Hexengold
Lehrmeister hat sie bereits von seinem Meister. Trotz der langen Zeit hat sie nichts an Wirkung eingebüßt.«
»All meine Hoffnungen ruhen auf dem Mikroskop.« Noch einmal wies er mit der rechten Hand auf die neue Apparatur. »Vielleicht ist es mir damit möglich.«
Sie betrachtete das Kupferrohr in der Halterung und schob in Gedanken die Schale mit dem weißen Bernsteingranulat zurecht. »Woher bezieht Ihr eigentlich Euren Bernstein?«
»Von einem Kaufmann aus Danzig. Nach Königsberg habe ich leider keine Verbindung. Dort gibt es weitaus bessere Qualität zu ähnlich günstigen Konditionen, aber meine dortigen Quellen sind versiegt. Warum fragt Ihr? Denkt Euer Mann daran, die gute alte Tradition des Hauses Steinacker wieder aufleben zu lassen? Das wäre eine gute Tat.«
»Von welcher Tradition redet Ihr?« Erstaunt blickte sie auf.
»Wusstet Ihr nichts davon? Der Oheim Eures Mannes hat stets enge Verbindungen nach Königsberg unterhalten. Das war eine alte Familientradition. Mein Vater, dessen Vater und andere Vorfahren haben ihren Bedarf an Bernstein nur über das Kontor in der Fahrgasse gedeckt. Mit dem viel zu frühen Tod seiner Gemahlin ist das Geschäft bedauernswerterweise zum Erliegen gekommen. Der alte Steinacker war so verzweifelt, dass er nie wieder dorthin gereist ist. Hinzu kamen die Erschwernisse des Großen Krieges. Zeit seines Lebens hat der alte Steinacker nie wieder an die Handelsbeziehungen angeknüpft.« Er senkte den Kopf und fügte leise hinzu: »Mit Verlaub, Verehrteste, aber der gute Vinzent, Gott hab ihn selig, war nicht der Rechte, den Oheim zu überzeugen, wie unklug das war. Der Bernstein, den Steinacker von Königsberg bezog, war stets von bester Qualität. Da stimmten Preis und Ware. Der Danziger Händler ist gut, der beste Ersatz, den ich finden konnte. Aber auch er reicht nicht an den Königsberger heran. Es wäre zu schön, wenn Euer Gemahl da wieder beginnen würde. Es würde sein Schade nicht sein. Sagt mir Bescheid, wenn Ihr denkt, ich könnte Euch diesbezüglich mit Argumenten beistehen.«
»Vielleicht komme ich darauf zurück«, sagte Magdalena nachdenklich. Petersens Bemerkungen bestätigten all ihre Vermutungen. Vielleicht würde sie ja doch Nachrichten aus Köln erhalten. So oder so wollte sie noch vor Erics Abreise mit ihm darüber reden. Sie musste ihn davon überzeugen, die Kontakte nach Königsberg wieder aufleben zu lassen.
»Wie geht es Eurer Base, Verehrteste?«, erkundigte sich Petersen zu ihrer Überraschung. »Waren die Utensilien, die sie von mir bezogen hat, nach ihren Vorstellungen? Was machen Eure neuen Salben und Tinkturen? Wenn wir zur Ostermesse etwas anbieten wollen, wird es Zeit, zu beratschlagen, was genau wir offerieren.«
»Ostermesse? Was wollen wir dort gemeinsam anbieten?«, fragte Magdalena verblüfft.
»Hat die verehrte Witwe Steinacker nicht mit Euch gesprochen? Oh, verzeiht!« Abermals erblasste Petersen. »Ich dachte, deswegen seid Ihr hier. Eure Base wollte doch längst alles in die Wege leiten.«
»Wann hat sie Euch das gesagt?«
»Anfang des Jahres.« Petersen musste keinen Moment nachdenken. »Verzeiht, wenn ich da schon wieder etwas falsch gemacht habe.«
»Lasst gut sein, lieber Doktor. Euch trifft nicht die geringste Schuld. Natürlich bin ich gekommen, um mit Euch über eine mögliche Zusammenarbeit zu reden. Ich bin nur etwas verwirrt, dass die Steinackerin so früh schon mit Euch verhandelt hat.« Sie rang sich ein Lächeln ab, auch wenn sie vor Wut innerlich kochte. Wieder einmal hatte Adelaide etwas hinter ihrem Rücken eingefädelt. Möglicherweise hatte sie auch schon weitere Pläne geschmiedet, wie sie eventuelle familiäre Bindungen nach Königsberg in ihrem eigenen Interesse besser nutzen könnte, am Ende hatte sie gar eigenmächtig erste Erkundigungen eingezogen und Kontakte geknüpft? Magdalena mochte sich das gar nicht weiter ausmalen.
»Ich werde Euch benachrichtigen, wenn wir so weit sind«, sagte sie so gelassen wie möglich. »Ein gemeinsamer Verkauf während der Ostermesse wäre natürlich verlockend. Bis dahin bleiben uns noch gut vier Wochen. Heute fehlt mir die Muße, das in Ruhe zu besprechen. Mein Mann bricht bald nach Italien auf, und es gibt noch eine Menge zu erledigen.«
Ehe der Apotheker sie aufhalten konnte, eilte sie aus dem Laboratorium.
»Gut, dass du kommst!«, empfing Adelaide sie in ihrem Haus. »Sieh, was eingetroffen ist: die ersehnte Antwort deines Vetters!«
»Lass sehen.« Mit
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