Hexenbrand
danach die Garage betrat.
Es war die Schattenhexe!
***
Also doch. Assunga war gekommen. Die Königin der Hexen hatte sich mal wieder aus ihrem Versteck gewagt.
Jetzt stand sie da.
Sie sah aus wie immer. Ihr Haar schimmerte wie Kupfer, der Umhang reichte als schwarzes Kleidungsstück bis zum Boden, und in ihren Augen war ein Funkeln. Dass die Reste eines Menschen in der Nähe lagen, störte sie nicht.
»Das hatten wir uns gedacht«, sagte ich.
»Was?«
»Dass du hier erscheinen würdest.«
Sie lächelte. Oder lächelte sie nicht? Zumindest zuckten ihre Mundwinkel.
Ich sprach weiter. »Und du kannst dich nicht als Siegerin fühlen.«
»Das sehe ich.«
»Deine Helferin ist verbrannt. Sie ist verkohlt. Du solltest dich darauf einstellen, dass du einen mächtigen Feind hast.«
»Ich weiß.«
»Kennst du ihn?«
Sie nickte. »Es ist der Henker. Der Mörder mit dem Flammenschwert, der alles vernichten kann.«
»Aha. Er ist dir ein Begriff?«
»Ja.«
»Und weiter?«
»Er ist wieder da«, sagte Assunga mit leiser Stimme. »Er will dort weitermachen, wo er aufgehört hat. Er sollte im Fegefeuer schmoren, was natürlich nur bildlich gemeint ist. Es gibt im Fegefeuer kein normales Feuer, aber es ist eine Welt der Strafe. Ein Heiliger hat ihn dorthin gejagt.«
»Und wer hat ihn befreit?«
»Ich weiß es nicht.«
»Der Teufel vielleicht?«
»Das glaube ich nicht, denn er steht auf unserer Seite, so sagt man. Aber man kann sich auch irren. Ich bin mir da nicht so sicher.«
»Jedenfalls ist er eine Gefahr für euch.«
»Für dich nicht?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das kann sein, ja, er ist bestimmt nicht unser Freund. Und wir wissen inzwischen, dass wir ihn mit unseren Silberkugeln nicht stoppen können. Wer hat ihn so mächtig gemacht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Okay, Assunga. Und was hast du jetzt vor? Du bist gezwungen, etwas zu tun. Du musst deine Hexen beschützen, und ich kann mir denken, dass der Henker auch einen Zutritt zu eurer Welt finden wird. Er sah mir aus, als könnte ihn nichts aufhalten.«
»Willst du es nicht versuchen?«
»Ja, eigentlich schon. Aber er ist doch dein Todfeind oder der deiner Hexen. Wir haben andere Aufgaben zu erledigen. Hier kann ich nur sagen, dass sich der Dritte freut, wenn zwei sich streiten. Kommt das ungefähr hin?«
»Ja, kann man so sagen.«
»Also sind wir aus dem Spiel.«
Assunga blieb gelassen. »Warum bist du so voreilig, John Sinclair? Das kenne ich nicht an dir.«
»Was heißt denn voreilig?«
»Nun ja, so weit sind die Hexen auch nicht von dir entfernt, John. Denk dran.«
»Das musst du mir erklären.«
»Jane Collins!«
Jane war seit langer Zeit eine Freundin von mir. Aber war sie auch eine Hexe?
Sie war mal eine gewesen. Sie hatte sich auf die Seite des Teufels gestellt, aber wir hatten es geschafft, sie aus seinen Klauen zu befreien. Bis auf eine Kleinigkeit. Wir hatten es nicht ganz geschafft, ihr die Hexenkräfte zu nehmen. Sehr schwach waren noch einige bei ihr vorhanden.
Reichte das aus, um als Hexe zu gelten?
Nein, in meinen Augen nicht. Sie war ja auch in der Lage, mein Kreuz anzufassen, ohne dass ihr etwas geschah. Für mich war Jane Collins keine Hexe.
Für andere schon. Und Assunga hatte mich darauf hingewiesen. Sie sagte erst mal nichts und ließ ihre Worte wirken. Ich hatte mir schon eine Antwort zurechtgelegt und war froh, dass Suko sich nicht einmischte. Er stand nicht weit entfernt und war bereit, einzugreifen, denn er traute Assunga nicht.
»Na, John Sinclair, hast du alles verdaut?«
»Ja, das habe ich.«
»Und? Was sagst du?«
»Für mich ist Jane Collins keine Hexe.«
Da lachte unsere Besucherin auf. »Ja, für dich nicht, aber es gibt Menschen, die anders darüber denken.«
»Und wer? Du?«
»Möglich.«
»Und weiter?«
»Ich kann dir nichts sagen. Nur so viel: Der Henker ist wieder unterwegs, und es ist durchaus möglich, dass er nichts vergessen hat. Er wird auch weiterhin vernichten wollen. Er kennt euch jetzt. Gebt auf eure Köpfe acht. Ihr könnt sie schneller verlieren, als ihr denkt.«
»Ich dachte, der Henker verbrennt nur«, sagte ich.
»Ja, das kann sein. Nur nicht bei euch, schätze ich.«
»Und warum nicht?«
»Warte es ab, wir treffen uns bestimmt wieder.«
Mehr sagte sie nicht. Sie drehte sich um und ließ uns stehen wie zwei dumme Jungs.
Suko schaute mich an. »Jetzt sag was. Ihr ganzes Auftreten, war das nur Show?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie hat doch was vor.«
Ich nickte.
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