Hexengold
Geruch an ihm. Etwas Bitteres lag in seinem Atem. Das rührte wohl von dem neuen Getränk, das er gekostet hatte, beruhigte sie sich. »Seit wir hier in Frankfurt sind, kriege ich dich kaum mehr zu Gesicht, und selbst dann scheinst du mit deinen Gedanken ganz weit weg.«
»Es gibt einfach so vieles zu regeln und zu bedenken.« Sein Mund verzog sich zu einem entschuldigenden Lächeln. Er fasste nach ihren Händen und küsste sie. »Vinzent steht mir zum Glück zur Seite. Trotzdem ist es etwas ganz anderes, als einzelner Kaufmann durch die Lande zu ziehen, als einem so großen, alteingesessenen Handelsgeschäft vorzustehen. Zudem muss ich als Bürger Frankfurts besondere Rücksicht auf Zunftgenossen und langjährige Kundschaft nehmen. Ganz abgesehen davon, dass erwartet wird, dass ich mich entsprechend meiner Stellung in der Bürgerschaft einbringe.«
»Du Ärmster! Mir scheint, über all diesen Verpflichtungen vergisst du das Wichtigste.« Prüfend sah sie ihm in die Augen. Der unbeschwerte Glanz der Jugend war endgültig daraus verschwunden. Die Falten oberhalb der Nasenwurzel wollten dagegen gar nicht mehr verblassen. Schon meinte sie, nicht mehr sagen zu können, wann er zuletzt ausgelassen mit ihr gelacht hatte. »Deine Gemahlin und deine Tochter fordern auch ihr Recht.«
»Ach, Liebste«, seufzte er. »Es wird gewiss besser, sobald ich alle Bücher geprüft und die wichtigsten Zunftgenossen persönlich kennengelernt habe. Dann haben wir drei auch wieder mehr Zeit füreinander.«
Flüchtig wollte er sie küssen und ins Kontor eilen, sie aber schob sich geschickt vor die Tür und versperrte ihm den Weg. »Vielleicht hätte ich eher Hermann heiraten sollen. Mit dem guten Mann verbringe ich inzwischen mehr Zeit als mit dir. Er hört mir zu, wenn ich meine Sorgen über die Unerfahrenheit der neuen Mägde loswerden will oder mich beschwere, weil die beiden Knechte gar zu schnell ohne jede Überlegung das Vorratslager einräumen. Gestern erst haben sie das Fass mit den frisch eingelegten Bohnen umgeworfen, als sie die Kisten mit den Äpfeln umschichten wollten. Die arme Hedwig wusste gar nicht, was sie zuerst tun sollte: über die Ungeschicklichkeit der Burschen schimpfen oder von den Bohnen retten, was noch zu retten war. Ganz zu schweigen von den Äpfeln, die in der sauren Tunke geschwommen haben.«
»So?«
»Ich weiß, das kümmert dich weniger als die Zahlen in deinen Büchern. Letztlich fällt es dir erst dann auf, wenn wir gegen Ende des Winters keine Äpfel mehr zu essen und keine Bohnen für die Suppe haben. Dann wirst auch du merken, wie wichtig diese Dinge sind.« Lächelnd gab sie ihm zwar den Weg frei, redete aber weiter: »Wie gesagt, ohne Hermann und die tüchtige Hedwig wüsste ich nicht, wie ich es bewerkstelligen soll, bis zum Winter einen ordentlichen Haushalt auf die Beine zu stellen. Die Zeit ist einfach zu knapp, um das Haus wohnlich herzurichten und gleichzeitig an all die Dinge zu denken, die wir bis ins Frühjahr hinein brauchen werden. Mir mangelt es an Erfahrung. Ich bin nun einmal eine gelernte Wundärztin und keine Hausfrau.«
»Du machst das hervorragend, Liebste. Wenn es an Geld fehlt, um etwas zu besorgen, dann sag es. Gerade zu Anfang sollten wir nicht an den falschen Ecken sparen.« Die Hand bereits auf der Klinke, drehte Eric sich noch einmal um und kramte aus seinem Rock eine prall gefüllte Börse hervor.
»Das ist nicht das Problem«, unterbrach ihn Magdalena, »und das weißt du. Sieh nur in den Hof. Dort gackern seit gestern ein Dutzend Hühner sowie zwei gut gemästete Gänse. Am Martinstag wirst du bereits einen ordentlichen Braten auf dem Tisch vorfinden. Außerdem stehen eine Ziege, eine Kuh und zwei Schweine im Stall. Hermann hat das Vieh von einem Bauern nahe Sachsenhausen bringen lassen. Auch der Hund stammt von dort. Carlotta hat sich bereits mit ihm angefreundet. Wollen wir hoffen, dass er sich unerwünschten Besuchern gegenüber nicht ganz so unterwürfig verhält wie bei ihr. Als sie vorhin vom Nachbaranwesen ein schwarzgrau gestreiftes Kätzchen angeschleppt hat, hat er zumindest böse geknurrt. Das lässt hoffen, wie ernst er seine Aufgabe als Wachhund eines Tages noch nehmen wird. Geld genug ist also da.«
»Dann ist doch alles bestens.« Erleichtert steckte Eric den Beutel wieder ein. »In Hermann und Hedwig hast du zwei tüchtige Helfer. Du wirst sehen: Nächstes Jahr schon kannst du dich aus den alltäglichen Ärgernissen heraushalten. Dann ist auch das
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