Hexe sucht Besen (German Edition)
eine Zeitbombe , und der Kampf gegen das bedro h liche Ticken wird immer schwieriger.
Das Schlimmste was einer Frau in meinem Alter passieren kann , ist , genau so alt eingeschätzt zu werden wie sie ist. Das Allerschlimmste, älter bewertet zu werden. Dann wird es höchste Zeit, auf den Dachboden zu schleichen, sich einen stabilen Balken zu suchen und sich beim Knüpfen eines Han f seiles die nötige Zeit abzuknüpfen – damit dann auch alles gut klappt. Wobei ich anmerken muss, dass ausgerechnet wir Frauen, die man in früherer Zeit gern grundlos als Hexen verschrien hat, alles dafür tun, um ihre Geschlechtsgenossinnen zur g e danklichen Hinrichtung zu zwingen.
Wenn mich eine Frau mit einem koketten Augenzwinkern dazu animiert ihr Alter einz u schätzen, fange ich an zu stutzen . Aha, die will gara n tiert jünger sein als sie ist , schießt es mir dann durch den Kopf. Das gibt schon mal drei Strafjahre. Sollte sie auch noch gut aussehen, dann bekommt sie gleich noch mal fünf Ja h re zusätzlich auf den Deckel.
Nachsichtig erweist sich das zarte Geschlecht lediglich bei Frauen, die nur wie Hexen aussehen. In derlei Fällen reduzieren wir großzügig das ersichtliche Alter . S chließlich ist von dieser Seite keine Ko n kurrenz zu befürchten. Ja, so sind wir eben – wenn wir ehrlich sind!
Besonders delikat wird es allerdings, wenn zwei wirkliche Hexen aufeinander treffen. So wie es mir erga n gen ist . Prompt wurde ich von ihr neugierig nach meiner Verjä h rung gefragt. Angriffslustig überließ ich ihr die Einschä t zung. Auf fünf Jahre zusätzlich hat sie mich ve r donnert! Obwohl ich di e sem Biest am liebsten mein Glas Wein über ihrer Blondierung ausgeleert hätte, habe ich unbemerkt geschluckt und mir freiwillig noch mal zehn Jahre drauf g e schlagen. Das bösartige Funkeln, kombiniert mit einem st e chenden Blick, wie Hexen eben so gucken, war Beweis genug, dass meine Schlagfertigkeit ein Volltreffer war. Danach war mir aber trotzdem kotzübel und ich musste mich erst einmal notgedrungen auf die Toilette verkriechen, um mich vor dem Spi e gel einer kritischen Begutachtung zu unterziehen.
Ganz objektiv betrachtet, bin ich ein jugendlicher Typ . T rage immer noch die kleinste Konfektionsgröße , ohne hungern zu müssen. Vielleicht steckt ja ein Riesenbandwurm in mir, wer weiß? M eine Haut ist durch regelmäßige Pflege sowie der Fügung , noch keine Bekanntschaft mit dem Klapperstorch gemacht zu haben, recht gut in Schuss. Mein schulterla n ge s, extrem feines Haar , trage ich trotzdem offen oder lässig hochgesteckt. Wenn es der Anlass beziehungsweise die Ja h reszeit erlaubt, ziehe ich kürzere Röcke oder enge Jeans dem Schlabberlook vor. Da ich auch noch einen Faible für extravagante, meist hochhackige Schuhe habe und b e dingt dadurch, mindestens 60 Paar mein Eigen nennen darf, erübrigt sich die Erklärung, dass ich nicht u n bedingt der Gattung Mausgrau angehöre.
Umso unbegreiflicher für mich, dass ausgerechnet so ein heißer Feger wie ich, zwangsweise seinen gewohnten Land e platz räumen musste und somit unfre i willig das Opfer einer Tragödie wurde.
Alles fing genau vor einem Jahr zu meinem 36.Geburtstag an.
Meine beiden Kolleginnen, mit denen ich gemeinsam in einer großen Agentur als Werbegrafikerin arbeite, fanden heraus, dass ich Geburtstag hatte und an imierten mich nach Feie r abend mit ihnen kräftig feiern zu gehen. Da ich auch keine Lust hatte zu Hause allein Trübsal zu blasen, da mein Mann Walter sich sowieso wieder einmal auf Geschäftsreise b e fand , was in letzter Zeit zwar sehr oft vorkam und doch für einen Insolvenzverwalter aufgrund der Wirtschaftslage nichts Ungewöhnliches war, ließ ich mich von dem Vorschlag der Beiden b e geistern.
Außerdem verspürte ich große Lust meinen Marktwert zu testen . D enn bei Walter hatte ich z u nehmend das Gefühl, dass er beim gemeinsamen Liebesakt g e danklich den prozentualen Anteil seiner ihm anvertrauten Insolvenzen errechnete. Deswegen hing die Dauer seiner B e gattung wahrscheinlich immer von der Kompliziertheit seiner Fälle ab. Bei kleineren Objekten kam er immer ganz schnell zum Ziel , und ich blieb auf der Strecke. Dennoch habe ich mich nicht beklagt, schließlich profitierte ich von seinem Unternehmergeist. F i nanziell hatten wir keinerlei Sorgen . K ein Wunder, das Geschäft mit der Zahlungsunfähigkeit boo m te in den letzten Jahren, so dass wir uns unser Trau m haus am Stadtrand kaufen
Weitere Kostenlose Bücher