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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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wahr!
    Carlottas Herz setzte aus: Der Vater war tot! Weil ihre Mutter und sie Frankfurt so früh verlassen hatten, hatte sie die Nachricht über sein Ableben nicht mehr erreicht. Ihr Herz begann zu rasen, ihr wurde heiß und kalt zugleich, es fehlte ihr die Luft zum Atmen. Ängstlich spähte sie zu Magdalena.
    Sämtliche Farbe war aus deren Gesicht gewichen. Die Sommersprossen wirkten verloren auf der blassen Haut. Das Grün der Augen funkelte umso stärker aus den leicht schräg stehenden, schmalen Höhlen. Spitz ragten Nase und Kinn hervor.
    »Dafür gibt es einen einfachen Grund.« Der stets väterlich wirkende Feuchtgruber räusperte sich und blickte seine Gefährten einen nach dem anderen an, um sich ihres Einverständnisses zu versichern. Dann griff er über den Tisch nach Magdalenas Hand und drückte sie. »Eurem Mann wurde am ersten Tor schon die Einreise in die Stadt verwehrt.«
    »Was?« Im nächsten Augenblick sprang Magdalena so heftig von ihrem Stuhl, dass er nach hinten fiel und auf den festgetretenen Lehmboden polterte. »Wieso das? Er ist ein angesehener Kaufmann aus einer angesehenen Stadt. Ihr drei habt ihn begleitet und konntet für seine Rechtschaffenheit bürgen. Wie kommt es, dass Ihr Fremden hinein durftet und er nicht? Warum sollte man ihm die Einreise ausgerechnet in die Stadt seiner Väter verwehren?«
    »Letzteres ist der Haken an der Sache, und das wisst Ihr genau, meine liebe Frau Grohnert.« Vorwurfsvoll sah Imhof sie an. Dann beugte er sich zu Carlotta, tätschelte ihr die Wange und sagte: »Keine Sorge, mein Täubchen, dein Vater befindet sich in besten Händen.«
    »Was heißt das jetzt wieder?« Entsetzt fuhr Magdalena herum. Das Verhalten der Männer verhieß nichts Gutes, vor allem, wenn sie bedachte, in welch schlechtem Zustand die Narbe auf seiner Brust gewesen war. Inständig hatte sie ihn gebeten, die anstrengende, wochenlange Reise auf dem Pferd noch aufzuschieben, bis die Heilung besser fortgeschritten war.
    Imhof antwortete nicht, sondern sah ratsuchend zu Feuchtgruber. Unterdessen fasste Diehl sich ein Herz, ergriff Magdalenas Hand und erklärte leise: »Noch kurz vor unserer Abreise habt Ihr selbst die Verletzung Eures Mannes versorgt. Also wird es Euch nicht überraschen zu erfahren, wie schlecht ihm die lange Reise bekommen ist. Nicht einmal mein Theriak hat ihm zu neuen Kräften verhelfen können, ganz zu schweigen von Kaffee oder anderen stärkenden Aufgüssen. Inzwischen sind meine Tropfen leer. Die spezielle Phiole, die ich ihm in Frankfurt gegeben habe, hat er leider dort vergessen. So musste ich ihm mit meiner eigenen aushelfen. Das ist nicht schlimm, Verehrteste. Zum Glück gibt es auch hier ausgezeichnete Apotheker, die sich auf dieses wundervolle Lebenselixier verstehen. Doch Eurem Gatten vermochten die Tropfen zuletzt nicht viel zu helfen.«
    »Was heißt hier zuletzt?« Schrill überschlug sich Magdalenas Stimme. Sie riss sich von Diehl los und machte Anstalten, sich auf den Erstbesten der drei zu stürzen, ihn zu schütteln und zu schlagen. »Mutter, nicht!« Carlotta hielt sie mit aller Kraft zurück. Gleichzeitig kämpfte sie gegen die Tränen an. Ein Beben erfasste ihren Körper, kaum wollten ihr die eigenen Hände gehorchen. Die Schwäche nutzte Magdalena, sich aus ihrem Griff zu befreien. Sie beugte sich vor und zischte die Herren an: »Wie könnt Ihr es wagen, meinen Gemahl in einem solch schlechten Zustand allein vor den Mauern der Stadt zurückzulassen? Habt Ihr gar kein christliches Mitgefühl? Ist Euch jedweder bürgerliche Anstand abhandengekommen, von der Kaufmannsehre ganz zu schweigen? Er hat alles getan, um Euch nach Königsberg zu bringen, hat sich nicht im Mindesten geschont, sondern sogar für Euch riskiert, mit einer kaum verheilten Wunde loszuziehen. Und Ihr dankt es ihm, indem Ihr ihn einsam und todkrank dort draußen vor der Stadt verrecken lasst?«
    »Gemach, gemach!« Der behäbige Feuchtgruber erhob sich von seinem Platz, ging um den Tisch herum und bedeutete Magdalena mit beschwichtigenden Handbewegungen, wieder zur Ruhe zu kommen.
    Von neuem standen Carlotta die unglückseligen Stunden von Vaters Abreise vor zweieinhalb Monaten vor Augen. Hedwig hatte ihn noch gewarnt, weil es ein Schwendtag und noch dazu ein Freitag gewesen war. An solchen Tagen ein gewaltiges Unternehmen wie eine Reise anzutreten war überaus gewagt. Die drei graubärtigen Herren waren Carlotta schon damals seltsam erschienen, trotz oder sogar wegen der

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