Hexe sucht Besen (German Edition)
packungskünstlerin an der ich Gefallen fand. Sie trug einen langärmligen, schwarz gemusterten Schlabberwollpulli mit Rollkragen, dessen alleiniger Anblick bei mir fast einen Hitzschlag auslöste, da im Bistro tropische Temperaturen herrschten. Ihre Hose war in geschmackloser Unförmigkeit auf ihr wärmendes Oberteil abgestimmt. Nur ihre scheinbar langen, haselnussbra u nen Haare, die sie zu einem strengen Knoten am Hinterkopf zusammengezurrt hatte, deuteten als einziges Indiz darauf hin, dass es sich doch um eine Frau handelte. Was mir jedoch an dieser Verhüllungskünstlerin nicht behagte, war ihr zärtlich , liebreizendes Wesen. Diese bestechlich e Art, die bei jedem Mann den Beschützerinstinkt weckt. Sie strahlte so eine satte Genügsamkeit aus, als w ä re sie in einem Kibbuz aufgewachsen. Sorgfältig drehte sie sich ihre Zigaretten selbst . A chtete darauf, dass auch ja kein Tabakkrümelchen verloren ging und bedankte sich unte r tänig bei der Bedienung, die ihr ein Glas Wasser hinstel l te, aber trotzdem gleich abkassieren wollte.
Trotz dieser erdrückenden, fast penetrant auf mich einflößenden Besche i denheit, war ich mir sicher, dass mir diese kleine Spätzin, und möge sie auch noch so liebenswürdig daher zwitschern und mich mit ihrer demonstrativen Demut irritieren, nicht gefährlich werden konnte. Was ist schon so ein Spatzen g e piepse, gegen das verführerischen Gurren einer edlen Zuch t taube. Mit diesem zuversichtlichen Gedankenspiel im Kopf, stand ich auf, zog möglichst auffällig mein hautenges Kleid zurecht, griff nach meiner Handtasche und stolzierte mit einem gekonnten Hüftschwung in Ric h tung Damentoilette - um mir meine Gefieder zu putzen.
Wohlweislich, dass mich seine sehnsüchtigen Augen begleiteten. Als ich wieder herauskam und noch g e dankenverloren in meiner Tasche herumkramte, wurde ich eines Besseren b e lehrt. Nicht nur seine Augen, sondern gleich der vollständige Mann haben mich verfolgt.
Da stand er nun . E r, mein mysteriöser Fremder, mein zukünftiger Verführer, mein Schicksal, meine B e stimmung, und strahlte mich an. Mit weichen Knien schlo t terte ich langsam auf ihn zu, blieb vor ihm stehen, ohne ein Wort zu sagen. Das Feuer loderte, ich konnte es genau in seinen Augen sehen. Freundlich streckte er mir seine warme Hand entgegen, gratulierte mir zum G e burtstag, um mich im gleichen Atemzug nach meinem Alter zu fragen. Ohne große Bedenken ließ ich ihn schätzen.
> Nach der Anzahl der Kerzen zu urteilen, ist es dein 33. Geburtstag < ,
sagte er wi s send.
Hurra! jubelte ich innerlich. Es lebe die italienische Schlamperei! Giovanni hatte wahrscheinlich nur 33 Kerzen verfügbar oder die Torte war zu klein und der Rest meiner Jahrestage hätte den Sahn e berg nur sinnlos verunstaltet.
Mit einen dankbar verschwiegenen Lächeln ließ ich meinen Verfolger in dem Glauben und schaute in seine unbeschrei b lich schönen Augen, die mich ne u gierig und aufgeschlossen fixierten. Fast zärtlich zog er mich zu sich heran, so dass mein gepudertes Näschen beinahe seinen Hals berührte und einen Hauch von Sandelholz erschnupperte. Die Versuchung lag nah, an seinen Ohrläp p chen zu knabbern oder mich an seinem Hals festzusaugen und ihm ein dekor a tives Andenken zu hinterlassen. Wahnsinn! In diesem Moment war mir wir k lich danach. Während ich gedanklich meine frivolen Absic h ten vollzog, kitzelte mich sein Atem am anderen Ohr. Mit einem verheißungsvollen Unterton flüsterte er, dass wir uns unbedingt kennen lernen müssen. Dabei ließ er unauffällig ein kleines Kärtchen in meiner Tasche verschwinden.
Ja, MÜSSEN, hat er mir mit seiner angenehmen Stimme zug e haucht . D as klang nach schicksalhafter Bestimmung. Das Ei n zige was mir in diesem Augenblick von glückseliger Trunke n heit einfiel, war die geistreiche Bemerkung:
> Mal s e hen, ob ich Zeit habe <.
Nur gut, dass ich ihm meine vorgetäuschte Unschlüssigkeit wenigstens wie eine seelische Berührung z u gehaucht habe. Danach ging ich taumelnd vor Glück wieder in Richtung meines Tisches. Beim Vorbe i gehen an der Bar, bekam ich mit, wie Lisa sich mit einer Frau anlegte.
Um Himmels Willen, hoffentlich fängt die nicht noch eine Schlägerei an, dachte ich, während ich mich an unseren leeren Tisch setzte und meine Augen durchs Lokal streifen ließ, um nach Ellen zu suchen. Sie stand am anderen E n de der Bar und unterhielt sich , auch schon ziemlich angehe i tert , mit einen
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