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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Waldur verschwörerisch zu und bat Richard dann zum Tanz.
Damit hatte sie endlich gewonnen. Richards erste Tanzschritte glichen zwar angstverkrampften Fluchtversuchen eines aufgeschreckten Waldtiers, doch je mehr ihn Siglind durch Mitsingen der Melodien und geschmeidigem Hin- und Herwiegen ihres Körpers dazu brachte, sich ebenfalls der Musik hinzugeben, desto entspannter wurde er. Bald lächelte er befreit, ließ sich von Siglinds Heiterkeit anstecken, vollzog mit Leichtigkeit die schwierigsten Schritte und scherzte zwischendurch mit ihr.
Und bevor er Siglind nach dem Tanz zurück zu Waldur führte, besorgte er rasch noch einen Becher Wein, den Siglind und er gemeinsam unter Lachen und Plaudern leerten.
Waldur traute seinen Augen nicht, als er einen gänzlich veränderten Richard zurückkehren sah. „Wie ist dir das nur gelungen?“, fragte sein Blick, den er Siglind zuwarf, worauf sie ihm mit leiser Stimme und keckem Ausdruck wissen ließ: „Weibertricks, mein Lieber.“
Lange hielt es Richard nun nicht mehr auf seinem Sitzplatz. In seiner plötzlichen Gelöstheit zog es ihn abermals und danach noch mehrmals zum Tanzpodest wie auch zu den Schanktischen. Er tanzte, plauderte, trank und flirtete sogar mit so mancher Frowangerin.
Bis er nur noch Augen und Ohren für eine aufbrachte, für Ursula, eine fesche, geistreiche Witwe seines Alters. Und Ursula war Försterin, und sie interessierte sich für die Falkenjagd. Kein Wunder, dass Siglind und Waldur ihn fortan nicht mehr zu Gesicht bekamen. Erst zum Ende des Festes wieder, als er sich mit seligem Ausdruck und Ursula an der Seite von ihnen verabschiedete.
Auf dem anschließenden Weg zum Schloss zogen Siglind und Waldur das Resümee dieser Veranstaltung. Waldur, in seinem Rollstuhl, schaute schräg zu Siglind hoch, als er meinte: „Da hat der junge Lenz Ritter Richard wohl die Minne ins Herz geweht, wie?“
„Das war nicht zu übersehen. Jedenfalls war das Fest ein Volltreffer, so viele fröhliche Gesichter!“
„Ja“, freute sich noch mehr Waldur darüber, „die Frowanger haben heute endgültig begriffen, dass es aufwärts geht, und zwar gemeinsam mit den Franken. Es ist, als hätte uns der Himmel diesen Ritter geschickt.“
Darauf bat Siglind Waldur anzuhalten, umfasste dann, während sie sich zu ihm hinabbeugte, seine Schultern und sagte ihm lieb: „Es war und ist in erster Linie dein Werk, mein Schatz, du warst es, der die Frowanger und die Besatzer einander näher gebracht hat. Das weiß niemand besser als ich. Wenn ich in der Beziehung früher auch manchmal ungerecht zu dir war, inzwischen liebe ich dich für diese Leistung mehr denn je.“
„Wirklich?“, strahlte er sie dafür an, „dann beweise mir das.“
„Herzlich gerne“, lächelte sie, fuhr ihm zärtlich durchs Haar und küsste dann seine dargebotenen Lippen.
    N icht nur Richard, auch Waldur berauschten in dieser Nacht Frühlingsgefühle. Denn als er seine Siglind später im Ehebett innig in den Armen hielt, flüsterte er ihr ins Ohr: „Jetzt können wir aber doch an ein zweites Stramplerchen denken, wie?“
„Ich weiß nicht.“
„Was weißt du nicht? Hm? - Sag doch.“
Sie aber kuschelte nur wortlos ihr Gesicht an seine Wange, weshalb er weiterdrängte: „Meinst du nicht? - Sag doch was, Herzblatt . . Bitte!“
„Ach, mein Schatz, wir sind doch schon so alt.“
Sie war vierunddreißig, er neununddreißig.
„Alt“, empörte er sich, „och, du!“
Darauf küsste sie ihm zärtlich die Mundwinkel und bat: „Liebling, lass uns vernünftig bleiben, ja?“
„Na, gut“, gab er nach, „ich füge mich deinem Wunsch. - Aber ungern!“
    T ief im Boden der Frowanger Grünanlagen werkelten alsbald unzählige Alben, die durch priesterliche Sonderriten in der Osterwoche zu noch größerer Schaffensfreude angeregt wurden.
Herauf zur Oberfläche drangen sie jedoch erst in der Walpurgisnacht, angelockt von einigen dezent hergerichteten Feuern und nicht zuletzt von den heiteren Tänzen der Frowanger und Franken.
Und in jener Nacht wehten schließlich vom Tempelgarten her die Königsalben heran, der mächtige Pan, die Parkfee, und am Schluss die uralte, zauberhaft schöne Hollerkönigin. Zunächst ließen sie sich in den Wipfeln der Parkbäume nieder und schauten still den Lufttänzen ihres Äthervolkes zu. Lange konnten sie allerdings nicht widerstehen, und einer nach dem anderen reihte sich in die Tanzreigen ein. Für alle Festplatzbesucher, deren Blick bis in den Äther reichte, ein erhebendes

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