Hexenblut
ab und verließ den Raum. Sarah war wieder allein. Das einzige Geräusch stammte vom Stahlbolzen, der vorgeschoben wurde, um die Tür zu verriegeln.
Sie sah zum Essen. Es stand auf einem Tablett gleich an der Wand. So wie beim letzten Mal. Er ließ eine Gewohnheit erkennen, eine Schwäche. Wenn er das Tablett dort abstellte, musste er ihr den Rücken zudrehen.
Sarah verließ das Bett und ging zur Tür, von dort zum Tablett. Drei Schritte waren nötig, dann folgte eine Pause, während er das Tablett auf den Boden stellte. Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. Aber erst einmal musste sie zu Kräften kommen.
Sie warf einen Blick auf das Essen. Frisches Brot, Frühstücksspeck, Eier, Wasser. Das Brot sah genießbar aus und frei von Drogen. Speck und Eier ließen sich sicher so gut wie gar nicht mit irgendwelchen Drogen versetzen. Vielleicht konnte sie das alles essen und nur auf das Glas Wasser verzichten.
Aber sie musste etwas trinken.
Die Gedanken an das Essen wurden übermächtig, und sie wollte alles verspeisen. Jetzt sofort!
Ihr Magen knurrte bereits schmerzhaft. Der Mann hatte in einer Hinsicht recht. Wenn sie ihn besiegen wollte, musste sie ihre Angst überwinden. Wenn im Essen Drogen versteckt waren, würde sie wieder leiden, doch sie wusste, wenn sie gar nichts aß, würde sie nur noch mehr leiden.
Sie brach ein Stück Brot ab und musterte es kritisch. Es sah so aus, wie Brot aussehen sollte. Sie nahm ein paar Krümel in den Mund und fand, dass sie unbedenklich schmeckten. Dann biss sie ein größeres Stück ab und kaute sorgfältig. Sie stöhnte leise auf, so köstlich schmeckte es. Wenn ihr die Flucht gelingen sollte, dann musste sie bei Kräften sein. Sie setzte sich auf den Boden und begann den Speck und die Eier zu essen. Nachdem nichts mehr übrig war, widmete sie sich dem Wasser. Es schien frisch zu sein, es sah aus wie Wasser, und als sie daran roch, war auch kein ungewöhnlicher Geruch festzustellen.
Sie atmete tief durch, setzte das Glas an und trank es in einem Zug aus. Anschließend seufzte sie leise und lachte zufrieden. Es war ein gutes Gefühl, nicht mehr durstig zu sein.
Dann stand sie auf und ging in ihrer Zelle hin und her, die nun das Echo ihrer Schritte widerhallen ließ. Sie fühlte sich zu Kräften gekommen, sie würde es schaffen, von hier zu entkommen. Das wusste sie jetzt, und als sie sich der Tür näherte, trat sie dagegen und lachte über den dumpfen Knall. Sie schlug mit der Faust dagegen, und sofort fühlte sie sich besser. Also traktierte sie weiter die Tür und verzog vor Anstrengung das Gesicht. Als sie schließlich keuchend abbrach, lächelte Sarah.
31
W ir fuhren die Straße zu unserem Haus hinauf, die Lichter von Turners Fold verschwanden immer wieder hinter den Bäumen am Straßenrand. Bobby war auf dem Rücksitz eingeschlafen.
Als wir uns dem Haus näherten, konnte ich dort jemanden erkennen. Eine zierliche Frau in einem weiten Mantel und einer Wollmütze, die sich in die Handflächen blies. Ein Wagen war nirgends zu sehen.
»Wer ist das?«, fragte Laura.
Ich kniff die Augen zusammen, da ich mir nicht sicher war, doch dann erfassten die Scheinwerfer ihr Gesicht, und ich erkannte sie. »Das ist Katie Gray«, sagte ich überrascht. »Die Untermieterin von Sarah Goode.«
»Woher weiß sie, wo du lebst?«, fragte Laura argwöhnisch.
»Nicht von mir«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Auf der Visitenkarte steht nur meine Telefonnummer.«
Als Laura angehalten hatte, stieg ich aus und ging zu Katie. »Hallo. Was machst du hier?«
Sie wollte mir offenbar um den Hals fallen, aber als Laura mit Bobby in den Armen dazukam, hielt Katie inne. »Tut mir leid«, antwortete sie zögerlich. »Ich habe wegen deiner Adresse rumtelefoniert. Du bist in Turners Fold ziemlich bekannt.«
Ich stutzte, da ich mich nicht daran erinnern konnte, Turners Fold überhaupt erwähnt zu haben.
»Ich habe Angst, Jack«, erklärte sie leise. Als Laura an uns vorbei zum Haus ging, verstummte Katie. Ich sah, dass Bobby nicht aufgewacht war.
»Wieso? Was ist denn los?«
Katie drehte sich um und beobachtete, wohin Laura ging, dann griff sie in ihre Tasche und zog etwas Weißes hervor. »Ich war gerade erst zurückgekommen«, fuhr sie mit gepresster Stimme fort.
Wie Katie meine Adresse herausgefunden hatte, war im Moment zweitrangig. Dafür war ich viel zu neugierig, was sich zugetragen haben mochte. Irgendetwas war vorgefallen, und im Schein der Beleuchtung am Haus konnte ich rote Ränder
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