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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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zerstreut.«
    Die Tür öffnete sich, und Hedwig trat mit einem Tablett in der Hand herein. »Was sagt Ihr dazu?«, plapperte sie fröhlich los. »Nicht nur zum Frühlingsanfang gestern hat uns die Sonne beehrt. Auch heute zeigt sie sich. Das wird ein gutes Jahr. Wenn der gnädige Herr demnächst aufbricht, wird er günstiges Reisewetter haben, und alles wird sich zum Guten wenden.« Geschäftig begann sie, den Tisch abzuräumen. Als sie die noch volle Schale Gerstenbrei sah, schüttelte sie den Kopf. »Statt ständig diesen ungenießbaren Kaffee zu trinken, soll der gnädige Herr sich lieber mit richtigem Essen stärken. Ihr müsst besser aufpassen, Herrin. Nicht, dass es ihm geht wie seinem Rappen.«
    »Ist was mit dem Pferd?« Beunruhigt horchte Magdalena auf.
    »Ich hoffe nicht. Hermann hat Mathias angewiesen, das Pferd durch die Gassen zu führen. Am besten bis raus auf die Wiesen vor der Stadt. Ich habe es ihm gestern schon geraten. Bei uns zu Hause hat es immer geheißen, kranke Pferde soll man in die Donnerstagssonne führen. Davon werden sie gesund. Zum Glück ist das heute möglich. Ihr werdet sehen, Herrin, bei dem Sonnenschein erholt sich das arme Tier schnell.«
    »Allein deinen Weisheiten zuliebe muss es wohl so sein«, warf Adelaide schnippisch ein. »Dabei darf es einen nicht wundern, wenn es einem Gaul nach einer solchen Vorzugsbehandlung besser geht: raus aus dem stickigen Stall, spazieren durch die warme Frühlingssonne – das muss Wunder wirken, selbst bei einem Tier!« Sie nickte Magdalena zu und rauschte aus dem Zimmer.
    »Eines Tages wird die auch noch von ihrem hohen Ross fallen.« Laut knallte die Tonschale, als Hedwig sie aufs Tablett stellte.
    »Lass gut sein«, beschwichtigte Magdalena. »Sie meint es nicht so.«
    »Dass Ihr immer noch ein gutes Wort für die Steinackerin findet.« Hedwig schüttelte den Kopf, während sie den Tisch weiter abräumte.
    »Sag mal, Hedwig, weißt du eigentlich, wo die Kräuterfrau herkommt, die sonst drüben an der Mehlwaage hockt?«
    »Die alte Lisbeth?« Hedwig zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass sie seit Jahren dort sitzt, Tag für Tag. Schon der alte Oheim – Gott hab ihn selig – hat sie gekannt. Warum wollt Ihr das wissen? Fragt sie doch am besten selbst.« Sie wischte sich die Finger an der Schürze trocken, bevor sie das Tablett an den Griffen hochhob.
    »Würde ich gern, aber sie ist heute nicht gekommen. Hoffentlich ist ihr nichts geschehen.«
    »Seltsam. Das wäre der erste Tag, an dem sie nicht da ist.« Beunruhigt spähte Hedwig aus dem Fenster.
    Die Uhr am nahen Dom setzte zum Schlag auf die volle Stunde an. Als wäre das ein Signal, ging ein Ruck durch Magdalenas zierlichen Körper. »Was vertändele ich meine Zeit? Es gibt noch so viel zu erledigen! Falls mich jemand sucht: Ich bin bei Doktor Petersen in der Apotheke«, rief sie und eilte hinaus.
    Auf dem obersten Treppenabsatz zögerte sie. Eigentlich wollte Adelaide mit zur Schwanenapotheke, doch ein dumpfes Gefühl hielt Magdalena davon ab, ihr Bescheid zu geben. Zwar hatte die Base ihr letztens den Floh mit dem Salbenhandel ins Ohr gesetzt, und doch war sie auf einmal sicher, dass es besser war, zunächst allein mit Petersen darüber zu sprechen.
    Den Gang entlang der Nordseite von Sankt Bartholomäus über Markt und Römer bis zur Neuen Kräme genoss sie in vollen Zügen. Der morgendliche Dunst hatte sich verzogen, der Himmel strahlte in schönstem Frühlingsblau, die Märzsonne schenkte verführerische Wärme. Das Rufen der Bäckerburschen klang fröhlicher, selbst die Fischfrauen wirkten weniger verhärmt als sonst, während sie das Fischwerk vom Vortag loszuwerden versuchten. Bei einer knochigen Bauersfrau entdeckte Magdalena frisches Lungenkraut und kaufte ein ganzes Bund. Der betörende Duft der ersten Veilchen verleitete sie dazu, auch davon einen Strauß zu nehmen.
    Verwundert, dass niemand auf das Klingeln der Ladenglocke am Tresen erschien, rief Magdalena mehrfach nach Doktor Petersen. Als nichts geschah, betrat sie vorsichtig das Laboratorium.
    In dem langgestreckten, mit Regalen vollgestellten Raum erspähte sie tatsächlich den weißen Haarschopf des Apothekers. Tief vornübergebeugt saß er an einem Tisch vor dem Fenster und nahm nichts davon wahr, was um ihn herum vor sich ging. Langsam näherte sich Magdalena und musterte das eigenartige Gerät, das vor ihm stand. Die Brille auf den Schädel geschoben, linste Petersen mit dem zusammengekniffenen rechten

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