Hexenblut
Hand wurde auf ihren Mund gepresst. Sie war rau und schwielig, roch nach Zigaretten und Öl. Sarah versuchte zuzubeißen und nach dem Angreifer zu treten, aber der drückte nur noch fester zu und zerrte sie hinter sich her aus dem Haus.
Sie hörte Luke rufen, der wissen wollte, was los war, doch bevor sie etwas sagen konnte, wurde ihr ein Lappen in den Mund geschoben, der nach Benzin und Wagenschmiere schmeckte. Als sie zum Wagen geschleppt wurde, scheuerte sie sich auf dem Pflaster die Füße wund. Auf der Straße war alles ruhig, niemand war unterwegs.
Die Kofferraumhaube stand bereits offen, im Kofferraum lagen schmutziges Werkzeug und ein Ersatzreifen, dennoch wurde sie mit dem Kopf voran hineingestoßen, dann drehte ihr der Mann die Arme auf den Rücken und fesselte rasch ihre Hände.
Und dann warf er den Kofferraumdeckel zu.
Die Erinnerungen stürzten auf sie ein, während sie auf diese schwarze Kapuze starrte, die nicht erkennen ließ, wer sich dahinter verbarg.
»Warum ich?«, schluchzte sie.
Er legte den Kopf schräg und betrachtete sie. »Ich bin hier, um mich um dich zu kümmern, Sarah. Kann ich irgendetwas für dich tun?«
Ungläubig schaute sie ihn an und blickte über seine Schulter zur Tür. Dort war eine Treppe zu sehen, die nach oben führte.
»Sie können mich nach Hause gehen lassen«, antwortete sie kläglich.
»Sonst noch was?«
Sarah schluckte, da ihr erneut Tränen in die Augen steigen wollten. Dann schüttelte sie nur den Kopf, da sie wusste, wenn sie auch nur einen Ton sagte, würde sie damit ihre Schwäche verraten.
Anstatt etwas darauf zu erwidern, stand er nur da, bis er nach einer Weile kehrtmachte und wegging.
Fast wäre Sarah hinter ihm hergelaufen, um ihn anzuflehen, sie nicht wieder einzusperren, um ihm zu sagen, dass sie alles tun würde, um hier rauszukommen. Doch irgendetwas hielt sie davon ab. Vielleicht war es die Angst vor dem, was er wirklich von ihr wollte. Und so schaute sie ihm nach, wie er ihre Zelle verließ, und sie hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
Dann war sie wieder allein und ließ ihren Tränen freien Lauf, während aus den Lautsprechern wieder der Herzschlag dröhnte, der sie dazu zwang, die Hände fest auf ihre Ohren zu pressen.
10
A ls Nächstes suchte ich Lukes Fitnesscenter auf.
Untergebracht war es in einem Neubaukomplex aus Glas und Stahl auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik am Rand von Blackley. Auf der einen Seite befanden sich Geschäfte, auf der anderen eine Pizzeria und eine Bowlingbahn. Genau dazwischen lag das Fitnesscenter und bereitete jedem ein schlechtes Gewissen, der von der Pizzeria zurück zu seinem Wagen ging.
Als ich mich dem Eingang näherte, konnte ich das glänzende Metall der Fitnessgeräte und der Fahrräder sehen, ebenso die Galerie für die selbstverliebten Wichtigtuer, die ihre gestählten Körper an den Geräten entlang der hohen Fensterfront zur Schau stellen wollten. Beim Betreten hörte ich Musik aus den Boxen dröhnen, darunter mischte sich das gelegentliche Scheppern der Gewichte. Am Empfang stand eine gelangweilte junge Frau in einem Polohemd. Sie warf einen Blick auf meinen Bauch und griff sofort nach einem Antragsformular, aber ich legte eine Visitenkarte auf den Tresen. »Ich schreibe einen Artikel über Luke Howarth«, sagte ich. »Ist jemand im Haus, mit dem ich über ihn reden kann?«
Mir entging nicht, dass sich ihre Stimmung schlagartig änderte. »Ihre Kollegen waren alle schon letzte Woche hier«, meinte sie. »Ich dachte, inzwischen würde Sie das Thema langweilen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Luke hat mehr verdient als das, was über ihn geschrieben wurde«, erklärte ich, da ich vermutete, dass sie mit ihm befreundet gewesen sein könnte. »Ich möchte herausfinden, was mit ihm passiert ist. Waren Sie mit ihm befreundet?«
»Eigentlich nicht«, entgegnete sie, machte dann jedoch einen betroffenen Eindruck. »Das soll jetzt nicht heißen, dass ich ihn nicht gemocht habe. Ich bin noch nicht so lange hier, aber er kam mir ganz nett vor. Callum war sein bester Freund.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Er geht bald in die Pause. Ich werde ihm Bescheid geben, dass er herkommen soll.« Dann deutete sie auf die Kaffeebar in der Ecke.
Ich hatte meinen Latte erst zur Hälfte getrunken, da kam ein großer Mann mit dunkler Haut und Afro-Schnitt auf mich zu. Er trug die gleiche Dienstkleidung wie die Frau am Empfang, nur füllte er sie deutlich besser aus. Die Ärmel spannten sich über seine
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