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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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sich daran gehalten.
    »Die Steinackerin hat es mir gesagt«, erwiderte Hedwig.
    »Die Steinackerin?« Ihre Rückfrage verunsicherte die Köchin sichtlich. Deshalb fasste Magdalena sie an den Händen. »Keine Sorge, ich zürne dir nicht. Allerdings möchte ich nicht, dass viel Aufhebens darum gemacht wird. Für eine brave Kaufmannsgattin ist eine solche Vergangenheit zu ungewöhnlich. Künftig werde ich meine Kenntnisse ohnehin allenfalls noch für den Hausgebrauch nutzen. Doch genug davon. Wir haben anderes zu tun, als darüber zu schwatzen.«
    Kaum waren die Worte ausgesprochen, erkannte Magdalena, was sie damit angerichtet hatte: Hedwig verstand sie als versteckten Tadel, sich besser um ihre eigentliche Aufgabe zu kümmern. Mit gesenktem Kopf eilte sie über den Hof in die Küche. Zunächst wollte Magdalena sie aufhalten, ließ den halb erhobenen Arm allerdings wieder sinken. Es war wohl besser so. Eher als sie selbst hatte Hedwig begriffen, welchem Trugschluss sie beinahe aufgesessen war. Aller äußeren Ähnlichkeit mit Berta oder Roswitha zum Trotz hatte Hedwig eben doch nichts mit beiden gemein: Diese waren Vertraute, die alte Hebamme ihr gar Mutterersatz gewesen. Hedwig jedoch blieb die Köchin. Magdalena durfte nicht vergessen, ihr gegenüber als Hausherrin aufzutreten. Plötzlich fühlte sie sich einsam. Anders als früher im Tross war es in ihrem neuen Dasein als Bürgersfrau nicht einfach, Freunde und Vertraute zu finden. Ernüchtert stieg sie die Treppe in den ersten Stock hinauf und betrat den Wohnraum.
    Gedankenverloren stellte sie sich ans Fenster. So unbestimmt wie ihre Stimmung zeigte sich auch der Oktobertag, weder golden noch trüb, weder kalt noch warm. Zu einem Untag wie dem Mittwoch hätte die Stimmung gut gepasst. Dabei war es ein Dienstag. »Ein glücklicher Tag«, verkündete Hedwig, als sie wenig später auftauchte, um Besuch zu melden. Überrascht drehte Magdalena sich um. Der Bemerkung zum angeblich glücklichen Dienstag zum Trotz warf Hedwig einen bedeutungsschwangeren Seitenblick auf die große Frau in dem vornehmen dunkelgrünen Damastkleid, die im selben Moment hinter ihr in der Tür auftauchte. Längst machte die Köchin keinen Hehl daraus, dass sie der Steinackerin nicht nur das sinnlose Abschlachten des Federviehs nachtrug.
    »Dann wollen wir mal sehen, was dieser Tag uns also noch bringt«, erwiderte Magdalena betont fröhlich. »Mein Gemahl wird vor allem ein gutes Mittagessen schätzen. Sieh zu, dass du uns nachher was Rechtes auf den Tisch stellst, Hedwig.«
    Lächelnd sah sie der Köchin nach, wie sie über die Stiegen nach unten verschwand. Dann erst hieß sie die unerwartete Besucherin willkommen.
    Wie immer musste sie Adelaide im Stillen für ihren ausgesuchten Geschmack beglückwünschen. Damastkleid und Umhang aus leichter Wolle waren nicht nur farblich hervorragend aufeinander abgestimmt, sondern passten auch zum schwarzen Haar und den dunklen Augen. Die Lippen hatte Adelaide ausnahmsweise nicht dunkelrot gefärbt, aber auch das schien ihre Schönheit nur zu unterstreichen. Mit einer fließenden, eleganten Bewegung entledigte sie sich des Umhangs und warf ihn über eine Stuhllehne.
    »Ein Wunder, wie du Hedwigs Launen erträgst. Viel zu oft vergisst sie einfach, wo ihr Platz ist«, hielt sich Adelaide nicht erst mit Höflichkeiten auf. »Das liegt allein daran, dass unser guter alter Oheim am Ende nicht mehr die Kraft aufgebracht hat, ihr gelegentlich den Marsch zu blasen. Nur gut, dass diese Zeiten endlich vorbei sind.«
    »Es beruhigt mich zu wissen, dass du dich stets um die Belange des Hauses gekümmert hast. Auch wenn ich den guten Oheim nicht selbst gekannt habe, freut es mich für ihn, wie selbstlos du hier für Ordnung gesorgt hast.« Magdalena lächelte ebenso honigsüß wie Adelaide. In den dunklen Augen der Base spiegelte sich ihre Mimik wider, doch dessen hätte es nicht bedurft. Auch so war ihr klar, dass sie beide denselben Ausdruck im Antlitz trugen. Ihr Schmunzeln wurde noch breiter. Adelaide zwinkerte ihr zu. Eigentlich hatten sie beide die Komödie voreinander nicht nötig.
    Adelaide musterte Magdalena unverhohlen. Ihr schlichtes dunkelblaues Leinenkleid fand offensichtlich ebenso wenig ihre Billigung wie die groben Filzpantoffeln, die sie an den bloßen Füßen trug. Magdalena war es einerlei. Für sie gab es Wichtigeres als den strategisch geplanten Griff in die Kleiderkiste. Trotzig schob sie das helle Kopftuch aus der Stirn und sortierte die

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