Hexenbrand
auf sich. Ja, es musste ihre Schuld sein, dass es nicht so lief, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Jane blieb nicht auf der Stelle stehen. Sie ging durch den Laden und achtete darauf, sich lautlos zu bewegen. Sie hätte noch mal nach der Besitzerin rufen können, doch das tat sie nicht.
So wartete sie auf halber Strecke und in Höhe der Kasse. Warum sie genau hier angehalten hatte, wusste sie nicht. Es konnte sein, dass eine innere Stimme sie dazu gezwungen hatte. Jane hörte auf sie und schaute weiterhin nach vorn wie jemand, der sicher war, etwas zu entdecken.
Und das war der Fall.
Sie sah etwas, das bei ihr ein Kopfschütteln auslöste. Einen dunklen Fleck, der sich deutlich auf dem helleren Boden abmalte. Er war beim Betreten der Boutique noch nicht da gewesen.
Jetzt schon …
Und er lag links von ihr. Dort befand sich auch die zweite Umkleidekabine, deren Vorhang zugezogen war.
Aber unter ihm war etwas Dunkles hervorgesickert. Jane Collins war noch zu weit weg, um die Farbe genau erkennen zu können, aber es konnte durchaus Blut sein.
Der Gedanke daran schockte sie.
»Nein!«, flüsterte sie. »Nur das nicht. Bitte nicht …«
Sie ging dennoch weiter. Sie hätte eigentlich den Namen der Besitzerin rufen müssen, aber das tat sie nicht. Die Worte blieben ihr im Hals stecken, und sie spürte, dass sie immer blasser wurde. Zudem fingen ihre Knie an zu zittern. Das kannte sie kaum von sich, aber sie ging weiter. Es war wie ein Antrieb, der immer stärker wurde.
Und sie erreichte die Höhe der Kabine. Sie schaute zu Boden, und da sah sie es.
Ja, es war Blut!
Eine Lache, die sich ihren Weg aus der Kabine gebahnt hatte. Sie war unter dem Stoff hervorgekrochen. Ob sie noch Nachschub bekam, das wusste Jane nicht, aber sie konnte sich vorstellen, wem das Blut gehörte. Harriet, der Besitzerin.
Es war verrückt. Es war nicht zu fassen, sie hätte schreien können, was sie nicht tat. Sie kam sich vor wie eingefroren, und es kostete sie Überwindung, den Vorhang zur Seite zu ziehen und zu sehen, was dahinter geschehen war.
Jane bewegte ihre Lippen. Sie sprach zu sich selbst, aber sie wusste nicht, was sie da sagte. Ihre Finger krampften sich in den Stoff. Zugleich lauschte Jane, um herauszufinden, ob sich hinter dem Vorhang etwas tat.
Nein, da war nichts zu hören!
Für Jane Collins gab es jetzt kein Halten mehr. Sie zerrte den Vorhang zur Seite, dann war ihr Blick frei.
Jane riss die Augen weit auf.
Was sie sah, war für sie ein Schock.
Auf dem Hocker saß eine alte Bekannte.
Es war Justine Cavallo, die Vampirin und blonde Bestie!
***
Das war ein Schlag unter die Gürtellinie, und Jane hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Damit hätte sie niemals gerechnet.
Und die Cavallo war nicht allein.
Sie hielt eine Frau fest, die sie quer über ihre Knie gelegt hatte. Jane kannte die Person, die immer so stolz auf ihre naturroten Haare gewesen war.
Das war sie jetzt nicht mehr, denn sie war tot. Als Leiche lag Harriet über den Knien der Blutsaugerin, die sich bereits an ihr gelabt hatte.
Die Frau war ausgeblutet. An ihrem Hals waren die beiden rötlichen geschwollenen kleinen Löcher zu sehen, die von den Vampirhauern der Cavallo gerissen worden waren. Das Blut der anderen hatte sie gesättigt. Das jedenfalls zeigte ihr Gesicht, das sehr zufrieden aussah. Sie musste mit einer irren Gier über Harriet hergefallen sein, wenn man das Blut betrachtete, das überall hin gespritzt war.
Jane Collins war nicht so leicht zu schocken. In diesem Fall verlor sie etwas die Kontrolle. Sie hatte das Gefühl, von einem wilden Schwindel überfallen worden zu sein, und sie hatte Mühe, nicht auf der Stelle zusammenzubrechen.
»Hi, Jane, so sieht man sich wieder …«
Die Detektivin nickte nur. Aber das war nur eine Geste gewesen. Sie hatte es unbewusst getan.
»Du – du – bist wieder da?«
»Ja. Wer bin ich denn sonst?« Justine lachte kehlig. »Hast du gedacht, ich bin aus dem Spiel?«
»Ja, so ähnlich.«
»Das ist ein Irrtum. Ich bin nicht aus dem Spiel. Ich bin wieder da. Ich habe mich nur erholen müssen. Die Heilige hat es nicht geschafft, mich für immer zu schwächen, und dann hat es jemanden gegeben, die mir Unterschlupf gewährte.«
»Assunga, nicht?«
»Ja, richtig. Es ist Assunga gewesen.«
Jane legte den Kopf zurück, aber sie lachte nicht. »Ausgerechnet Assunga, die Schattenhexe.«
»Ja, sie.«
»Aber das kann nicht sein. Eine Hexe und eine Vampirin, das passt nicht
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