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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Jeder, einschließlich der darüber tief betrübten Bürger, wusste woran das lag - es fehlten die Alben. Und warum kehrten keine zurück? Weil das hiesige Milieu nicht stimmte, es schwelte Feindseligkeit zwischen Bürgern und Besatzern, auch das wusste jeder, selbst Richard. Aber konnte er das ändern?
Allerdings hätte er das gekonnt, doch dazu hätte er, statt sich ständig mit der Stadtrenovierung zu beschäftigen, seinen Offizier besser unter Kontrolle behalten müssen. Der nämlich spielte sich jetzt in Richards häufiger Abwesenheit bei den Soldaten immer selbstherrlicher auf, und darüber hinaus bläute er ihnen täglich aufs Neue ein, den Bürgern zu zeigen, dass noch immer sie die Herren hier seien.
So nahm es kein Wunder, dass die Feindseligkeiten in Frowang nicht versiegen konnten.
Darüber verstrich Mond um Mond. Erst im Herbst nahm sich Richard die Zeit, über Childbrechts immer sonderlicher, ja, unverfrorener gewordenes Verhalten ernsthaft nachzudenken. Hing das etwa mit seinen sporadischen Ausritten zusammen? Wo komme Childbrecht spätabends bloß immer her, wenn er so hastig seinen durchgeschwitzten Apfelschimmel in den Stall führte und anschließend nervös in seine Stube eilte? Einen strammen Ritt müsse er da stets zurückgelegt und allem Anschein nach etwas Unstatthaftes erledigt haben.
Deshalb ritt Richard Childbrecht, als der sich eines Abends wieder auf seinem Apfelschimmel davonstahl, nach. Quer durch den Stadtwald bis zur Weststraße hin. Und dort fand er seinen Verdacht, den er immer wieder von sich gewiesen hatte, bestätigt - Childbrecht war König Chlodwigs Spion! Denn er erkannte in dessen Fackellicht, wie er einem fränkischen Königskurier eine Schriftrolle übergab.
Trotzdem Richard dergleichen geahnt hatte, entrüstete er sich darüber bis zutiefst, mehr über seinen König als über seinen Offizier, wie das wohl jedem Ritter ergangen wäre. Was nur hatte seine Majestät veranlasst, solch eine drastische Maßnahme gegen ihn zu ergreifen? Weshalb diese entehrende, ja, widerwärtige Maßnahme? Diese und ähnliche Fragen sausten auf dem Rückweg wie Schmeißfliegen durch seinen Schädel, eine aufdringlicher als die andere, und raubten ihm später die Nachtruhe.
Tags drauf musste Richard diese Schmeißfliegen aus seinem Schädel vertreiben, er musste sich den Kopf frei reden, was ihm nur bei Waldur und Segimund möglich war. Noch immer höchst erregt, berichtete er ihnen seine gestrige Beobachtung. Darüber entrüsteten sich Waldur und Segimund nicht weniger als am Abend zuvor Richard, sie zwangen sich indes zur Ruhe und bemühten sich gleichsam beruhigend auf den Ritter einzuwirken. Als ihnen das einigermaßen gelungen war, schlug Waldur ihm vor, diesem schamlosen Offizier noch eine Weile den Ahnungslosen vorzuspielen, um dadurch Zeit für eine angemessene Entscheidung zu gewinnen. Richard nahm den Rat zwar widerborstig, doch schlussendlich einsichtig an.
    S eitdem vollzog sich in Richard eine Wandlung, er brach innerlich mit seinem würdelosen König. Die erfreuliche Folge davon zeigte sich bald darin, dass er in Frowang noch eigenständiger vorging.
Auch beorderte er eines Abends Childbrecht in seine Schreibstube, um ihm eine gewaschene Standpauke zu halten. Wer ihm erlaubt habe, sich einen zweiten Dienstburschen zuzulegen, stellte er ihn zur Rede, worauf Childbrecht in unflätigem Ton erwiderte, ein zweiter Bursche stünde ihm, als Offizier von fast achthundert Mann, schon lange zu.
„Dass ich nicht lache“, höhnte Richard darüber, „zwei Dutzend Soldaten haben bereits das Feld geräumt, etliche andere haben mittlerweile das gleiche vor, und wenn Ihr so weitermacht, bleibt uns bis Weihnachten kein einziger.“
Darauf wurde Childbrecht unruhig, und Richards Rede wurde bissig: „Und das ging auf Euer Konto, Junker Anmaßend! Wie oft habe ich Euch gewarnt, die Männer nicht bei jeder Kleinigkeit anzupflaumen, und vor allem, sie nicht so herablassend zu behandeln. Jeder, aber auch jeder hat sich bei mir schon beklagt über Euch. Mais non, wie kann sich denn einer wagen, an Euch Kritik zu üben! So, und jetzt servieren sie Euch die Quittung, sie wollen nach Hause. Euretwegen! Überlegt Euch schonmal, wie Ihr das seiner Majestät erklärt.“
Das saß, Richard hatte Childbrecht noch nie so kleinlaut erlebt.
Er blieb auch so kleinlaut, und ausgesprochen freundlich wurde er zu den Soldaten. Die wussten auch weshalb, denn Richard hatte ihnen frank und frei erzählt, wie er Childbrecht

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