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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Auge in eine Art Fernrohr, dessen spitzes Ende auf ein kleines Schälchen gerichtet war. Eine Handvoll zerstoßenen weißen Bernsteins lag darin. Magdalena räusperte sich. Als das nichts nutzte, tippte sie ihm auf die Schulter.
    »Verehrte Frau Grohnert.« Er sprang so überstürzt auf, dass er das seltsame Gerät fast umgestoßen hätte. Im letzten Moment erst fing er es auf. Vorsichtig rückte er das dicke Kupferrohr, das in einer eisernen Halterung befestigt war, in die Aufrechte zurück. »Das müsst Ihr Euch ansehen, Verehrteste.« Einladend wies er auf die fremdartige Gerätschaft. »Eine hervorragende Erfindung. Mikroskop nennt es sich. Selbst die kleinsten Teilchen werden damit sichtbar. Grandios, einfach grandios! Ihr werdet staunen, was Ihr alles entdeckt.«
    Magdalenas Neugier war geweckt. Ähnlich, wie sie es bei Petersen gesehen hatte, kniff sie das rechte Auge zusammen und presste das linke fest auf das Rohr. »Unglaublich!«, entfuhr es ihr. Dabei konnte sie zunächst kaum etwas erkennen. Es fiel ihr schwer, die Steine und Punkte einem Ganzen zuzuordnen, geschweige denn, einen Sinn darin zu entdecken.
    »Das wird die Wissenschaft in riesigen Schritten voranbringen«, begeisterte sich Petersen. »Schon berichten die Ersten, dass sie mit Hilfe des Geräts kleinste Tiere untersucht haben, von deren Existenz wir bislang kaum etwas ahnten. Andere haben Pflanzenteile in vielfacher Größe angesehen. Ein Jesuit namens Kircher hat mit Hilfe eines fingerlangen Rohres, an dessen Ende er eine solche Linse angebracht hat, winzige Teile menschlicher Haut sowie die Bestandteile des Blutes genauer betrachtet.«
    »Sehr schön, aber wie funktioniert das Wunderding?« Magdalena wollte danach greifen, um es von allen Seiten zu betrachten. Blitzschnell hielt Petersen ihre Hand fest. »Nicht! Es ist sehr empfindlich. Stellt es Euch als eine Art kleines Fernrohr vor. Es funktioniert ähnlich wie ein Teleskop. Ein holländischer Brillenschleifer namens Janssen soll es bereits vor fast sechs Jahrzehnten erfunden haben. Sein Landsmann, der Erfinder Drebbel, hat es dann einige Jahrzehnte später entscheidend weiterentwickelt. Möglicherweise geht diese Verfeinerung der angewandten Technik auf eine Entdeckung des hochgeschätzten Kepler zurück. Ich habe mir dieses Exemplar von einem befreundeten Gelehrten aus Florenz kommen lassen. Reist Euer Gatte nicht demnächst nach Italien, Verehrteste?« Petersen lächelte verschmitzt. »Neuen Dingen gegenüber ist er doch stets aufgeschlossen. Vielleicht wäre der Handel mit Geräten das Richtige für ihn. Ich bin mir sicher, viele Apotheker finden Gefallen daran, Mediziner wahrscheinlich nicht minder. Damit kann man alles in zigfacher Vergrößerung betrachten: Pflanzen, Käfer, Insekten, Steine. Übrigens beziehe ich einige Blätter, die über solche Neuerungen berichten. Gern stehe ich Eurem Gatten mit Rat und Tat zur Seite.«
    »Danke, das ist sehr liebenswert.« Einen Augenblick fühlte Magdalena sich überrumpelt. Andererseits lenkte Petersen das Gespräch gleich in die richtige Richtung. Also fragte sie rundheraus: »Seid Ihr eigentlich mit den Bestandteilen meiner Wundersalbe weitergekommen?«
    Röte überzog seine fahlen Wangen. Er hüstelte in die Faust und senkte kurz den Blick, bevor er die hellen Augen wieder auf sie richtete. »Aber Ihr wisst doch, Verehrteste, dass ich Euch versprochen habe …«
    »Nichts für ungut, lieber Doktor.« Beschwichtigend legte sie ihre kleine Hand auf die seine, die von dem Hantieren mit Säuren, Ölen und giftigen Substanzen arg geschunden war. »Ich mache Euch keine Vorwürfe, dass Ihr heimlich weiter experimentiert habt. Ich selbst hätte mich nicht anders verhalten.«
    »Wirklich?« Ungläubig sah er sie an.
    Die Verzagtheit des gelehrten Mannes rührte sie, war sie doch nur eine einfache Wundärztin, die zudem ihr Handwerk seit Jahren nicht mehr richtig ausgeübt hatte! Er dagegen hatte nicht nur an einer Universität studiert, sondern sich auch über die Stadtgrenzen hinaus mit der Herstellung und Verfeinerung bedeutender Rezepturen einen Namen gemacht.
    Leise erklärte er: »Die Salbe ist und bleibt mir ein Rätsel. Sonst gelingt es mir stets binnen weniger Tage, eine ähnliche Rezeptur zu entschlüsseln. Dieses Mal allerdings muss ich wohl aufgeben.«
    »Möglicherweise liegt es nicht an der Zusammensetzung, sondern an der besonderen Mischung«, kam sie ihm zu Hilfe. »Die Salbe ist sehr alt. Fünfzig Jahre mindestens. Mein

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