Hexenblut
»Aber McGanity hat schon mal besser ausgesehen.«
Carson nickte Joe zu, der über Funk den Einsatzbefehl gab, und beobachtete dann voller Unruhe, wie sich die Einheiten in Bewegung setzten. Die schweren Schritte der Männer und das Scheppern der Schilde, die gegeneinanderschlugen, erfüllte die Luft.
Die Linien rückten langsam vor, da die Polizisten bei jedem Schritt darauf achten mussten, dass sie sich nach wie vor im Schutz ihrer Schilde befanden. Zwei Einheiten bewegten sich auf die Frontseite des Hauses zu, denen das freie Feld vor dem Cottage keinerlei Deckung bot. Die dritte Einheit näherte sich seitlich und folgte dabei dem Verlauf der Mauer, die die Grundstücksgrenze markierte.
Carson betrachtete das Haus durch sein Fernglas, konnte aber keine Bewegungen ausmachen. Am Dachfenster flatterte ein Vorhang im Wind, doch davon abgesehen war alles so ruhig wie an einem Sonntagmorgen. Schweiß lief Carson über die Stirn, das Hemd klebte ihm am Rücken. Er nahm das Fernglas runter und schaute zum Bus. Alle Blicke waren auf das Haus gerichtet.
»Ich will wissen, ob die beiden noch leben«, sagte Carson und versuchte, Dans Konzentration auf das Geschehen im Haus selbst zu lenken.
Die Einheiten rückten derart langsam vor, das es fast schien, als würden sie sich gar nicht vom Fleck rühren. Alle warteten nervös auf ein Zeichen, sich sofort wieder zurückzuziehen, falls etwas darauf hinweisen sollte, dass die Lage zu gefährlich wurde.
Carson hatte die strikte Anweisung erteilt, das Leben der Feuerwehrleute unter keinen Umständen in Gefahr zu bringen. Jede Einheit schaffte es, sich dem Objekt bis auf gut zehn Meter zu nähern. Im Haus war alles ruhig, und auf dem Gelände ringsum herrschte ebenfalls fast völlige Ruhe, wenn man von dem statischen Rauschen der Funkgeräte absah, die man bei sich trug, um Karl Carsons Signal auf jeden Fall mitzubekommen.
* * *
Tom Mather sprang auf, als er draußen ein Geräusch hörte.
»Sie kommen!«, brüllte er.
Sein Vater schaute erst zu ihm, dann sah er aus dem Fenster und entdeckte die Schutzschilde der Polizisten. Ich machte einen Satz auf ihn zu, aber mein Knie knickte weg, und ich landete mit schmerzverzerrter Miene auf dem Fußboden. Ich hörte, wie mein Wangenknochen brach, als Tom mir den Gewehrkolben ins Gesicht rammte. Vor Schmerzen schrie ich auf, und ich hatte das Gefühl, dass meine Wange in Flammen stand.
Fast hätte ich das Bewusstsein verloren, doch gerade wollte alles um mich herum schwarz werden, da hörte ich, wie Laura zu stöhnen begann. Ich kämpfte gegen einen akuten Brechreiz an, doch noch bevor ich wieder klar sehen konnte, drückte Tom mich auf den Boden, indem er die Waffe gegen den gebrochenen Kieferknochen presste. Die Schmerzen ließen prompt wieder Sterne vor meinen Augen aufblitzen.
Ich atmete tief durch und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen, damit ich trotz Panik und Übelkeit meine Umgebung wieder wahrnehmen konnte. Ich spürte, wie sich der gebrochene Knochen unter der Haut bewegte und die Bruchstellen bei jedem Atemzug aneinanderrieben. Ein Schmerz jagte durch meinen Körper, als hätte mir jemand ein Schwert in den Leib getrieben.
Tom bückte sich, bis sein Gesicht dicht neben meinem war. »Wirst du auf einmal mutig, Garrett?«, spottete er. »Wir werden alle zusammen sterben.«
In dem Moment wurde mir bewusst, dass er damit wahrscheinlich recht hatte. Ich nahm all meinen Zorn zusammen, ignorierte den Schmerz und spuckte ihm ins Gesicht. Er wischte den blutigen Speichel ab und verrieb ihn auf meiner Wange, sodass ich vor Schmerz fast an die Decke gegangen wäre. Wieder drohte ich ohnmächtig zu werden, aber ich zwang mich, bei Bewusstsein zu bleiben.
Erneut versuchte ich aufzustehen, doch alles drehte sich so rasend schnell vor meinen Augen, dass ich nichts anderes tun konnte, als mich wieder auf den Boden sinken zu lassen.
»Verdammter Mistkerl«, brachte ich heraus. Blut lief mir aus dem Mundwinkel, jedes Wort war eine Qual. »Wenigstens habe ich die Gewissheit, dass euch beiden nach dem heutigen Tag niemand mehr zum Opfer fallen kann.«
Keuchend blieb ich liegen, mein Wutausbruch hatte mir auch die letzten Kräfte geraubt. Tom hielt seine Waffe auf mich gerichtet, dann sah ich Dan hinter ihm auftauchen.
»Das war es also«, sagte Dan ohne jede Gefühlsregung in seinem Ton. »Das waren Ihre letzten Worte. Gar nicht gut.« Er bückte sich und versuchte, mir in die Augen zu sehen. »Wie fühlt es sich an?«, wollte
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