Hexenbrand
»Ja, das hat sie. Aber was?«
»Der Henker scheint für sie ein Problem zu sein«, stellte Suko fest. »Mir kam sie vor, als wäre sie verunsichert gewesen. Nicht so hart wie sonst.«
»Ja, das kann sein. Aber du weißt bei ihr nie, ob sie ehrlich ist oder nicht.«
»Dann frage ich dich, John, was sie genau von uns will.«
Ich dachte kurz nach. »Kann sein, dass sie unsere Hilfe braucht.«
»Hat sie das gesagt?«
»Nein, Suko, aber ich kenne sie. Eine wie Assunga spricht selten direkt aus, was sie will.«
»Okay, wie du meinst.
»Dann freuen wir uns mal auf die Zukunft.«
»Richtig. Und auf Jane Collins.«
»Ja«, sagte ich und stöhnte leise. An die Detektivin hatte ich die ganze Zeit über nicht gedacht. Und ich konnte nur hoffen, dass sie nicht längst schon in eine Falle gelaufen war …
***
Jane Collins mochte den Geruch in den Kaufhäusern nicht, wenn solch ein Massenandrang herrschte wie an diesem Tag. Besonders in den Umkleidekabinen war er dann extrem stark.
In den Umkleidekabinen der Boutiquen war das nicht so der Fall, da wehte meist ein Parfümduft durch den kleinen Raum, aber der war ebenfalls unnatürlich.
Es blieb einem nichts anderes übrig, als eine Umkleidekabine zu benutzen, wenn man neue Klamotten kaufen wollte. Das war bei Jane Collins der Fall. Sie hatte etwas gesehen, das ihr gefallen hatte. Ein halblanger Mantel aus hellem Stoff und mit buntem Innenfutter Die Besitzerin des Ladens hatte Jane dazu überredet, noch einen Pullover mit in die Umkleide zu nehmen.
Jane Collins kannte das Spiel. Es machte ihr auch nichts aus, wenn sie Zeit hatte, und das war an diesem Tag so. Außerdem war sie die einzige Kundin in dem kleinen Laden, der etwas versteckt in einer Seitenstraße lag, die zu Soho gehörte.
Den Mantel hatte Jane anprobiert. Er passte, er stand ihr auch gut. Jetzt griff sie zum hellgrünen Pullover. Er war weich und flauschig und wirkte sehr feminin.
Es gab natürlich auch einen Spiegel in der Kabine. Jane Collins stellte sich davor, schaute sich an, durchaus auch kritisch, nickte sich dann zu, was bedeutete, dass sie zufrieden war. Der Pullover saß gut. Sie strich noch mal über den weichen Stoff und lächelte. Diese Reaktion bedeutete, dass sie sich entschlossen hatte, den Pullover zu kaufen.
Sie zog ihn wieder aus und hängte ihn an den Bügel. Dann streifte sie ihre Bluse über, knöpfte sie zu und griff zur Strickjacke, die sie getragen hatte. Es war eine dieser langen Jacken, die über die Oberschenkel reichten, sodass man sie auch im Winter und im Freien tragen konnte, wenn es nicht zu kalt war.
Alles klar. Sie wollte die Kabine verlassen, schnappte sich den Pullover und blieb auf der Stelle stehen.
Etwas stimmte nicht. Etwas hatte sie gestört, und Jane achtete sehr auf ihr Bauchgefühl.
Sie wartete und lauschte.
Im Laden war es still geworden, das bekam sie jetzt sehr genau mit. Zwar war es vorhin auch nicht laut gewesen, aber es hatte eine Background-Musik gegeben, und die war jetzt nicht mehr zu hören.
Ob die Besitzerin sie abgestellt hatte? Vielleicht war auch die CD durchgelaufen, es gab für alles eine Erklärung. Es konnte alles einen harmlosen Grund haben.
Und warum glaubte sie nicht daran?
Jane Collins schalt sich selbst eine Närrin. Sie schüttelte den Kopf, sie schluckte, sie spürte auch den Schauder auf ihrem Rücken und drückte den Vorhang ein wenig zur Seite, sodass sie in den Laden schauen konnte.
Sie sah niemanden.
Die Besitzerin war auch nicht zu hören, und Jane widerstand dem Wunsch, nach ihr zu rufen. Dafür verließ sie ihre Kabine. Den Vorhang zog sie behutsam zurück und schob sich dann in den Laden hinein, ohne etwas zu sagen.
Das Geschäft war leer!
Jane war nicht überrascht. Damit hatte sie auch gerechnet, denn auch die Besitzerin sah sie nicht, was die Detektivin schon verwunderte, denn sie hatte damit gerechnet, sie fragen zu können, aber das war nun nicht möglich.
Wo trieb sie sich herum? Hatte sie den Laden verlassen? Auch das wusste sie nicht.
Sie ging zwei Schritte vor. Gegenüber befanden sich die Regale. Dort lagen die Pullover und Blusen sorgfältig einsortiert, links von ihr gab es die Theke mit der Kasse und an deren Ende noch eine zweite Umkleidekabine.
»Harriet?« Zum ersten Mal rief Jane den Namen der Besitzerin. Niemand antwortete ihr.
Je mehr Zeit verstrich, umso ungewöhnlicher kam Jane die Situation vor. So etwas hatte sie noch nicht in einem Geschäft erlebt, und plötzlich bezog sie die Dinge
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