Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Zeugenaussage zu machen!«, schrie er wild gestikulierend und schoss auf die bereits anwesende Angeklagte zu.
»Das geht nicht! Ihr führt hier eine Untersuchung und könnt nicht gleichzeitig als Zeuge auftreten!«, wagte der Notar Kanter einzuwerfen.
Mit einer Handbewegung brachte Institoris ihn zum Schweigen. »Ich war gestern Abend noch bei der Scheuberin im Gefängnis. Schreibt es auf: ›Ich wünsche dir das fallende Übel an deinen grauen Schädel!‹, das hat sie wortwörtlich gesagt. Stimmt es oder willst du das ableugnen?«
Helena Scheuberin sah ihn ruhig an. »Ja, das stimmt!«
»Sag auch, warum!«, zischte der Mönch.
»Weil Ihr nur dummes Zeug über Hexen predigt!«
»Sie dachte sicher, sie könne mir mit ihrem Fluch Schaden zufügen«, rief er nun und sah sich triumphierend um, »aber sie weiß wohl nicht, dass Zauberer und Hexen über Inquisitoren und Gerichtspersonen keine Macht haben! Hast du das gewusst?«
»Nein … nein …davon habe ich noch nichts gehört!«, stotterte sie.
»Seht ihr, wie überrascht sie nun ist? Sie war der festen Überzeugung, ihr Wunsch werde unverzüglich mit Satans Hilfe in Erfüllung gehen! Jetzt wird sie gleich behaupten, es gebe gar keine Hexen und sie kommt sich dabei sicher auch noch besonders schlau vor, obwohl sie sich mit ihrer stotternden Antwort selbst verraten hat. Ich habe schon zur Genüge solche Fälle gehabt und es widert mich mit der Zeit an. Es ist eine alte Masche und einfältige Schutzbehauptung dieses Gesindels und sie glauben, uns alle – euch wie mich – für dumm verkaufen zu können.«
»Das ist aber ziemlich dünn …«, murmelte einer der Mitbrüder, worauf ihn Institoris scharf fixierte.
»Dünn? Dünn?«, äffte er dann, »gleich werdet ihr anders darüber denken!« Er begann mit auf dem Rücken verschränkten Armen auf und ab zu gehen. »Helena Scheuberin, du bist die frühere Geliebte des Ritters Jörg Spieß aus Bayern. Als er dich verstoßen hat und eine andere zu seiner Frau genommen hat, hast du noch während des Hochzeitsmahls hier in Innsbruck vor Zeugen zu seiner frisch angetrauten Gemahlin gesagt: Du wirst mit deinem Gatten nicht lange Freude haben! Bereits am nächsten Tag wurde sie krank und starb nach wenigen Tagen. Sie selbst hat dich auf dem Totenbett als ihre Verderberin genannt! Bestreitest du das?«
»Ich leugne nicht ab, das gesagt zu haben. Gemeint habe ich es aber anders, nämlich dass der Jörg ein ziemlicher Hallodri ist, weil er hinter jedem Weiberrock herjagt und sie daher noch genügend Kummer mit ihm haben würde.«
»Und der Ritter Jörg ist nun auch tot. In diesem Frühjahr einfach umgefallen, während eines Faschingsfestes, herausgerissen mitten aus dieser Welt, mitten aus dem blühenden Leben. Auch er hat immer behauptet, aus verschmähter Liebe von dir verhext worden zu sein. Das ist doch sonderbar: Seine Frau stirbt gleich darauf und er …«
»Sie ist 1479 gestorben und er 1485. Da sind dazwischen fünf oder sechs Jahre!«, schrie die Scheuberin ihn zornig an. »Und ich bin nun schon selbst seit acht Jahren, also schon seit vor der Hochzeit des Jörg, mit meinem Mann Sebastian verheiratet!«
»Ha, so dumm wirst du doch nun auch wieder nicht sein, alle beide umzubringen, ohne dazwischen eine angemessene Frist verstreichen zu lassen – und das mit deiner Ehe ist auch kein Argument für jemanden, der die angeborene Verderbtheit der Weiber kennt!«
Institoris machte eine nachdenkliche Pause. »Du und die Hüfeysen – ihr habt doch Umgang miteinander. Sie ist ja auch angeklagt. Hat sie dir das Hexen beigebracht?«
»Nein! Lasst mich in Ruhe!«, schrie Helena nun gequält auf.
»Nein? Du gibst also zu, hexen zu können?«
Helena Scheuberin sah ihn erschrocken an. Was hatte sie jetzt schon wieder Falsches gesagt?
»Du hast gerade zugegeben, dass du hexen kannst. Du hast nicht abgeleugnet, es zu können, sondern nur, es nicht von der Hüfeysen gelernt zu haben.«
»Ich bin keine Hexe, ich kann nicht hexen und kenne auch keine Hexen und will auch keine Hexen kennen lernen! Ist das genug?«, fuhr sie ihn an.
Bruder Heinrich hatte schon seit gestern das Gefühl, dass einiges aus dem Ruder lief. Bis jetzt hatte er kein einziges Geständnis, das auch nur ansatzweise auf eine Teufelsbuhlschaft hinauslief, und je mehr er ihnen beizubringen versuchte, dass sie es auch hier nun mit einer neuen, bisher unbekannten Art der Zauberei zu tun hatten, desto verstockter schienen sie zu werden. Und nun stand er da
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