Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
hatte ich drei lange Schnittwunden quer über den Fingern, der Handfläche und dem Handballen. Sie waren runzlig und sahen schlimm aus; die Wundränder leuchteten purpurrot. Cal hatte sein Bestes getan, um sie zu heilen, doch das Dämonenglas hatte zu viel Schaden angerichtet. Wahrscheinlich würde ich Narben zurückbehalten.
Vielleicht hatte Cal nach seinem Versuch, Elodie wiederzubeleben, auch einfach nicht mehr genug Zauberkraft übrig gehabt. Er und Mrs Casnoff waren nur Augenblicke, nachdem ich Alice den Kopf abgeschlagen hatte, auf die Lichtung gestürzt gekommen und hatten noch beobachtet, wie ihr Körper sich im Erdboden auflöste. Cal war sofort zu Elodie gelaufen, aber wir hatten schon gewusst, dass es zu spät war. Anna hatte mir erklärt, dass Cal keine Toten erwecken konnte, und dennoch hatte er es in dieser Nacht versucht. Erst als offenkundig wurde, dass Elodie tot war, hatte er sich mir zugewandt und mir die Klinge aus der Hand genommen.
Auf dem Rückweg zur Schule war ich mehr oder weniger bewusstlos gewesen, aber ich erinnere mich noch daran, wie mir Mrs Casnoff erzählte, dass Alice’ Leichnam auf diesem Friedhof begraben worden war, zusammen mit einigen anderen Dämonen. Das war auch der Grund, warum der Engel das Dämonenglas in Händen gehalten hatte – für den Fall, dass es einem von ihnen jemals gelingen sollte, wieder herauszukommen.
»Die sind ja besser vorbereitet als die Pfadfinderinnen«, hatte ich noch gemurmelt. Dann war ich in Ohnmacht gefallen.
»Ich habe immer geahnt, dass du ziemlich böse bist. Ich wollte nur nie etwas sagen«, bemerkte Jenna jetzt. Sie klang unbeschwert, aber ihre Augen waren betrübt, als sie auf meine Hand blickte.
Ich hatte in der Nacht noch den größten Teil der Geschichte aus Mrs Casnoff herausgeholt. Sie hatte nicht gelogen, als sie mir erklärte, dass Alice durch ein schwarzes Ritual verwandelt worden war. Sie hatte es nur versäumt hinzuzufügen, dass Alice’ Ritual ein Beschwörungszauber gewesen war, der dazu gedacht gewesen war, einen Dämon herbeizurufen und dazu zu bringen, Befehle auszuführen.
Ich hatte keine Ahnung, wozu irgendjemand einen Dämon brauchen sollte. Botengänge? Allgemeine böse Aufgaben rund ums Haus?
Aber Dämonen sind tückisch, und statt Alice’ Laufbursche zu werden, hatte dieser ihre Seele gestohlen und sie zu einem Ungeheuer gemacht. Da sie damals schwanger gewesen war, war ihr Baby ebenfalls zu einem Dämon geworden. Und Lucy hatte einen Menschen geheiratet, daher war Dad ein Halbdämon, was mich bloß zu einem Vierteldämon machte.
»Aber«, hatte Mrs Casnoff gewarnt, während Cal versuchte, meine Hand zu heilen, »selbst verwässertes Dämonenblut kann noch ungeheure Macht bewirken.«
»Klasse«, hatte ich erwidert, während meine Hand in Flammen stand, weil Cals weiße Magie über sie hinwegfegte.
Mrs Casnoff hatte natürlich die ganze Zeit über gewusst, was ich war. Deshalb hatte sie auch Alice nicht spüren können. Sie hatte geglaubt, lediglich meine Dämonenschwingungen aufzufangen.
»Also, wie geht es jetzt weiter?«, fragte Jenna, die von ihrem Bett herüberkam, um sich vorsichtig auf meiner Bettkante niederzulassen. »Was ist mit Archer und deinem Dad?«
Ich wälzte mich herum und zuckte zusammen, als meine Hand gegen mein Bein stieß. »Ich habe nichts über Archer gehört, außer der einen Sache, von der du mir schon erzählt hast – dass er und seine Familie wie vom Erdboden verschluckt sind und eine große Gruppe von Zauberern Jagd auf sie macht.«
Was würden sie wohl tun, wenn sie ihn fingen …? Ich wollte nicht mal darüber nachdenken.
»Cal meint, er und seine Familie seien wahrscheinlich nach Italien geflohen«, fuhr ich fort und versuchte, den Stich in meinem Herzen zu ignorieren. »Da dort der Stützpunkt des Auges ist, kommt mir das auch ziemlich wahrscheinlich vor.«
Zu meinem Erstaunen schüttelte Jenna den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich habe da in Savannah etwas aufgeschnappt … einige Hexen sprachen über die Gruppe von L’Occhio di Dio in London. Sie meinten, sie hätten einige Male einen Neuen bei ihnen gesehen. Dunkelhaarig, jung. Könnte Archer gewesen sein.«
Meine Brust wurde eng.
»Warum sollte er dort hingehen? Da befände er sich doch direkt vor der Nase des Rates.«
Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht denkt er, das offensichtlichste Versteck sei auch das sicherste. Ich hoffe nur, dass sie ihn fangen. Ich hoffe, sie fangen sie alle.« Ihre Augen waren kalt, als sie
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