Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
geworfen wurden, ging es mir zwar besser, aber ich war noch nicht ganz gesund. Als ich dem Töpfer keine Ruhe gab, wieso das denn so sei, gab er zur Antwort, es seien noch andere Dinge versteckt, die er aber nicht finden könne. Aber ich gab nicht nach, weil ich wissen wollte, wie er denn die Werkzeuge unter der Schwelle gefunden habe und er gestand, dass er das nur aus Freundschaft zu meinem Mann gemacht habe. Da war mir natürlich sofort klar, wer dahinter steckte und mir tat der arme Töpfer Leid, der bestimmt lange mit sich gerungen haben musste, ehe er seine Geliebte verriet.«
Bisher hatte die Selachin nur zugegeben, der Roetin unter Flüchen das Beet zertrampelt und ihr die Krätze an den Hals gewünscht zu haben. Aber das würde sich jetzt bald ändern.
»Holt die Selachin herein!«, befahl er, während er die Blätter der Akte säuberlich bündelte.
Die Angeklagte war wegen ihrer scharfen Zunge und ihrer Streitsüchtigkeit bei allen Nachbarn gefürchtet, das wurde ihm rundum bestätigt, und es gab nicht wenige, die unverhohlen meinten, es sei ganz recht, dass sie endlich auch wegen Zauberei vor Gericht gestellt werde. Die Geschichte mit der Roetin kannte ja schließlich jeder …
Nun aber stand ein verängstigtes und zitterndes Frauenzimmer im Befragungskeller und der bullige Nachrichter musterte sie ohne Anzeichen einer menschlichen Regung von oben bis unten. Ebenso gut hätte er ein Stück Vieh oder einen Klafter Holz taxieren können.
Institoris trat neben ihn.
»Die hält nicht allzu viel aus. Ich denke, wir fangen mit Auspeitschen an. Was denkt Ihr?«
Institoris zuckte die Schultern. »Ihr seid der Fachmann, nicht ich. Wenn Ihr meint, beginnt Ihr damit!«
Die beiden Knechte zogen sie an den Händen über den Querbalken des Gerüstes auf und banden vorsichtshalber ihre Beine an den seitlichen Pfosten fest.
»Fangt an!«, gab Institoris das Zeichen.
Nach einer halben Stunde hatte er zwar das Geständnis, sie habe der Nachbarin mit Schadenszauber übel mitgespielt – aber einen Pakt mit dem Teufel zu haben und mit ihm geschlechtlich zu verkehren war sie trotz allen Schreiens und Wimmerns nicht zu gestehen bereit.
Auch mit der Hüfeysen sowie Mutter und Tochter Röslin kam er in dieser Hinsicht nicht weiter. Sie gaben nun zwar alles Mögliche zu, selbst Dinge, auf die er selbst gar nicht gekommen wäre. Irgendwann wurde es auch den beiden Gehilfen des Nachrichters zu viel und sie baten um eine Pause, da sie fast keine Kraft mehr in den Armen hätten.
Eigentlich wollte er am Nachmittag mit der Schneiderin, Phlueglin und Scheuberin weitermachen, aber in Anbetracht der bisherigen Ergebnisse war es sicher ratsam, seine weitere Vorgehensweise nochmals zu überdenken. Alles in ihm sagte, dass die sieben Weiber nicht nur Zauberinnen, sondern weitaus gefährlichere Hexen waren. Mit seinem Beichtvater Wolfgang von Basel saß er unruhig im »Rümler« und trommelte nervös mit den Fingern auf der Tischplatte. »Sie sind in der Macht der Dämonen, alle sieben. Keine der vier hatte heute Vormittag trotz härtester Schläge auch nur die kleinste Träne in den Augen. Man müsste ihnen alle – und zwar wirklich alle – Haare abscheren, wie es auch Laurentius de Santa Agatha gemacht hat. Bei dem haben schließlich alle gestanden. Ich habe das schon mehrere Male vorgeschlagen, aber diese einfältigen Strohköpfe …«
Als Institoris am nächsten Morgen mit seinen Confratres den Gerichtssaal betrat, traute er seinen Augen nicht. Vor dem Rathaus war ihm nichts aufgefallen, niemand hatte ihm ein Wort gesagt oder wenigstens heimlich ein Zeichen gegeben. Mit allem hatte er gerechnet – nur nicht damit: Im Saal warteten Herzog Sigmund, Bischof Golser mit Sigmund Samer und Christian Turner, dem Generalkommissar der Diözese Brixen. Die anderen beiden Männer waren ihm unbekannt.
»Was verschafft dem Gericht die hohe Ehre?«, fragte er und versuchte dabei sich den aufsteigenden Ärger über die Überrumpelung nicht anmerken zu lassen.
»Den Generalkommissar kennt Ihr ja. Das hier sind Bartholomäus Hagen, öffentlicher Notar zu Innsbruck, und Magister Paulus Wann, Domherr zu Passau«, stellte ihm der Bischof anstatt einer Antwort die beiden Männer vor. »Machen wir es kurz: Dieser Prozess ist unsäglich. Ihr habt Euch über fast alle unsere Anordnungen hinweggesetzt …«
»Das stimmt nicht! Ich habe Beobachter zugelassen …«, unterbrach ihn der Inquisitor, aber Golser brachte ihn mit einer knappen
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