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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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liegengelassen hatte. Die zerbrochenen Stahlstreben der Lufthülle sahen aus der Ferne aus wie die Rippen eines Giganten.
    Betroffen und schweigend kletterten sie zwischen den Trümmern umher. Nur Metallteile waren übriggeblieben, und selbst davon nur ein Bruchteil. Die Explosion hatte das meiste zu Staub zerblasen.
    »Wie sollen wir herausfinden, was geschehen ist?« schrie Max gegen den Wind an. »Kannst du unterscheiden, was davon zur Lessing gehört und was zu dieser verfluchten Scheibe?«
    »Falls es sie überhaupt je gegeben hat.« Selbst Sina hatte ihren Elan verloren. Die grausame Witterung und der lange Marsch durch die Öde hatten ihre Kraft aufgezehrt. Bei der Vorstellung, den gleichen Weg noch einmal zurückzulegen, wurde ihr schlecht.
    Legrand, der die Umgebung ebenso aufmerksam begutachtet hatte wie sie selbst, gesellte sich zu ihnen. »Was, zum Teufel, ist hier passiert? Würde es einem von Ihnen etwas ausmachen, mir das zu sagen?«
    »Ich dachte, Sie wüßten Bescheid?« brüllte Sina über das Tosen des Windes zurück.
    »Ich weiß, daß es eine Explosion gab. Und Feuer. Aber sonst nichts. Was hatte dieses Luftschiff an Bord, daß es hier eingeschlagen ist wie ein verfluchter Komet?«
    »Meteorit«, verbesserte Max.
    »Wie bitte?«
    »Das, was in die Atmosphäre eindringt, nennt man Meteorit, nicht Komet.«
    »Sie sind ein verdammter – wie nennen Sie das? – Klugscheißer.«
    »Damit müssen Sie leben, Legrand. Sie werden von mir bezahlt.«
    Der Pilot deutete auf Sina. »Und von ihr.«
    Sie wußte nicht recht, wie er das meinte, und im Grunde war es ihr auch gleichgültig. Sollte er sich doch mit Max herumstreiten, dann hatte sie ihre Ruhe. Außerdem hatte er recht: Max war ein Klugscheißer.
    Zu ihrem Erstaunen ließen sich die beiden danach in Ruhe, wenigstens für eine Weile. Sina fiel auf, daß Legrand Max immer wieder verstohlen beobachtete, so, als wolle er ihn abschätzen. Ihrerseits betrachtete sie heimlich den Piloten. Auf eigentümliche Weise fand sie ihn anziehend, selbst wenn er mürrisch dreinblickte; er war so ganz anders als die meisten Männer, die sie aus Berlin kannte. Er war gutaussehend, gewiß, aber wie es in seinem Inneren aussah, konnte sie nicht einmal ahnen. Wahrscheinlich, so beruhigte sie sich, war er es gar nicht wert, daß sie sich Gedanken über ihn machte.
    Es geht schon wieder los, dachte sie. Laß die Finger von den Männern! Es hat dir bislang kein Glück gebracht, und hier draußen hast du wahrlich andere Sorgen.
    Gerade bückte sie sich nach einem Metallteil, das ein Bruchstück der Leitkonsole gewesen sein mochte, als Max plötzlich rief: »Da kommt jemand!«
    Sie richtete sich auf und bemerkte, daß auch Legrand alarmiert aufschaute. Max hatte recht. Von Osten her näherten sich zwei Gestalten, dickvermummt in der Fellkluft der Eskimos. Sie waren noch hundert oder hundertfünfzig Meter entfernt, bewegten sich aber viel schneller und geschickter als sie selbst. Nur wenige Minuten später standen sie vor ihnen.
    Es waren tatsächlich Inuit, mit schwarzem Haar und schmalen, schrägstehenden Augen. Beide trugen – und das verwirrte Sina mehr als alles andere – Armbinden in den Farben der italienischen Flagge. Was, in Drei Teufels Namen, hatte das nun wieder zu bedeuten?
    Einer der beiden sprach sie an, auf dänisch, vermutete Sina. Ihre Annahme wurde bestätigt, als Legrand ihm eilig Antwort gab. Ein schneller Wortwechsel folgte, dann wandte Legrand sich an Sina und Max.
    »Sie bitten uns, ihnen zu folgen. Ihr Anführer will mit uns sprechen.«
    Max sah die beiden Eskimos verwundert an. »Ihr Häuptling?«
    »Nein, nicht der Häuptling«, entgegnete Legrand ungeduldig. »Ihr Anführer. Der Boß. Derjenige, der sie bezahlt.« Mit einem Schmunzeln fügte er hinzu: »So wie Sie mich, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Und lassen Sie mich raten«, kam Sina Max’ wütender Entgegnung zuvor, »der Mann ist Italiener, stimmt’s?«
    Legrand wechselte ein paar Worte mit den Inuit, dann nickte er. »Italiener, ganz genau. Sie nennen ihn den Eisarchitekt.«
    »Die Schwäne!« flüsterte Max.
    Sina sah abwechselnd zwischen Legrand und den Inuit hin und her. »Bitte fragen Sie sie, ob sie gesehen haben, was hier vorgefallen ist.«
    Der Franzose sprach erneut mit den beiden Männern, dann übersetzte er. »Sie sagen, genau darüber will dieser Eisarchitekt mit uns reden.«
    Max blieb mißtrauisch. »Woher wissen die, warum wir hier sind?«
    Legrand verzog den Mund. »Es

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