Hexenblut
und ging zu Bruch, und im nächsten Moment kam auch von dort ein gewaltiger Wasserstrahl in das Cottage geschossen. Tom drehte sich in die Richtung und schrie aus Leibeskräften.
Das Wasser spritzte von zwei Wänden zurück, der Strahl wanderte weiter und riss Bilder, Bücher und andere Dinge mit sich. Die Tapetenbahnen legten sich in Wellen und lösten sich vom Untergrund. Die Blechdosen kippten um, ihr Inhalt trieb einen Moment lang schimmernd auf dem Wasser und sickerte dann durch die Ritzen im Fußboden.
Tom schaffte es, die Schrotflinte wieder an sich zu nehmen, und er kehrte zu mir zurück. Ich machte mich auf den tödlichen Schuss gefasst, zumal Dan ihn anschrie: »Bring ihn um, du nutzloser Bastard!« Das Wasser verursachte im Haus einen solchen Lärm, dass Dan kaum zu hören war.
Ich schloss die Augen und wartete auf das Ende, das unweigerlich bevorstand.
In der Zwischenzeit musste sich der Wasserstrahl weiterbewegt haben. Das Wasser schoss mit ohrenbetäubendem Lärm gegen die Zimmerwand, und als sich das gleichmäßige Trommeln plötzlich veränderte und heller wurde, schlug ich die Augen auf und konnte mit ansehen, wie Tom vom Wasser ins Gesicht getroffen wurde. Die Wucht war so groß, dass sein Kopf nach hinten gerissen wurde und er die Schrotflinte mit erhobenem Arm, ohne zu zielen, abfeuerte, wodurch er den Halt verlor und zu Boden geworfen wurde. Der Schuss dröhnte in meinen Ohren, und ich schaute mich hastig um, wen oder was er getroffen haben mochte. Tom schien unverletzt, blieb aber reglos liegen.
Ich sah zu Laura, die in Panik weiter an ihren Fesseln zerrte und versuchte, den Kopf so wegzudrehen, dass sie nicht vom Wasser getroffen wurde. Sie kam aber nicht so recht voran, und ich wollte zu ihr, doch der Strahl traf nun mich in den Rücken und schleuderte mich mit der Wucht eines Fausthiebs, der jeden Schwergewichtsboxer vor Neid hätte erblassen lassen, zu Boden.
Dan näherte sich mir in gebückter Haltung durch das nasse Inferno. Ich rief ihm zu, er solle stehen bleiben, doch im nächsten Moment fiel er vornüber auf mich. Er landete ungebremst auf mir und stöhnte so laut auf, dass ich es trotz des Lärms hören konnte. Sein Atem strich heiß über meine Wange. Als ich Dan von mir schob, rollte er zur Seite und sackte in sich zusammen. Ich musterte ihn und bemerkte seinen leeren Blick. Er keuchte und presste eine Hand auf seinen Leib, dann fiel mir auf, dass sich sein Hemd rasch rot verfärbte.
Er war am Bauch getroffen worden; das Blut wurde von seiner Hose aufgesogen, lief über seine Arme, wo es vom Wasser weggespült und verdünnt wurde. Sein Blick war auf mich gerichtet, aber er schien etwas zu sehen, was sich in weiter Ferne befand. Er war getroffen worden. Von einem Schuss aus Toms Schrotflinte.
War es nur ein Unfall gewesen?
Ich wollte mir die Schusswunde genauer ansehen, beobachtete aber beharrlich seine Augen, da ich fürchtete, es könnte irgendein Trick sein. Mit meiner unversehrten Hand drückte ich auf seinen Bauch, woraufhin er vor Schmerzen zusammenzuckte, mit den Zähnen knirschte und ein tiefes Grollen ausstieß.
Mir fielen die Löcher in seinem Hemd auf, die die Schrotkugeln hinterlassen hatten. Wieder sah ich ihm in die Augen, ohne die Hand von seinem Bauch zu nehmen. Dass die Wasserstrahlen ringsum weiter die Einrichtung in Trümmer legten und dabei weitere Scheiben zu Bruch gingen, kümmerte mich nicht. Mein ganzes Interesse galt Dan Mather.
Ein Blick zu Laura, die immer noch an den Stuhl gefesselt war, genügte, um meine Wut überschäumen zu lassen. Ich musste an Sarah denken, die junge Frau, die ich nie kennengelernt hatte. An ihre Eltern, die um sie trauerten und denen nichts weiter blieb als alte Fotos und ihre Erinnerungen. Dann schaute ich wieder Dan Mather in die Augen. Ich wollte ihn leiden sehen.
Ich biss die Zähne zusammen und suchte nach den Wunden. Während ich seinen blutverschmierten Bauch abtastete, beobachtete ich seine Augen. Sein Atem ging schneller, und seine Augen wurden größer, als ich zudrückte.
Ich fand die Einschusslöcher, seine Bauchdecke glich einem Sieb. Ich glaubte, in seinen Augen einen flehenden Ausdruck zu erkennen.
»Warum haben Sie uns nicht alle in die Luft gehen lassen?«, schrie ich wutentbrannt und versuchte, den Lärm des Wassers zu übertönen.
Er schüttelte schwach den Kopf.
»Weil Sie ein Feigling sind«, sagte ich, »genau wie wir alle!«
Dann bohrte ich den Daumen mit Wucht tief in eines der
Weitere Kostenlose Bücher