Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Handbewegung zum Schweigen.
»Ebendarum. Diese sagen, das Verfahren spotte jeder Beschreibung. Wir und Seine Gnaden haben daher beschlossen, eine Kommission zu bilden. Sie wird zusammengesetzt aus den hier anwesenden Herren Samer, Hagen, Turner und Wann sowie aus Euch, Notar Kanter und drei Eurer Ordensbrüder, die Ihr selbst bestimmen könnt. Ihr werdet wie bisher die Anklage vertreten. Wie wir gehört haben, ist die Helena Scheuberin diejenige, auf die der schwerste Verdacht fällt. Wir schlagen deshalb vor, diese als Erste zu verhören. Seine Gnaden und wir bestehen darauf, laufend über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet zu werden.«
Der Bischof und der Fürst blickten einander an, erhoben sich und verließen grußlos den Saal.
Institoris wusste anfangs nicht, wie er sich nun verhalten sollte, beschloss aber dann, auf Angriff zu gehen. »So viele hochgelehrte Herren!«, lachte er höhnisch. »Und alle kommen wegen ein paar verdorbener Weiber hierher nach Innsbruck! Die Herren wollen sicher alle Fälle, an denen ich schon seit Wochen arbeite, in wenigen Stunden aufklären.«
»Wer weiß, vielleicht gelingt das sogar. Ich bin nun schon seit ein paar Tagen in der Stadt und was sich die Leute schon auf der Straße erzählen, ist haarsträubend!«, antwortete der greise Domherr Wann trocken.
»Die Leute draußen? Woher sollen sie etwas wissen? Alle Beteiligten sind zum Stillschweigen verpflichtet!«, brauste Institoris auf.
»Das mag schon sein. Wenn man nichts erfährt, entstehen eben Gerüchte – und vielleicht sind es ja nur Gerüchte«, antwortete der Notar Hagen ruhig.
»Ihr schleicht Euch da alle wie Diebe hier herein und wollt uns nun auch noch vor vollendete Tatsachen stellen. Das ist ein Komplott und die Kommission dient nur als Vorwand! Über einhundert Männer – ich betone, über einhundert Männer, nicht Frauen – haben bestätigt, dass alle sieben Angeklagten zumindest Schadenszaubereien verübt haben, wenn sie nicht gar mit dem Teufel selbst im Bunde stehen!«, schrie der Inquisitor mit hochrotem Kopf zurück.
»Mäßigt Euch. Der Herzog hat es nicht gerne, als Dieb bezeichnet zu werden!«, fuhr ihn der Notar scharf an.
Institoris versuchte, sich der Unterstützung seiner Mitbrüder zu versichern, die aber seinem Blick auswichen und betreten auf den Boden starrten.
»Wäret Ihr so gütig und würdet die Helena Scheuberin holen lassen, damit wir endlich anfangen können?«, mischte sich nun der Generalkommissar Turner ein.
Institoris zeterte aber weiter und fauchte, so etwas sei ihm noch nie vorgekommen und würde noch ein Nachspiel haben, da er sich direkt beim Papst über jeden Einzelnen beschweren würde, den Fürsten und den Bischof mit eingeschlossen. »Also gut, wenn es die Herren nicht anders wollen – ich beuge mich, wenn auch nur unter Protest! Holt die Scheuberin!«
»Kann ich Einsicht in die Protokolle nehmen?«, begehrte Bartholomäus Hagen, worauf Institoris wieder aufbrausen wollte, aber von Kanter verwiesen wurde, das sei schließlich sein Recht und ihm den Packen Papier über den Tisch zuschob.
Hagen hob nur flüchtig den Blick, als die Angeklagte hereingeführt wurde. Helena Scheuberin war eine dürre, hagere Gestalt, an der das vermutlich ehemals passende Gewand nun wie am Gerüst einer Vogelscheuche hing. Ihre ursprünglich zu einem Kranz geflochtenen Haare waren zerzaust, klebten an ihrem Kopf und waren mit Heuresten und Stroh von der Zelleneinstreue durchmischt. Trotz ihres zerlumpten Äußeren und der tiefen Ringe unter den verweinten Augen war ihr immer noch anzusehen, dass sie früher einmal eine schöne, rassige Frau gewesen sein musste.
Entsetzt hatte sie gestern mitbekommen, wie sie die übel zugerichtete Selachin wieder zurückgebracht, danach die wimmernde Hüfeysen in die Zelle geschleppt hatten und auch Mutter und Tochter Röslin waren so zerschunden gewesen, dass sie aus eigener Kraft nicht mehr gehen konnte und getragen werden mussten. Nun stand sie selbst hier mitten in dem großen Saal, sah, wie sie alle anstarrten, als ob sie nackt sei, und versuchte mit ihren gefesselten Händen ihr löcheriges und zerrissenes Kleid zusammenzuraffen, um ihre vermeintliche Blöße zu bedecken. Es waren eine Reihe neuer Gesichter hier, die alle sehr ernst und gelehrt drein sahen, aber nur das des Innsbrucker Notars kannte sie flüchtig und sie wusste nicht, ob das alles Gutes oder Schlechtes zu bedeuten hatte.
»Nehmt der Frau die Fesseln ab!«, befahl Turner,
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