Hexen-Horror
sie sein Gesicht noch mehr rötete. Er merkte das harte Klopfen seines Herzens. Er kam sich vor wie auf Gummi laufend, so weich waren plötzlich seine Knie geworden. Er wollte auch einen Bogen schlagen, um die Entfernung zwischen sich und der Alten zu vergrößern. Verdammt, er war immerhin 14. Da brauchte er keine Furcht zu haben. Außerdem war er ziemlich kräftig. Dafür hatte allein schon der Sport gesorgt.
Dennis ging wieder los. Er hatte sie unsichtbare Mauer zur Seite schieben können. Freie Bahn für ihn. Wieder freies Atmen, obwohl er die Beklemmung auf seiner Brust spürte.
Wenn er weiterging, das rechnete er sich aus, konnte er die Alte in einer Distanz von zwei Metern passieren. Und er würde sie im Auge behalten. Da brauchte er nur zur Seite zu schielen.
Das alles hatte sich Dennis vorgenommen. Trotzdem ging es ihn nicht besser. Er ging noch immer mit weichen Knien. Er schwitzte im Gesicht und hatte das Gefühl, dass seine Augen brannten. Nichts in seiner Umgebung hatte sich verändert.
Der Himmel war klar. Die Sterne funkelten in ihrer Pracht, als hätte der Liebe Gott Diamanten auf dem Firmament verteilt, aber das sah er nicht, denn Dennis hielt seinen Kopf gesenkt. Er wollte die Frau nicht beachten und baute darauf, dass auch sie ihm keine Beachtung schenkte.
Dennoch schielte er nach rechts. Die Augen hinter der Brille taten ihm schon weh, so sehr schmerzte diese Bewegung. Er sah das Licht, das sich auf dem Boden als weißgelber Schimmer verteilte, als sollte der von ihm aufgesaugt werden. Er spürte wieder die Kälte, die wie ein Griff in seinem Nacken lag.
Dennis ging jetzt schneller. So rasch wie möglich wollte er an der Gestalt vorbei. Drei, zwei Schritte trennten ihn von dem wartenden Gespenst, das der Frost eingefroren zu haben schien, doch dann war alles anders.
Urplötzlich passierte dies. Zuerst hörte er einen scharfen Atemzug und dann die Stimme.
»Hallo, Söhnchen, da bist du ja...«
***
Dennis blieb stehen, obwohl ihn niemand aufgefordert hatte. Er konnte einfach nicht anders, denn diese Stimme hatte dafür gesorgt. Eine widerliche Stimme, die ihn an die erinnerte, die er von früher her kannte, wenn er seine Märchenkassetten gehört hatte und in den Geschichten Hexen mitgespielt hatten.
Schon damals hatten ihm die Stimmen Angst eingeflößt. Er hatte das Band dann immer schnell weiterlaufen lassen, aber hier gab es kein Band und keine Kassette. Das hier war so verdammt ernst, und er spürte, wie zuerst ein Schauer durch seinen Körper rann, der sich dann zu Eis verdichten schien.
Dennis blieb stehen. Er hielt den Kopf dabei gesenkt und traute sich nicht, zur Seite zu blicken. Aus Angst, dass er möglicherweise etwas falsch machte.
Sie sprach ihn wieder an. Und sie benutzte fast die gleichen Worte. »Hallo, Söhnchen. Endlich ist die Zeit reif. Ich habe auf dich gewartet. Immer und immer wieder. Ich habe dich beobachtet, und ich weiß, dass du der Richtige bist.«
Der Richtige! Ich bin der Richtige! Dennis Gedanken drehen sich nur darum, aber er konnte es nicht fassen. Wie konnte er der Richtige für diese unheimliche Gestalt sein, mit der er doch nie etwas zu tun gehabt hatte?
»Schau mich an, Söhnchen!«
Welch eine hässliche Stimme sie hat!, dachte der Junge. Er wollte ihr nicht gehorchen, doch es blieb ihm keine andere Wahl. Die Person und der Klang ihrer Stimme übten einfach einen zu großen Druck auf ihn auf, so dass er den Kopf einfach drehen musste, ohne es richtig zu wollen. Er schaute auf das Gesicht, ohne viel zu sehen, denn in der Öffnung der Kapuze zeichnete sich nur ein bleicher Fleck ab. Nichts anderes war das Gesicht der Alten.
Dann lachte sie.
Nein, es war auch kein Lachen, sondern ein helles und schrilles Kichern, das bei Dennis wieder eine Gänsehaut verursachte und ihn so steif machte.
»Hast du Angst, Söhnchen?«
Dennis konnte einfach nicht antworten. Etwas hatte seinen Mund zugepresst und die Kehle zugeschnürt. Natürlich hatte er Angst, aber er gab es nicht zu.
»Komm her...«
Dennis schüttelte den Kopf.
»Oh«, sagte die Stimme beinahe bedauernd und hörte sich jetzt nicht mehr so schrill an. »Das ist aber schade. Willst du wirklich nicht zu mir kommen?«
»Nein!« Dennis war froh über die Antwort. Er konnte sich auch wieder bewegen und ging einen Schritt zurück. Jetzt musste er sich nur umdrehen und verschwinden, dann war wieder alles okay.
»Du bleibst, Söhnchen!«
Der Befehl traf ihn überraschend. Er hätte ihn zu einer
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