich neben Mitch.
„Aber genau darum geht es doch, oder?“, sagte Mitch schnell. „Dass Jenny etwas völlig anderes findet. Wann wird sie diese Chance noch mal bekommen? Du brauchst noch weiße Satinpumps. Vielleicht mit einem Riemchen.“
„Was, um alles in der Welt, ist los mit dir?“, raunte Cole ihm zu.
„Halt die Klappe.“
„Das könnte wirklich ganz gut aussehen“, lenkte Emily ein. „Verdammt gut sogar.“
Als Jenny lächelte, ging Mitch das Herz auf. Er hatte nie behauptet, keine Schwäche für Jenny zu haben, sondern nur, nicht gut für sie zu sein.
Er wollte, dass sie glücklich war. Sie hatte es verdient.
9. KAPITEL
Die Auszeichnungen waren vom Gouverneur überreicht worden, die Reden und das Dinner waren vorüber, und Mitchs Youth Outreach Award für besondere Verdienste um die Arbeit mit Jugendlichen lag zusammen mit den anderen Ehrungen des Abends auf einem Tisch, wo sie von den Gästen bestaunt werden konnten.
Mitch hatte seine Rede relativ kurz gefasst und sich bei allen Förderern bedankt. Dennoch war er mit seinen Gedanken ständig bei Jenny gewesen. Die an diesem Abend mit Jeffrey anstatt mit ihm hierher gekommen war. Außerdem spukte die Hiobsbotschaft, die sein Arzt ihm an diesem Morgen verkündet hatte, ihm unablässig im Hirn herum: Er
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