Hexengold
väterlichen Allüren Feuchtgrubers, der lustigen Scherze, die Imhof mit ihr trieb, und der vielfältigen Ratschläge, die Diehl mitsamt dem Theriak ihrem Vater aufdrängen wollte.
Unterdessen redete Feuchtgruber auf Magdalena ein. »Was denkt Ihr von uns! Wir sind nicht weniger ehrbar als Euer Herr Gemahl. Im Gegensatz zu ihm haben wir beispielsweise schon lange das schändliche Verhalten seines Vetters Steinacker durchschaut. Doch das ist eine andere Geschichte. Zurück zu Eurem Gatten: Nie und nimmer wäre es uns eingefallen, ihn im Stich zu lassen. Er war zu krank und zu schwach, um sich selbst um eine Unterkunft zu kümmern. So war es nur recht, dass der Kutscher mit ihm im Hospital nahe der Feste Friedrichsburg um Aufnahme gebeten hat.«
Schreckensbleich schnappte Magdalena nach Luft. Carlotta sprang ihr bei und half ihr, sich zu setzen, bevor die Beine ihr den Dienst versagten und sie zu Boden fiel.
»Wo ist er?«, war alles, was Magdalena noch zu fragen imstande war. Hilflos musste Carlotta mit ansehen, wie die Ohnmacht sie übermannte.
8
Vom Frauenburger Domhügel eröffnete sich ein beeindruckender Blick auf das Frische Haff. Um Adelaide dies zu zeigen, wählte Helmbrecht den Weg zur nördlichen Mauer hinauf, die sich um die Domherrenanlage schloss. Oben angekommen, zügelte er sein Pferd und wies mit einer ausladenden Armbewegung Richtung Norden, wo die Sonnenstrahlen silbern auf dem Wasser tanzten. Der Wind bauschte die Segel der Schiffe und setzte den Wellen weiße Kronen auf. Im Rhythmus des Wassers wogte auch das hohe Gras am Ufer. Selbst die Schiffe im Hafen schaukelten im gleichen Takt. Trotz des geringen Tiefgangs spuckten die gewaltigen Holzbäuche der Koggen schier unendliche Mengen an Fässern, Kisten und Säcken aus. Emsig stapelten die Hafenarbeiter sie am Kai.
Fasziniert verfolgte Adelaide das Treiben. Die rauhe Luft tat gut und machte die sommerliche Schwüle, die seit Tagen in der Gegend herrschte, weitaus erträglicher.
»Bei besonders klarem Wetter kann man ostwärts bis nach Königsberg schauen«, erklärte Helmbrecht. »Wenn Ihr Euch anstrengt und die Augen fest zusammenkneift, ahnt Ihr die ersten Turmspitzen.« Verschmitzt lachte er, und Adelaide begriff, dass er das nicht ganz ernst meinte. »Falls Euch doch einmal die Sehnsucht nach Eurer Base überkommt, seid Ihr von hier aus in kaum einer Tagesreise bei ihr.«
»Sofern Magdalena und Carlotta wirklich dort eingetroffen sind.« Adelaide hatte Mühe, den aufgeregt tänzelnden Braunen ruhig zu halten. Ihr Pferd schien mit ihr als Reiterin nicht im Geringsten einverstanden. Es kostete sie viel Kraft, sich im Sattel zu halten, da ihr gänzlich die Übung fühlte. Seit sie in Frankfurt Kaufmannsgattin geworden war, war sie kaum noch geritten. Gegen die Plackerei des Reitens waren die Reisetage in den Fuhrwagen eine wahre Wonne gewesen. So eng man zwischen Kisten, Fässern und Säcken auch gesessen haben mochte, so hatte man doch kein Pferd im Zaum zu halten gehabt. Längst spürte sie sämtliche Knochen im Leibe. Sobald sie festen Boden unter den Füßen hatte, gelang es ihr nur mit Mühe, aufrecht zu gehen. Es war ihr ein Rätsel, wie Männer sich oft über Monate reitend fortbewegen konnten.
»Auf Lindström ist Verlass, meine Teuerste.« Noch immer ließ Helmbrecht den Blick der hellbraunen Augen über das nahe Haff schweifen. »Wenn er, wie er uns erzählt hat, die beiden Frauen einem seiner Versehrtenzüge anvertraut hat, müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn sie ihr Ziel nicht innerhalb der festgesetzten Zeit erreicht hätten.«
»Erwähnt den Teufel nicht im Zusammenhang mit meiner Base.« Adelaide fürchtete, er hatte die Redensart bewusst gewählt, um sie an die von ihr inszenierte Hexengeschichte zu erinnern, deretwegen Magdalena die Reisegruppe kurz vor Thorn hatte verlassen müssen. Rasch setzte sie hinzu: »Es reicht schon, dass dieser schwedische Hauptmann aus Thorn dieses verzückte Lächeln zeigt, wenn er Magdalenas Namen in den Mund nimmt. Er kommt dem Höllenfürsten nah genug, um mir Angst um ihr weiteres Seelenheil einzuflößen.«
»Freut mich zu hören, dass Ihr Euch um das Seelenheil Eurer Base ängstigt. Doch genug davon.« Helmbrecht wurde ernst. »Lindström mag ein ungehobeltes Großmaul sein, aber mit dem Teufel hat er gewiss nichts zu tun. Dafür verbürge ich mich. Wem er sein Wort gibt, der kann sich darauf verlassen. Dankt Gott, dass er Magdalena und Carlotta zum rechten Zeitpunkt nach
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